22. Kapitel

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Lea

Nach einer Weile, als Dawn und Lea wieder angezogen waren merkte Lea, dass es relativ spät geworden war und sie langsam nach Hause musste. Sie verabschiedete sich von Dawn mit einem flüchtigen Kuss, der auch nur eine einmalige Sache sein sollte, wohl eher eine dreimalige Sache wie Sophie sagen würde, aber genau wie Claudia, Jessica oder Caro war sie zum Glück nicht hier. Lea hatte es geschafft möglichst lautlos ihre Tasche zu nehmen und in den Flur zu gehen- nur leider stellte sich ihr Shelley in den Weg und meinte arrogant wie immer " Na, heulst du dich immer noch bei Dawn über deine kaputte Beziehung aus? Wundern würde es mich nicht, das macht sie auch ständig wenn wir in Minnesota sind. Und übrigens hoffe ich, dass meine Muffins lecker waren". " Erstens habe ich mich nicht bei Dawn ausgeheult wie du es so schön bezeichnest. Zweitens war der Muffin sehr lecker, Danke der Nachfrage. Und drittens solltest du aufhören die Menschen die du deine Freunde nennst wie Dreck zu behandeln. Dass du überhaupt welche hast ist mir ein Rätsel" konterte Lea und Shelley meinte " Okay, dann hast du dich eben nicht bei ihr ausgeheult. Aber wenn du deswegen nicht bei ihr warst, warum warst du...". Shelley brach mitten im Satz ab und als sie sich die beste Freundin ihrer Cousine genauer ansah, dämmerte ihr was da unten zwischen Lea und Dawn abgelaufen war, denn schließlich fand sie die Sprache wieder " Nein". Nachdem sie sich das Grinsen nicht mehr verkneifen konnte, fuhr sie fort " Also du und Dawn, ja? Kein Wunder, dass Hagen dich verlassen hat. Mit einer Lesbe kann ja niemand was anfangen". Lea beschloss, das nicht auf sich sitzen zu lassen und meinte " Ich will hier mal grundsätzlich klarstellen, dass ich keine Lesbe bin und allein dieser Ausdruck ist eine Beleidigung. In Amerika mag das ja normal sein, aber hier ist sowas strafbar, also pass auf was du sagst. Außerdem geht es dich auch nichts an mit wem ich etwas anfange, das bleibt ganz allein meine Sache". " Ach, es bleibt also deine Sache. Weiß Claudia schon von deiner Umorientierung? Und was ist mit Sophie, Jessica und Caro, hast du denen schon davon erzählt? Weißt du, sowas kann sich schnell verbreiten" und als Lea klar wurde worauf Shelley da anspielte, fügte sie hinzu " Also nicht, so wie ich es mir gedacht habe. Aber mach dir keinen Stress, vorerst wird es auch niemand erfahren. Ich denke über die Sache nach". Mit diesen Worten ließ sie Lea einfach im Flur stehen und ging wieder nach oben. Und weil es für Lea gerade keinen weiteren Grund gab zu bleiben, setzte sie sich ins Auto und fuhr nach Hause, wo sie begann schon mal alles für Montag zusammen zu packen. Damit konnte sie sich wenigstens ablenken und während sie alle nötigen Sachen zusammen suchte hoffte sie inständig, dass Shelley ihr Wort halten würde. Schließlich riss die Türklingel sie aus ihren Gedanken und als ihre Mutter Caro begrüßt hatte, wandte sich diese an Lea " Hey, meine Familie möchte gleich zu McDonald's fahren und ich soll dich fragen ob du mitkommen möchtest". Als Lea ihr erst nicht antwortete hakte sie nach " Ist etwas passiert?", woraufhin Lea nickte und sagte " Ja, heute ist einiges passiert, aber damit will ich dich jetzt nicht nerven. Und ja, ich würde dich gerne zu McDonald's begleiten". " Cool, gehen wir" meinte Caro und als Lea ihr Portmonier eingesteckt hatte, gingen sie über den Schleichweg zum Haus der Familie Levinsky. Caros Eltern begrüßten Lea wie immer herzlich und als alle im Auto saßen sagte Anja Levinsky " Wenn du möchtest kannst du heute auch bei uns übernachten, Lea" und als Caro sie ansah um zu symbolisieren, dass sie sich freuen würde, nahm Lea dieses Angebot schließlich auch an und dann waren sie auch schon da. Als dann alle in der Schlange standen und wussten, was sie essen wollten, holte Lea ihr Portmonier raus, damit sie gleich nicht danach in der Tasche kramen musste. Aber als Caros Mutter