Der Parkplatz der Uni war zugeparkt mit protzigen und normaleren Autos. Raphael ließ seinen Blick über das Gelände schweifen und atmete tief die erfrischende Frühlingsluft ein. Dann entdeckte er Xenia endlich und ging auf sie zu. Plötzlich hielt er irritiert inne und sah nochmal hin. Xenia unterhielt sich in Gebärdensprache mit Frau Sommer, eine seiner Dozentinnen. Raphael lief auf die beiden zu und grüßte Frau Sommer freundlich. Diese machte ein Zeichen und daraufhin drehte Xenia sich zu ihm um. Ein Lächeln breitete sich auf ihrem Gesicht aus und sie umarmte ihn fest. Frau Sommer lächelte auch und zeigte Xenia etwas, was aussah wie eine Verabschiedung. „Deine Freundin ist nett. Schön, dass du so einen guten Kontakt hast", sagte seine Dozentin und sah ihn an. Raphael nickte lächelnd und verabschiedete sich auch. „Übrigens ist sie meine beste Freundin und nicht meine feste!", rief er ihr noch hinterher und Frau Sommer lachte.
„Na? Wie geht's dir?", schrieb er auf seinen Block und zeigte ihn ihr. Xenia streckte ihren Daumen nach oben und lächelte. „Danke, dass du zur Uni gekommen bist!", Raphael nahm Xenia an die Hand und sie verließen zusammen den Parkplatz.
Heute wollten sie einfach ein bisschen abhängen und quatschten. Dafür hatte Raphael Chips und Schokolade gekauft, was Xenia super nett fand. Er fand es erstaunlich, dass sich sein Leben so umgekrempelt hatte. Es war schon zwei Wochen her, dass er Xenia getroffen hatte und seitdem trafen sie sich oft und unternahmen viel miteinander.
Sie saßen in Raphaels Wohnung auf dem Sofa, futterten Chips und unterhielten sich mit den Mitteln, die ihnen zur Verfügung standen. „Was machen deine Eltern eigentlich beruflich?", schrieb Xenia und Raphael seufzte. „Mein Vater arbeitet im Büro und meine Mutter ist Verkäuferin", schrieb er als Antwort und gab ihr den Zettel. Xenia sah ihn mitfühlend an, als sie ihm den Zettel zurückgab. „Du magst deine Eltern nicht besonders oder?", fragte sie anschließend. Raphael schüttelte den Kopf. Er konnte es einfach nicht leiden, dass sie sein Leben bestimmen wollten.
Xenia legte einen Arm um ihn und er musste lachen. „Meine Eltern haben mich adoptiert, sie sind nicht meine richtigen Eltern. Meine Eltern sind bei einem Flugzeugabsturz ums Leben gekommen und ja", er sah, dass Xenia die Augen aufriss und nickte dann. Er wusste selber, welch ein Schicksalsschlag das war, er redete nicht gerne darüber. Raphael drückte ihre Hand und warf sich noch ein paar Chips in den Mund.
Dann nahm er sich einen Schokoriegel, rollte ihn aus dem Papier und hielt ihn Xenia hin. Grinsend biss sie ab und schrieb dann: „Das mit deinen Eltern tut mir leid! Aber ich mag dich, so wie du bist!!!!"
Er schrieb nichts und nahm vorsichtig ihre Hand in seine. Sanft drehte er ihr Gesicht so, dass sie ihn anschauen musste und sagte langsam: „Danke". Sie machte eine Gestik, die er als ein ‚Gern geschehen' interpretierte.Langsam färbte sich der Horizont rotorange und Raphael stand auf. Ich muss noch für die Uni lernen, schrieb er und sie nickte. Ich möchte dich ja nicht von deinem perfektem Studium abhalten...., schrieb sie darunter und er brachte sie zur Tür.
Bevor sie ging drückte sie ihm noch einen Zettel in die Hand. Er las es sich durch und lachte: Viel Glück. Seine Finger malten ein ‚Danke' auf ihren Arm und er winkte ihm noch, als sie die Straße runterging.
