2 | Willkommen auf der MYSTERY

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Witzig fand ich diese Situation nicht. Ich wäre am liebsten weggerannt.

Tristan. Das war also der Name meines unbekannten Retters in der Not. Sehr über das Wiedersehen zu freuen schien er sich jedenfalls nicht, obwohl sich das fiese Grinsen auf seinem Gesicht vertiefte. Ich fragte mich sofort, warum ich überhaupt hier war.

Damit du dich in der Welt zurechtfinden wirst. So hatte es meine Mutter ausgedrückt. Dass das Alles bereits am ersten Tag so ausarten würde, damit hatte sie bestimmt genauso wenig gerechnet wie ich. Der Tag lief nicht nach Plan.

Allgemein war ich sowieso der Meinung, dass die Versuche meiner Mutter mich in die große weite Welt einzubürgern, letztendlich ins Leere laufen würden. Wer in meinem Alter wusste schon, wohin ihn sein Leben bringen würde? Ich hatte keine Ahnung, was ich später einmal machen würde oder überhaupt wollte. Die Arbeit auf einem Kreuzfahrtliner war doch schon einmal ein guter Anfang, um zumindest einmal in den Arbeitsalltag hineinzuschnuppern, fand meine Mutter.

Ich spürte, wie der Junge mich anstarrte und ich versuchte inständig unter seinen Blicken nicht rot anzulaufen. Wie so oft schlugen meine Pläne und Bemühungen fehl. Ich musste mittlerweile so rot sein wie eine überreife Tomate, die man am Strauch vergessen hatte.

„Du arbeitest auch hier?", fragte er und ich zuckte beim Klang seiner Stimme kurz zusammen. Ich nickte zögernd.

„Als Aushilfe.", brachte ich stockend hervor und aus irgendeinem Grund amüsierte ihn das.

Ich biss die Zähne zusammen und schaute zur Seite, in der Hoffnung Tristan könne mein Gesicht und meine immer noch röter werdende Haut dadurch nicht mehr sehen. Er lachte trotzdem und fuhr sich durch die haselnussbraunen Haare. Ich für meinen Teil wäre am liebsten im Erdboden versunken. Ich wusste keinen Moment in meinem Leben, an dem ich nicht lieber von der Bildfläche verschwunden wäre als in diesem Augenblick.

Tom und Tristan tauschten einen vielsagenden Blick aus. Der junge Rezeptionist musste sich das Lachen verkneifen, so viel sah ich. Ich konnte allerdings nicht den Mut aufbringen dem anderen Jungen ins Gesicht zu schauen, aus Angst mein Gesicht würde erneut in Flammen aufgehen.

Tom konnte sein Lachen schließlich nicht mehr unter Kontrolle halten.

„Mach dir nicht so viele Gedanken, Solea. Es war ein Unfall.", sagte er, was nett gemeint war, aber genau das Gegenteil von dem bewirkte, was er beabsichtigt hatte. Er wusste also von meinem Beinahe-Unfall und dem Zusammenstoß mit Tristan bestens Bescheid. Ich atmete tief ein.

„Es tut mir leid.", sagte ich in Tristans Richtung und ich hörte nur noch, wie er abgrundtief seufzte. Bevor der Junge jedoch etwas entgegnen konnte, ergriff Tom erneut das Wort.

„Tristan arbeitet hier immer in den Sommerferien, weil sein Onkel der Geschäftsführer ist.", sagte er und ich verschluckte mich beinahe an meiner eigenen Spucke. Ich konnte meine Verwunderung nicht verstecken.

„Wirklich?", sprach es aus mir, ehe mein Gehirn einschreiten konnte und ich starrte den Jungen neben mir mit großen Augen an. Er bewegte sich unbehaglich, während ich mich in die Situation hineinsteigerte.

Jetzt hatte ich nicht nur irgendeinen Jungen in einen Unfall hineingezogen, was allein schon schlimm genug gewesen wäre, sondern den Neffen meines Chefs. Vielleicht hätte ich heute Lotto spielen sollen, anscheinend hatte ich das große Los gezogen.

Tom war definitiv der gesprächigere von beiden. Während Tristan schwieg, nickte er gelassen auf meine Frage.

„Er lässt sich nur selten blicken, aber immerhin öfter als Tristans Vater. Der ist- Hätte ich das nicht sagen sollen?" Mein Blick glitt wieder zu Tristan, der Tom warnend anschaute. Er seufzte erneut und Tom biss sich auf die Lippe.

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