Der Sack wurde von ihrem Kopf genommen und Meriwan blinzelte einen Moment, um sich an die Helligkeit zu gewöhnen, ehe sie den Mann vor sich wütend ansah, der verblüfft zurück starrte.
"Du bist nicht Lili.", murmelte er nach einer Weile.
Es klang nicht so, als ob er Meriwan direkt ansprach, sondern eher, als ob er es sich selbst bestätigen musste, dass er nicht Lili bei sich hatte.
Meriwan schnalzte mit der Zunge.
"Nein, ich bin tatsächlich nicht Lili. Und deswegen wirst du mich wieder ganz schnell in die Drachenstadt zurückbringen."
Der Mann starrte sie weiterhin an, als ob er nicht glauben konnte, dass er einen Fehler begangen hatte.
Meriwan tippte ungeduldig mit den Zehen. Sie fror erbärmlich, denn sie waren lange unterwegs gewesen und der Regen hatte ihre Kleidung durchnässt. Dennoch wollte sie nun bestimmt nciht nachgeben.
"Hör zu. Ich weiß nicht, wer du bist. Und ich bin offenbar nicht die Frau, die du eigentlich haben wolltest. Da ist es doch das Beste, du bringst mich zurück und wir vergessen das alles."
Der Mann schüttelte den Kopf, als ob er so seine Gedanken ordnen könnte. Kurz darauf streckte er sein Kinn nach vorne und richtete sich auf. Diese Geste sollte wohl bedrohlich wirken, aber Meriwan fror viel zu sehr, um sich zu fürchten. Außerdem hatte sie sich schon gegen einige Männer wehren müssen, die viel bedrohlicher wirkten, als dieser Kerl hier.
Merivan schlug die Arme um ihren Oberkörper und konnte nicht verhindern, dass ihre Zähne klapperten. Verflucht, so hatte sie schon lange nicht mehr gefroren.
"Was ist mit dir?", fragte der Kerl.
"Meine Kleidung ist nass. Nicht feucht, sondern nass. Meine Schuhe, die zugegebenermaßen wirklich nicht für einen Spaziergang im Regen geeignet sind, kann ich ins Feuer werfen. In dem Umhang sieht man bei Zeremonien bestimmt ganz gut aus, aber er wärmt nicht unbedingt. Entschuldige, aber ich war nicht darauf vorbereitet, stundenlang im Regen bäuchlings auf einem Pferderücken zu verbringen. Ich friere entsetzlich."
Einen Moment starrte er sie mit großen Augen an, dann ging er zu einer Truhe und holte ein Tuch und eine große Decke heraus. Beides reichte er ihr und Meriwan schaute abwechselnd von ihrer Hand zu dem Kerl.
"Und nun? Soll ich mich etwa vor dir ausziehen und nackt unter der Decke herum laufen? Hast du etwa keine Manieren? Was würde deine Mutter dazu sagen?"
Er schnaubte leise.
"Du hast keine Ahnung, wen du hier gerade beschimpfst. Du frierst und sagst mir, deine Kleidung ist nass. Ich biete dir eine Alternative und dennoch ist es wieder falsch. Euch Frauen kann man nichts recht machen."
Sie lachte leise.
"Ich muss zugeben, wenn man es so betrachtet, scheine ich sehr undankbar zu sein. Aber ich bin ein anständiges Mädchen und werde eben nicht nackt vor einem Mann herumlaufen, den ich nicht kenne und der mich auch noch verschleppt hat. Es sollte auch in deinem Kopf ankommen, dass dies unanständig ist."
Er kreuzte seine Arme vor der breiten Brust und Meriwan kam nicht umhin, seine muskulösen Arme zu bemerken, welche den Stoff der Tunika sehr anspannten.
"Du hast ein freches Mundwerk. Hast du denn keine Angst vor mir?"
Sie zuckte mit den Schultern.
"Ich sagte doch schon, dass ich dich nicht kenne."
Er verzog sein Mund zu einem fiesen Grinsen.
"Ich bin Racola."
Meriwan sah ihn fragend an, bis er etwas in sich zusammen sackte.
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Die Drachen von Wikuna - Anuwe (Band 6)
FantasyAnuwe ist naiv, manchmal noch sehr kindisch und er kann einem auf die Nerven gehen. Aber er ist auch sehr nett und zuvorkommend. Das findet Doro zumindest. Und gerade deshalb stößt sie ihn immer wieder von sich, denn sie ist nicht stolz auf ihre Ve...