Sie saß wieder einmal am Fenster und las ein Buch, als das Licht für die Türklingel energisch blinkte. Seufzend stand sie auf und öffnete die Tür. Vor ihr stand eine Frau etwas älter als sie selbst. Sie bewegte die Hände. Es tut mir leid, dass ich einfach so reinplatze, aber ich bin ihre neue Nachbarin und als ich erfahren habe, dass ich hier eine Gleichgesinnte finde bin ich sofort rübergekommen. Ich bin Nadine und bin seit meinem fünfzehnten Lebensjahr gehörlos. Ich wollte fragen, ob wir uns mal treffen können?, sah Xenia die Zeichen und starrte die Frau überrascht an. Natürlich, ich bin Xenia. Haben Sie am Samstag Zeit?, gebärdete sie und Nadine nannte ihr eine Uhrzeit.
Nachdenklich schloss sie die Tür wieder und griff nach ihrem Handy.
Xenia
HeyyRaphael
Wie geht's dir?Gut und dir?
Auch gut, wenn man von nervigen Nachbarn absieht
Ja, sowas kenne ich. Apropos nervige Nachbarn, neben mir ist wohl eine Gehörlose eingezogen. Sie stand bei mir vor der Tür und hat sich vorgestellt.
Das ist schön, dann könnt ihr
euch bestimmt super austauschen;)Auf jeden Fall !!!
Hast du demnächst nochmal Zeit? Und Lust, dich mit mir abzugeben? xD
Na klar, so ein hörender Idiot ist doch das Beste was es gibt :) :) :)
Du hast recht und weißt du was?
Nee, was denn?
Eine taube Brünette ist noch
viel lustiger als ein hörender Idiot xDIs klar...
Nicht ernst nehmen!
Tu ich nicht ;)
Hast du dann am Donnerstag
nochmal Zeit? Um 15:00 Uhr bei mir?Ja klar. Bis dann!
Jupp, bis dann!
Als es klingelte ging Raphael mit seinem Handy in der Hand, an die Tür. Eine Sekunde später trat Mary Parker in seine Wohnung. „Du hast doch zufällig etwas Zeit, damit wir reden können oder?", fragte sie und sah sich in seiner Wohnung um. „Eigentlich...", fing Raphael an, doch Mary unterbrach ihn. „Mit wem textest du denn da?", neugierig versuchte sie ein Blick auf sein Handy zu erhaschen. „Das geht dich nichts an!", blockte er sofort ab und Mary sah ihn spöttisch an. „Nach einem Niemand hört sich dass auf jeden Fall nicht an!". sagte sie und entriss ihm das Handy. „He!!!", empörte sich Raphael, doch sein Gegenüber hatte schon den Chat mit Xenia geöffnet. „Aha, ein Mädchen also. Xenia Sordez?", sagte sie dann und fuhr sich durch die Haare. „Ich kenne sie. Flüchtig, wir sind uns auf dem Uni Parkplatz begegnet. Sie ist Taub oder?"
Raphael spürte wie er sauer wurde. „Ja und? Hast du ein Problem damit?", fragte er wütend und funkelte Mary an. Sie hob erschrocken die Hände. „Nein, ich doch nicht." „Das will ich dir auch geraten haben!", knurrte Raphael und bugsierte die Frau, die so anhänglich war wie eine Zecke, aus seiner Wohnung. „Man sieht sich!", flötete sie und ging auf ihre Tür zu. ‚Na hoffentlich nicht' , dachte Raphael genervt und schloss seine Tür.Als er an diesem Abend ins Bett ging, bekam er Xenia einfach nicht aus seinem Kopf. Er mochte sie wirklich gerne.
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Hände sind ihre Sprache
RomanceVorsichtig tippte er sie an der Schulter an und sie zuckte zusammen. „Du hörst nichts, oder?", fragte er langsam und legte seine Hände über die Ohren. Sie sah ihn überrascht an und nickte. „Nein, ich kann nichts hören!", sagte sie leise und schluckt...