Kapitel 13

1.7K 191 59
                                    

Racola schloss die Tür zu Meriwans Gemach auf und ging hinein. Kaum hatte er es mit einem Fuß betreten, sauste ein Krug auf ihn herab. Er konnte gerade noch ausweichen, so dass der Krug nur seine Schulter streifte. Wäre er nicht so aufmerksam gewesen, wäre das Tongefäß auf seinem Schädel zerschellt.

"Was zur Hölle...?", brüllte er, wurde aber von einem Apfel, der als Wurfgeschoss fungierte, getroffen.

"Du verfluchter Mistkerl! Drei Tage! Du hast mich drei Tage hier versauern lassen!"

Ein Tonbecher traf die Wand hinter ihm und weil er sich rechtzeitig duckte, verfehte auch dieses Geschoss ihn.

"Meriwan! So beruhige dich doch!"

Sie schnaubte und suchte nach einem anderen Teil, dass sie nach ihm werfen konnte.

"Beruhigen? Ich soll mich beruhigen? Ich gebe dir gleich beruhigen."

Eines der Bücher landete vor seinen Füßen und einige Buchseiten flogen umher.

"Das sind wichtige Aufzeichnungen, Meriwan!", stieß er hervor.

Das nächste Buch flog ihm um die Ohren.

"Das ist Schwachsinn in Buchform. Das weißt du ganz genau." Sie hielt inne und grinste auf einmal gehässig, bevor sie ein sehr altes Buch nahm und es in den Kamin warf.

"Meriwan! Hör sofort auf damit!", brüllte er.

Bevor sie das nächste Buch in den Kamin werfen konnte, sprang er auf sie zu und schlang seine Arme von hinten um sie.

Natürlich wehrte sie sich und agierte dabei schlimmer als eine Wildkatze.

"Lass mich sofort los, du Mistkerl. Du hast gesagt, ich bin nicht wichtig und dennoch hältst du mich hier gefangen. Ich will gehen. Sofort!"

Er schnaubte und hielt sie so fest, dass sie nicht davon rennen konnte, aber er ihr nicht weh tat.

"Ich kann dich nicht gehen lassen!", brüllte er.

Er war wütend. Irgendwie schien jede Frau so schnell wie möglich von ihm fliehen wollen.

"Oh Racola.", kam es spöttisch von ihr. "Du willst mir doch nicht etwa erklären, dass du unsterblich in mich verliebt bist. So wie in Lili, was? Du kannst und du wirst mich gehen lassen."

Er schüttelte den Kopf, hielt sie aber weiter in seinen Armen.

"Nein. Das erkläre ich dir bestimmt nicht. Ich kann dich nicht gehen lassen, weil die Kämpfe in vollem Gange sind. Die meisten haben Angst, weil die Drachen nun alle ihre Bräute haben. Sie flüchten, weil sie wissen, dass wir verloren haben. Aber es gibt Männer und Frauen, die nicht aufgeben. Sie wollen den Kampf und bisher sind sie nicht auf ihre Kosten gekommen. Sie agieren ohne meine Befehle. Ich kann nichts mehr tun, um sie aufzuhalten."

Meriwan hatte vorher noch gezappelt, aber nun hielt sie still, so dass er es wagte, sie los zu lassen. Sie drehte sich langsam zu ihm um. Ihr Blick war derart mitleidig, etwas was er überhaupt nicht ausstehen konnte.

"Du hast die Kontrolle verloren."

Einen Moment wurde er wütend. Wie konnte sie es wagen, ihn so etwas ins Gesicht zu schmettern? Doch dann schloss er die Augen und atmete durch, denn er hatte es ja gerade selbst zugegeben.

Meriwan hatte Recht. Er hatte tatsächlich innerhalb kürzester Zeit die Kontrolle über seine Männer, die ihm noch vor einigen Tagen Treue schwörten, verloren. Wie konnte das passieren?

Er öffnete die Augen. Meriwan stand immer noch vor ihm. Sie hatte die Gunst der Stunde nicht genutzt, um ihm davon zu laufen, sondern stand immer noch bei ihm, obwohl die Tür geöffnet war.

Die Drachen von Wikuna - Anuwe (Band 6)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt