Kapitel 2

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Jetzt

Das konnte doch nicht so schwer sein. Warum sträubte sie sich so?



Anuwe stand in der Nähe der Drachenbräute und war schon einige Male auf sie zu gelaufen, nur um nach einigen Schritten wieder einen Rückzieher zu machen.

Ihm war schon lange bewusst, wer seine Braut war, aber Doro schien sich mit Händen und Füßen dagegen zu wehren. Sie war schlimmer als Lana, die sich auch für einige Zeit nicht zugetraut hatte, die Braut des goldenen Drachen zu sein.

Doch bei Doro biss er nun schon seit beinahe einem Jahr auf Granit.

Fast jeder seiner Brüder hatte schon seine Braut. Selbst bei Kanoran dürfte es nicht mehr allzu lange dauern, bis er die Verbindung zu Nele festigte und sie als seine Braut vorstellte. Jeder schien es einfach zu haben, nur seine Braut sträubte sich.

Dabei war sie nicht einmal garstig zu ihm, so wie es Kala zu Faköle immer gewesen war. Nein, sie unterhielten sich, sie lachten miteinander und Doro schien sich nicht unwohl in seiner Nähe zu fühlen. Wenn er sich ihr aber nähern wollte, spürte er schon, wie sie sich innerlich von ihm zurückzog. Nicht einmal zufällig durfte er ihre Hand berühren, ohne dass er spürte, wie sie zusammen zuckte und sich von ihm entfernte.

Was machte er denn nur falsch?

Er behandelte sie voller Respekt und ließ sogar die Witze sein, die seine Brüder immer mit den Augen rollen ließen. Er versuchte sogar sein Verhalten zu verändern, denn er musste zugeben, dass er wirklich noch in einigen Sachen kindisch war.

Anuwe war in vielerlei Hinsicht unschuldig. Im Gegensatz zu seinen Brüdern hatte er sich nie für eine Frau interessiert, zumindest nicht, was das Freundschaftlich überschritt. Er hatte Enne zwar damals vor dem Scheiterhaufen gerettet, aber seine Gefühle gingen nie über so eine Art brüderliche Zuneigung hinaus.

Seit er Doro kannte, war in ihm aber ein Wunsch gewachsen. Er wollte endlich ein Mann sein und nicht dieses kindische Etwas, was ihm die ganzen Jahre zwar vor dunklen Gedanken gerettet hatte, aber nun völlig fehl am Platz war. Anuwe glaubte zu wissen, das dieses Verhalten Doro abschreckte. Etwas anderes könnte er sich nicht vorstellen.

Nun gut, sie war vorher eine Dienerin gewesen, aber schon damals behandelte er sie immer mit dem größten Respekt und richtete immer ein nettes Wort an sie.

Doro sollte doch wissen, dass es ihn nicht scherte. Ganz im Gegenteil. Er selbst fand es eine ehrenwerte Arbeit und auf jeden Fall besser als seine. Er war nur dafür zuständig, dass er Leuten zuhörte und Lügen aufdeckte. Mehr hatte er noch nie getan, wenn man von den ganzen Schwertübungen absah oder die Kontrollflüge über Wikuna. Auch das störte ihn zunehmend. Selbst Faköle hatte nun zwei wichtige Aufgaben, nämlich die Überwachung der Arbeiten im Hafenviertel und die Finanzen des Reiches.

Verflucht, jeder hatte seine Aufgaben. Velion war der Zeremonienmeister und Heiler, Kanoran hütete das alte Wissen. Nielema war der Kriegsdrache und Jefrandt überwachte die äußeren Städte und Dörfer. Und Calarion...na ja, er war der König.

Irgendwie schien niemand Anuwe zuzutrauen, dass er auch eine wichtige Aufgabe übernehmen konnte. Aber er war sich sicher, dass Doro auf so etwas wartete.

Wieder sah er sehnsüchtig zu den Frauen, doch dann drehte er sich um und ging in den Königstrakt.

Es musste sich etwas ändern.  Er musste sich ändern. Und zwar so schnell wie möglich.





Doro sah unauffällig zu den Bäumen, bei denen Anuwe noch vor kurzer Zeit gesehen hatte.

Leise seufzte sie.

Die Drachen von Wikuna - Anuwe (Band 6)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt