Ich hätte nie gedacht, dass ich einmal so froh sein würde, beim Housekeeping arbeiten zu dürfen. Ich hatte die drei Kinder zwar zum Schluss ein wenig nachvollziehen können, aber ich war heilfroh, als ich mich nun endlich bei Francesco und Pablo befand und meinen normalen Job machen konnte. Herr und Frau Gremperich hatten mich um exakt 23 Uhr von meiner Schicht abgelöst. Als hätten sie die restliche Zeit damit verbracht vor der Kabinentür zu stehen, um dann auf die Sekunde genau um elf Uhr auf leisen Sohlen hereinzuschleichen. Zu dieser Uhrzeit hatten ihre Kinder schon längst geschlafen und ich hatte mich selbst dabei erwischt, wie ich auf der Couch im Wohnbereich mehrmals eingedöst und dann mit Schrecken wieder aufgewacht war.
Jedes Mal hatte ich mich vergewissert, dass die drei Kinder immer noch in ihren Betten lagen und nicht vielleicht Kraft getankt hatten, um sich wieder davonzuschleichen. Doch jedes Mal, wenn mein Kopf durch den kleinen Türspalt hindurchlugte, war alles so wie es sein sollte und die Jungs lagen seelenruhig in ihren Betten und schliefen tief und fest. Danach setzte ich mich wieder auf die Couch und schaute mir den dunklen Nachthimmel an. Die Sterne funkelten geheimnisvoll und das Rauschen der Wellen im Hintergrund beruhigte mich ungemein. Und irgendwann döste ich dann wieder ein.
Die Stille war so beruhigend, dass ich mir gar nicht mehr vorstellen konnte, wie es war, wenn die Kinder laut waren oder wenn sie über einen ihrer Streiche lachten. Ich dachte auch an Tristan, der so lieb gewesen war und mir aus der Patsche geholfen hatte. Wäre er nicht gewesen, hätte ich die Kinder niemals gefunden. Zumindest nicht in diesem Leben. Es war ein Wunder gewesen, das Tristan auf die Idee gekommen war auf der Glasplattform nachzuschauen. Ich war ihm so dankbar. Doch auch wenn mir dieser Ausflug im Nachhinein sogar etwas Spaß gemacht hatte - ausgenommen meiner Panikattacken - war ich nun umso glücklicher das Babysitten fürs erste hinter mir zu haben. Meine weiße Uniform kam endlich einmal zum Einsatz.
„Du musst das Bad aufräumen, Solea.", trug mir Francesco auf und ich nickte kurz.
Ich ging mit schnellen Schritten ins Bad, nur um ein heilloses Durcheinander vorzufinden. Handtücher lagen verstreut auf dem Boden und an den Spiegelflächen hing noch der Wasserdampf der Dusche.
Auf dem Boden sammelte sich das Wasser in kleinen Pfützen. Ich schätzte dafür waren die Handtücher da. Um das Wasser ein wenig aufzusaugen. Es half anscheinend nicht sehr viel oder hier hatte tatsächlich jemand versucht den Untergang der Titanic nachzuspielen. Ich seufzte und machte mich daran die durchnässten Tücher vom Boden aufzusammeln und in den Wäschekorb zu schmeißen. Danach wischte ich erst einmal über den Boden und befreite die Spiegel von den Wassertropfen. Ich säuberte auch das Waschbecken und die Dusche und hängte der Familie mehrere neue Handtücher an den Ständer. Das Ganze dauerte mehr als eine Viertelstunde und Francesco und Pablo waren damit beschäftigt den Wohnbereich aufzuräumen.
Die Familie nahm es anscheinend nicht sehr genau mit Ordentlichkeit. Wir befanden uns gerade in einer der Suiten und Pablo hatte mir erzählt, dass hier eine Familie mit zwei kleinen Kindern untergebracht worden war. Die Familie war es offensichtlich nicht gewohnt, für sich selbst aufzuräumen, sondern ließ diese Aufgaben anderen zukommen. Der Wohnbereich sah beinahe noch schlimmer aus als das Bad, welches ich mir vorgenommen hatte und so kam es, dass ich danach auch noch Pablo und Francesco half, das Chaos aufzuräumen und die Wäscheberge in den Wäschekorb zu bugsieren.
Ich strich mir den Schweiß von der Stirn. Meine Uniform klebte mir bereits am Körper von der Anstrengung und meinen beiden Kollegen ging es nicht anders. Ihnen stand die Arbeit genauso ins Gesicht geschrieben wie mir und dabei waren wir noch nicht einmal zur Hälfte durch mit den Kabinen. Wir hatten gerade erst neun. Ab acht Uhr begannen wir mit der Schicht.
Das war laut Frau Hoffenmeier die Zeit, zu der die meisten Passagiere entweder beim Frühstück oder schon unterwegs waren, also die beste Zeit für uns die Zimmer aufzuräumen, alles in Ordnung zu bringen und dabei möglichst ungesehen durch die Gänge zu streifen. Nur brauchte man bei einigen Kabinen länger als erwartetet. Bei den ersten Zimmern waren wir vor allem zu dritt schnell fertig gewesen. Einer machte immer die Betten, einer saugte Staub und wischte einmal über die Fenster und der letzte machte das Bad. Derjenige, der dann zuerst fertig war putzte schnell über den Balkon oder, wenn es sich um eine Innenkabine handelte, half seinen Kollegen. So kam man schnell zu einem zufriedenstellenden Ergebnis. Ab und zu sah auch Frau Braun, die liebenswürdige alte Frau mit den weißen Haaren, die zuständig für unser Deck war, vorbei und ermutigte uns.
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Meeresrauschen
PertualanganIn Soleas Leben geht so einiges mächtig schief, dabei versucht die 18-jährige lediglich ihre Arbeit zu erledigen. Doch an Bord des Kreuzfahrtschiffes MYSTERY geschehen merkwürdige Dinge, denen sie auf den Grund gehen muss. Und dann wäre da noch de...