dies sah meinte sie spielend ermahnend " Lea, was machst du da mit dem Portmonier?" und als Lea ihr sagte, dass sie natürlich zahlen wollte, meinte Anja Levinsky " Das kommt gar nicht infrage, du bist eingeladen". Lea wollte gerade protestieren, allerdings warf Caro, die neben ihr stand, ihr einen warnenden Blick zu der ihr zu verstehen geben sollte, dass es sich nicht lohnen würde gegen ihre Mutter zu protestieren, weshalb sie sich höflich bedankte. Schließlich hatten alle ihr Essen und als sich alle an den Tisch gesetzt hatten, Caro und Lea auf der einen Seite und Caros Eltern auf der anderen, fingen sie an zu essen. Anja Levinsky erkundigte sich danach, ob sich die beiden schon auf Montag freuen würden, da es dann ja endlich nach Bayern gehen würde. Sowohl Caro als auch Lea meinten, dass sie sich freuen würden, allerdings freuten sie sich weniger auf die zwölf Stunden Busfahrt, denn von Schleswig-Holstein, dem nördlichsten Bundesland bis hin zum südlichsten Bundesland würde es eine ganze Weile dauern bis sie ankommen würden, von den Pausen zwischendurch mal ganz abgesehen. Natürlich erwähnte sie diese Tatsache nicht Caros Eltern gegenüber, aber diese hatten wohl noch eine andere Sorge bezüglich ihrer Tochter, denn ihr Vater fragte " Bist du dir sicher, dass du es schaffst in diese Gegend zurück zu kehren?", woraufhin Caro kurz mit der flachen Hand auf den Tisch schlug und meinte " Mann Papa! Hast du Mama in letzter Zeit nicht zugehört? Ich bin frei und soll nach vorne schauen. Außerdem werde ich ja nicht alleine unterwegs sein, stimmt's Lea?". " Sie müssen sich da keine Gedanken machen, Herr Levinsky. Claudia, Sophie, Jessica und ich werden immer in Caros Nähe sein und außerdem wissen wir nicht mal, ob wir das Gelände überhaupt verlassen dürfen. Wahrscheinlich werden wir Ausflüge mit der Klasse machen, da wird keiner allein sein" versuchte Lea die Stimmung zu beruhigen und sah, wie Caros Eltern einander ansahen, so als wollten sie sagen Laura ist auch verschwunden als ihr in einer Gruppe unterwegs wart, aber sie wusste ja, dass das alles nicht ihre Schuld war, sondern Laura einfach das gemacht hatte was sie für richtig gehalten hatte und Anja Levinsky entschuldigte sich direkt " Tut mir leid, Lea. So war das natürlich nicht von uns gemeint, wir machen uns einfach noch ein bisschen Sorgen obwohl wir wissen, dass Caro in Sicherheit ist und Laura wahrscheinlich wieder ihren Dickkopf durchgesetzt hat. Ich nehme an sie hat euch Vieren damals angedeutet, dass sie vorhatte nach Niedersachsen zu gehen und Caro persönlich zu finden?", woraufhin Lea nur ein einfaches Oh ja erwiderte und Caros Vater stellte klar " Ja, das ist eben Laura: Wenn sie sich was in den Kopf gesetzt hat, dann muss das auch gemacht werden und natürlich weiß ich, dass ihr absolut nichts dafür könnt. Denn im Dialog im Dunkeln ist man ja mehr oder weniger machtlos und unter der Aufsicht von Frau Breitbach wäre das nie passiert. Übrigens habe ich sie gebeten ein besonderes Auge auf dich zu haben, Caro. Das haben deine Mutter und ich nicht veranlasst, weil wir dich ärgern wollen, sondern damit wir dich für die Woche in Sicherheit wissen". Caro verstand zwar warum ihre Eltern so vorgegangen waren, aber sagte dann " Ihr könnt mich auch einfach bei Claudia, Sophie, Jessica und Lea in Sicherheit wissen, also falls jemand auch mal meine Meinung hören will". Das klang auch nicht wirklich begeistert und bevor es irgendwie unangenehm werden konnte beschloss Anja Levinsky, dass es Zeit war wieder aufzubrechen und während Caro und ihr Vater den Müll und die Tablletts wegbrachten ging Lea mit Caros Mutter schon mal zum Auto der Familie und als sie sich dagegen lehnte meinte Caros Mutter " Jetzt da wir unter uns sind wollte ich dir sagen, wie dankbar ich dir und den anderen dafür bin, dass ihr Caro so gut in eure Gruppe aufgenommen habt. Ich bin so froh, dass sie endlich gute Freundinnen gefunden hat, das war in Bayern nämlich immer so eine Sache. Aber das bleibt unter uns, ja?", woraufhin Lea mit einem Lächeln und einem Ja natürlich antwortete. Kaum hatte sie das gesagt, kamen auch schon Caro und ihr Vater wieder zurück, um nach Hause zu fahren. Dort angekommen bereiteten die beiden Leas Schlafplatz vor und als alles soweit eingerichtet war, setzten sich die beiden auf Caros Bett, was gleichzeitig Lauras altes Bett war und Caro begann " Also mal unter uns: Was geht da wirklich mit dir und Dawn? Ich habe doch gesehen, dass du diesen Kuss erwidert hast. Hast du denn jetzt alles klären können?". Lea zögerte ein wenig mit ihrer Antwort, antwortete dann aber doch " Ich bin tatsächlich heute nochmal bei Claudia gewesen um die Sache mit dem Kuss zu klären, aber... es ist was dazwischengekommen". Jetzt sah Caro ihre Freundin mit großen Augen an und meinte " Wie, es ist was dazwischengekommen? Hat sie den Kuss etwa wiederholt?", woraufhin Lea den Kopf schüttelte und meinte " Es war nicht sie, die den Kuss wiederholt hat". Jetzt war Caro alles klar " Du hast sie geküsst?" und als Lea beichtend genickt hatte fügte sie hinzu " Ja, habe ich. Und nicht nur das". " Du hast sie also geküsst und ihr hattet Sex, oder?" brachte Caro es auf den Punkt und als Lea genickt hatte meinte sie " Wenn du es genau wissen willst: Ja, hatten wir". " Warum hast du das denn gemacht? Und noch wichtiger: Warum hast du uns nichts davon erzählt?". " Ich hatte eben Panik euch das zu sagen. Ich weiß selbst nicht mal warum ich diese Dinge getan habe, aber ich wollte nicht, dass ihr sonst was von mir denkt weil ich gerade erst eine Trennung hinter mir habe. Und ich bitte dich, all das erstmal für dich zu behalten. Ich möchte, dass die anderen es von mir persönlich erfahren und ich muss mir noch überlegen wie ich das mit Dawn machen soll" erklärte Lea und Caro meinte " Also was deine Bitte in Bezug auf die anderen angeht, das kann ich dir versprechen. Aber ich rate dir als deine Freundin damit nicht zu lange zu warten. Und das mit Dawn ist doch eine einfache Frage: Magst du sie?". Lea meinte, dass sie es nicht wüsste und Caro erklärte ihr " Das kannst du auch nicht wissen, das fühlt man", woraufhin Lea antwortete " Ich meine es aber wirklich so wie ich es gerade gesagt habe. So bin ich doch gar nicht". " Wie bist du nicht?" hakte Caro nach und da es Lea wohl unangenehm war das Wort auszusprechen sagte sie nur " Ich bin nicht so". Caro verstand worauf sie hinaus wollte und meinte " Okay, ich verstehe was du sagen willst. Du willst mir sagen du bist eigentlich nicht lesbisch oder bi. Aber der Punkt ist, dass ich sehen konnte, dass sie dich mag und du sie auch. Habe ich Recht?" und als Lea nichts sagte weil sie nicht zugeben wollte, dass Caro schon irgendwie Recht hatte meinte sie weiter " Aber wenn du ehrlich zu dir selbst bist: Was wäre denn so schlimm daran? Ich meine, wer würde dich dafür verurteilen? Ich ganz bestimmt nicht und Claudia, Sophie und Jessica auch nicht. Außerdem leben wir hier nicht in einer amerikanischen Kleinstadt, oder? Wenn du tatsächlich diesen Schritt gehen und dich für Dawn entscheiden würdest, würde es für mich nur so aussehen: Vorher warst du Lea mit Hagen und jetzt wärst du eben Lea mit Dawn, da wäre überhaupt nichts dabei". " Danke Caro. Für's Zuhören meine ich und für dein Versprechen nichts zu sagen. Aber ich wäre dir dankbar wenn wir das Thema erstmal beiseite lassen könnten. Das wächst mir nämlich langsam über den Kopf und ich hoffe möglichst bald mit Dawn reinen Tisch machen zu können. Sie hat mir übrigens einen Brief geschrieben, aber den werde ich nicht lesen. Zumindest nicht momentan. Ich meine, wenn es wichtig wäre dann hätte sie mir das ja gesagt". " Wäre möglich" antwortete Caro, klang dabei aber nicht wirklich überzeugt. Allerdings gab sie Leas Bitte nach und für den Rest der Nacht sprachen sie nicht mehr über Lea und Dawn, sondern widmeten sich der Serie Stargirl.

Dark Deeps- Nichts ist wie es scheintWo Geschichten leben. Entdecke jetzt