Anuwe lag in dem schäbigen Bett, dass Hamiran am Vortag noch als luxuriös angeboten hatte. Seinen Unterarm hatte er unter den Kopf gelegt und Doro lag an seiner Seite. Sie schlief, doch ihre Hand lag auf seiner Brust, als ob sie Angst hätte, dass er wieder verschwinden würde.
Er lächelte und strich ihr mit der freien Hand über den nackten Rücken.
Natürlich würde er verschwinden, aber nicht ohne sie. Mehr denn je wusste er, dass sie seine Frau werden würde. Sie hatte es ihm in dieser Nacht mehr als einmal bewiesen und er war ein sehr wissbegieriger Schüler gewesen, der schnell gelernt hatte.
Er seufzte leise und küsste sie auf die Stirn.
Einen Moment schnurrte sie und streckte sich. Man konnte ihr ansehen, dass sie zufrieden und glücklich war, aber es dauerte eine Weile, bis sie ihre Augen öffnete und ihn anlächelte.
"Anuwe! Du bist es tatsächlich."
Er lachte leise.
"Dachtest du, ich wäre ein Traum?"
Sie nickte.
"Einen Moment dachte ich das wirklich." Sie setzte sich auf und blinzelte etwas. "Wie spät ist es?"
Er zog sie wieder in seine Arme.
"Es ist kurz vor Sonnenaufgang. Wir sollten jetzt von hier verschwinden."
Sie starrte ihn an und setzte sich wieder kerzengerade auf. Einen Moment befürchtete Anuwe, dass sie ihn wieder ablehnen würde, doch sie strich ihm über das Brusthaar und er bemerkte eine Träne, welche die Wange herunter rann.
"Was ist denn, Doro?"
Sie kreuzte ihre Beine und legte ihre Stirn tief auf seine Brust. Einen Moment dachte er, sie würde schluchzen. Das passte eigentlich nicht zu seiner starken Doro.
"Wir können nicht gehen. Zumindest ich nicht. Hamiran wird mich nicht gehen lassen. Ich weiß genau, dass er unten sitzt und darauf wartet, bis ich runter komme. Vielleicht vergewissert er sich noch, dass ich dir nichts angetan habe, aber dann wird er mich wieder von hier weg zerren."
Anuwe setzt sich auf und nahm sie in seine Arme.
"Er kann dich nicht zwingen, Doro. Aber du bist meine Braut und ich werde dich ihm nicht überlassen. Ich denke, du weißt, dass ich meine Mittel und Wege habe, wie ich dich hier weg bringe, ohne dass er etwas dagegen unternehmen kann."
Doro legte ihm eine Hand an die Wange.
"Du verstehst das nicht, Anuwe. Wenn Hamiran heraus findet, wer du bist, wird er dich umbringen. Glaube mir, er kennt keine Skrupel und hat Mittel und Wege, sich für seine Brüber unsichtbar zu machen. Außerdem kannst du dich nicht mitten in der Stadt wandeln, ohne dass du irgendetwas zerstörst oder gar jemand verletzt. Auch das weiß Hamiran ganz genau. Wen durch Lefkos Schuld ein Mensch verletzt oder gar getötet wird, ist er der erste, der eine Jagd auf dich anzettelt."
Anuwe schnaubte, aber er wusste, dass Doro recht hatte.
"Was schlägst du also vor?"
Sie hob verwundert den Kopf.
"Du fragst mich, was wir tun können?"
Er nickte, nicht weniger verwirrt.
"Natürlich frage ich dich. Wen soll ich denn bitte sonst fragen? Die Spinne da oben an der Decke?"
Doro drehte sich blitzschnell um und kreischte, was ihn zum Lachen brachte. Noch mehr, als sie sich unter der fadenscheinigen Decke versteckte und schrie, er solle sie weg machen.
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Die Drachen von Wikuna - Anuwe (Band 6)
FantasyAnuwe ist naiv, manchmal noch sehr kindisch und er kann einem auf die Nerven gehen. Aber er ist auch sehr nett und zuvorkommend. Das findet Doro zumindest. Und gerade deshalb stößt sie ihn immer wieder von sich, denn sie ist nicht stolz auf ihre Ve...