"Du siehst heute schon wieder nicht so gut aus", bemerkte Timo, als wir uns in der Schule sahen.
Ich sah ihn an und wieder fiel mir seine Attraktivität auf. Er würde schon noch eine andere finden, die mich ersetzen konnte. Auch wenn der Pfeil Annabel neulich nicht wie geplant getroffen hatte, hatten sie vielleicht trotzdem noch eine Chance.
"Hast du Lust nach der Schule Schlittschuhlaufen zu gehen?", fragte ich ihn und versuchte mir meine Trauer nicht anmerken zu lassen.
"Klar!", sagte er freudig und ahnte noch nicht, dass dieser Nachmittag leider kein freudiges Ende nehmen würde.
Er beugte sich zu mir nach vorne und wollte mich küssen, doch mit viel Willenskraft lehnte ich mich zurück.
"Nicht hier", ließ ich ihn wissen. "Ich will nicht, dass es sich herumspricht und meine Mutter dann doch noch irgendwie Wind davon bekommt.""Meinst du denn, dass es wirklich so schlimm für sie wäre?"
Ich nickte nur und verabschiedete mich dann zum Biologieunterricht.
Wir sahen uns erst wieder nach Schulschluss wieder. Wir holten uns unsere Schlittschuhe und trafen uns am kleinen Weiher direkt hinter der Kirche. Ich wollte wenigstens noch einen schönen Moment mit ihm verbringen. Schlittschuhlaufen war schon immer unser Ding gewesen. Und der Weiher hinter der Kirche war schon immer unserer gewesen. Er war versteckt hinter einer Trauerweide, sodass nicht viele von ihm wussten. Unzähligen Winternachmittage hatten wir schon darauf verbracht.
"Ich habe mir etwas überlegt", ließ er mich wissen und kramte in seiner Tasche. "Damit es richtig kitschig wird." Er holte kabellose Kopfhörer heraus und steckte jedem von uns einen ins Ohr. Dann begann er ein Lied zu spielen, das mir die Tränen in die Augen trieb. Ich erkannte es schon an den ersten Akkorden.
Lean on me war ein Lied, das unsere gesamte Freundschaft begleitet hatte und es ließ mich sofort emotional werden.
"Komm", sagte er sanft. "Lass uns tanzen."
Er kam näher und legte seine Hände um meine Hüften. Ich sollte es nicht tun, doch konnte nicht anders, als mich an ihn anzuschmiegen.
Eigentlich wollte ich doch heute mich ihm Schluss machen. Doch ich konnte nicht. Noch nicht. Wenigstens diesen einen Moment wollte ich noch mit ihm haben.
Denn es war magisch mit ihm übers Eis zu gleiten. Wir waren beide gute Eisläufer, sodass wir uns im Takt zur Musik elegant übers Eis bewegen konnten. Er ließ mich dabei für keinen Moment los. Unsere Körper waren dicht aneinander gepresst. Ich fühlte mich, als würde ich schweben. Ich schloss die Augen und für einen Moment konnte ich die Welt um mich herum vergessen. Ich hörte nur die Musik und spürte seine Liebe.
Das hier war unser letzter gemeinsam Moment. Ich versuchte ihn so gut es ging zu genießen. Ich presste mich dicht an seinen Körper und spürte seine starken Arme, die mich hielten. Nirgendwo fühlte ich mich wohler, als in seinen Armen.
Irgendwann drehten wir uns Wange an Wange im Kreis.
"Ich möchte keine Sekunde mehr ohne dich sein", hauchte er mir ins Ohr.
Warum musste er es mir nur so schwer machen? Ich entschloss mich ihn ein allerletztes Mal zu küssen. Trotz der Kälte um uns herum waren seine Lippen noch ganz warm.
Nie wieder würde ich mich bei jemandem so geborgen fühlen wir bei ihm. Ich sah zu ihm auf. In seine unschuldigen blauen Augen. Ich strich ihm durchs Gesicht.
Es musste ein Ende haben! Nur so konnte ich ihn beschützen.
"Ich muss dir etwas sagen", begann ich schweren Herzens.
Wie sollte ich diese Worte je über meine Lippen bekommen? Insbesondere, wenn alles doch eine Lüge war. Ich musste ihm sagen, dass ich ihn nicht liebte, obwohl ich das doch mehr als andere tat.
"AMY!", ertönte plötzlich eine hysterische Stimme, die ich sofort meiner Mutter zuordnen konnte.
Erschrocken wirbelte ich herum und verlor dabei fast das Gleichgewicht. Timo war es, der schnell reagierte, mir unter die Arme griff und mich somit von einem schmerzhaften Fall bewahrte. Er richtete mich wieder auf, wirkte dabei jedoch ebenfalls geschockt wie ich.
Was machte sie hier überhaupt?
Meine Mutter stand da und war leichenblass. Ich hatte keinen Zweifel daran, dass sie unseren Kuss gesehen hatte.
"Oh Gott, sie ist ja richtig sauer", hauchte Timo mir zu. "Ich hatte bis jetzt gedacht, dass du einfach nur übertrieben hast."
"KOMM SOFORT HER!", brüllte sie.
Ich zögerte. Meine Mutter sah aus, als würde sie jeden Moment vor Wut explodieren.
"SOFORT!", schrie sie wie von Sinnen.
Ich warf Timo einen letzten Blick zu.
"Es tut mir so leid", ließ ich ihn wissen und glitt dann auf meinen Kufen zu ihr ans Ufer.
Sofort packte sie mich grob am Arm.
"Bist du verrückt? Was ist in dich gefahren? Und mir erzählst du, dass du niemals die Regeln brechen würdest! Dabei knutschst du herum, als wärst du ein Mensch." Die letzten Worte hatte sie nur gezischt, damit Timo sie nicht verstehen konnte.
Sie packte mich an beiden Schultern und schüttelte mich.
"HEY", mischte sich nun Timo ein. "Sie hat doch gar nichts gemacht."
"MISCH DICH DA NICHT EIN!", ging sie nun auch Timo an. "DU HAST KEINE AHNUNG! GEH NACH HAUSE!""Wir haben uns doch nur geküsst."
"DAS IST SCHLIMM GENUG!"
Noch nie zuvor hatte ich meine Mutter so gesehen. Sicherlich konnte sie mal laut werden, doch im Moment wirkte sie auf mich wie eine Verrückte. Und auch Timo schien leicht verängstigt.
"Was ist denn daran schlimm, wenn man sich küsst?", ließ er nicht locker.
"TIMO, GEH NACH HAUSE!"
"Nein, ich will bei Amy bleiben."
"GEH! ICH SAGE ES KEIN ZWEITES MAL! DU WIRST SIE NIE WIEDERSEHEN!"
"Was? Das ist doch jetzt vollkommen übertrieben."
"VERSCHWINDE!", kreischte sie nun so laut, sodass man fast befürchten musste, dass die Eisdecke des Weihers brechen könnte."Timo, bitte gehe", bat nun auch ihn schweren Herzens darum. "Bitte", flehte ich.
Wir sahen uns einen Moment lang in die Augen. Er wollte nicht gehen. Das konnte ich ihm ansehen.
"Okay", lenkte Timo mir zu Liebe ein. "Aber ich werde Amy wiedersehen! Das möchte ich hier klarstellen!" Dann sah er zu mir. Sein Blick war entschlossen. "Wir sehen uns wieder", sprach er eindringlich. "Und davon kann mich keiner abhalten!"
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Amora
FantasyAmy ist eine Urahnin des Liebesgottes Amor. Sie ist eine sogenannte Amora. Wie Amor hat auch sie die Fähigkeit wahre Liebe zu erkennen und Menschen zusammen zu bringen. Doch eines Tages unterläuft ihr ein folgenreicher Fehler. Bei dem Versuch ihren...