Kapitel 31

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Ich irrte durch die Gegend mit der Hoffnung irgendwo Timo zu sehen. Innerlich hoffte ich so sehr, dass er jeden Moment meinen Namen rief, ich mich umdrehte und er dort einfach da stand und mir erklärte, dass das alles ein großes Missverständnis war. Doch natürlich wusste ich, dass es aussichtslos war.

Venus hielt ihn irgendwo fest oder vielleicht.... Ich wagte es nicht einmal zu denken. Der Gedanke, dass ich Timo nie wieder sehen würd, trieb mir sofort die Tränen in die Augen. Das dürfte einfach nicht geschehen.

Ich sackte in mich zusammen. Ich hatte keinerlei Kraft mehr. Zu groß waren die Anstrengungen der letzten Wochen gewesen. Ich sollte für Timo stark sein, doch in Wirklichkeit fühlte ich mich so schwach wie nie. Ich konnte hier nichts für ihn tun. Es war vollkommen bescheuert durch die Straßen zu irren. Doch ich hatte irgendetwas tun wollen.

Plötzlich umfassten mich starke Arme und richteten mich auf. Ich wusste gar nicht wie mir geschah.

Der Griff war zwar fest, doch auf eine gewisse Art und Weise trotzdem sanft.
Und für einen Augenblick dachte ich tatsächlich, dass es Timo war.

Doch leider war dem nicht so. Es war Jupiter, der mich in den Arm nahm und fest an sich drückte.

Das erste Mal in meinem Leben hatte ich das Gefühl einen Vater zu haben. Es war keine gewöhnliche Umarmung, sondern eine, wie man sie vermutlich nur von seinem Vater bekommen konnte. Er strich mir tröstend über meinen Rücken, was ich als kein gutes Zeichen wertete.

"Du hast ihn nicht gefunden, oder?", fragte ich mit zittriger Stimme.

Oder noch schlimmer: Er hatte ihn gefunden, aber nicht lebendig.

"Ich war bei Venus", berichtete er. "Sie beteuert, dass sie von nichts eine Ahnung hat."
"Das stimmt nicht", unterbrach ich ihn. "Und das weißt du vermutlich sogar besser als ich!"

"Ich weiß", stimmte er mir zu. "Glaube mir, ich habe sämtliche Kontakte eingeschaltet, damit sie sich umhören. Viel mehr kann ich im Moment jedoch nicht tun."

Das war es? Er hatte sie einfach nur gefragt, ob sie etwas damit zu tun hatte? Und als sie verneinte, hat er es einfach so akzeptiert? Ich hatte mehr von ihm erwartet.

"Kannst du sie nicht mit irgendetwas erpressen?"

Er sah mich mit kräuseliger Stirn an.

"Nein, so etwas kann ich nicht tun. Das könnte die Götterwelt in Aufruhe bringen und das könnte schlimme Folgen für die gesamte Menschheit haben."

"Aber wir müssen doch etwas tun können! Jemand muss sie stoppen. Venus kann doch nicht einfach machen, worauf sie Lust hat. Erst nimmt sie Amora die Liebe und dann lässt sie auch noch werdende Väter verschwinden. Das geht nicht! Jemand muss sie aufhalten! Wo soll das denn hinführen? Sie könnte genauso gut mich entführen."
Ich war vollkommen aufgebracht und hatte mein Herzschlag nicht mehr unter Kontrolle.

"Beruhige dich", sprach Jupiter. "Ich verstehe dich doch. Doch wir müssen vernünftig bleiben und immer das große Ganze im Blick haben."

"Und Timo aufgeben", brachte ich verbittert hervor. "Ist es das, was du mir sagen willst? Um den Frieden der Götter zu wahren, muss Timo sterben."

Jupiter seufzte und ich wertete es als ein "Ja".

Sofort kamen meine Tränen wieder hoch. Das dürfte einfach nicht geschehen!

"Du bist mein Vater, verdammt noch mal! Und Timo ist der Vater deines Enkelsohns. Ist dir das eigentlich bewusst?"

Getroffen sah er mich an.

"Es tut mir wirklich leid", entschuldigte er sich reumütig. "Wenn ich irgendetwas tun könnte, dann würde ich das machen, aber sich mit Venus anzulegen, könnte die ganze menschliche Zivilisation auslöschen. Sieh dir doch an, wie mächtig sie ist. Sie kann die Liebe von allen Menschen beeinflussen. Stell dir vor, sie nimmt allen Menschen die Liebe. Was glaubst du wohl, was passieren würde? Wenn jeder sich selbst am nähesten ist, versinkt die Welt in einem einzigen Krieg." Er machte eine kurze Pause, um tief ein und wieder auszuatmen. "Auch ich bin ein Opfer von Venus. Auch mir hat sie die Liebe des Lebens genommen. Was glaubst du, wie schwer es mir fällt deiner Mutter zu begegnen - mit dem Wissen, dass sie sich nicht einmal an unsere gemeinsame Zeit erinnern kann. Zu gerne würde ich mit ihr Zeit verbringen und sie stets an meiner Seite haben. Doch auch ich nehme das in Kauf, damit nicht das komplette Chaos ausbricht."

Ich presste meine Lippen wütend zusammen. Meine Mutter lebte immerhin noch und abgesehen von den letzten paar Wochen schien ihr Leben auch relativ glücklich zu gewesen zu sein.

"Man muss doch etwas gegen Venus tun können."

Er zuckte ratlos die Schultern.

"Der einzige Weg sie von ihrer Boshaftigkeit zu heilen, ist wohl die Liebe selber. Man könntes sie mit ihren eigenen Waffen schlagen, doch bis jetzt hat das noch keiner geschafft."

"Doch", widersprach ich sofort. "Sie hat Amor geliebt."
"Ja, aber der hat sie wohl betrogen und deshalb sind alle Amora mit dem Bann belegt."

Ich schöpfte Hoffnung.

"Aber das kann man vielleicht wieder gerade biegen! Ich muss ihn finden. Das ist die einzige Möglichkeit, die wir haben."
Jupiter schüttelte entmutigend den Kopf.

"Amor wurde schon seit Jahrtausenden nicht mehr gesehen. Das ist aussichtslos."

"Das ist mir egal. Das ist die letzte Hoffnung, die ich habe und daran werde ich festhalten. Wo hat man Amor als letztes gesehen?"

Der Ehrgeiz hatte mich nun gepackt.

"Ich weiß es wirklich nicht. Man sagt, dass er sich vor Venus versteckt."

Jupiter war wirklich keine Unterstützung!

"Dann werde ich es herausfinden! Auch ohne deine Hilfe!"

Mein Weg hatte mich direkt in die Bibliothek geführt, wo ich mir gut ein Dutzend Bücher über römische Mythologie ausgeliehen hatte. Unterstützt vom World Wide Web blätterte ich mich durch die Lektüre.

Mir fielen schon fast die Augen zu, als ich plötzlich auf ein Bild stieß, das mir das Blut in den Adern gefrieren ließ.

OH. MEIN. GOTT.

Das konnte nicht sein!

Zunächst befürchtete ich, dass mir meine Augen aufgrund der Uhrzeit einen Streich spielten. Doch nachdem ich 10 Minuten auf das Bild gestarrt hatte, war ich mir sicher.

Ich konnte es einfach nicht glauben.

Zumindest wusste ich jetzt, wo ich Venus finden konnte. 

AmoraWo Geschichten leben. Entdecke jetzt