Überraschung

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Es war Samstag und Xenia kämmte sich noch schnell durch die Haare. Gleich würde Nadine an ihrer Tür klingeln und sie zur Party abholen. Nervös suchte sie ihre Sachen zusammen und fluchte, als sie ihr Handy nicht fand.

Fünf Minuten später stand sie mit ihrem Handy und ihrer Handtasche vor der Tür, als die Türklingel blinkte. Sie zog die Tür auf, ging nach draußen und schloss wieder ab. Dann begrüßte sie Nadine, die mit hochgezogenen Augenbrauen an ihre Uhr tippte. Erschrocken sah Xenia nach der Uhrzeit und musste lachen, als sie sah, dass sie noch pünktlich fertig geworden war und Nadine nur einen Spaß gemacht hatte. „Du bist doof!", zeigte sie deshalb und Nadine konterte sofort mit dem Zeichen für „Selber".
Schweigend spazierten sie nun durch die Stadt und erzählten sich Dinge aus deren Vergangenheit. „Noah war so ein Arsch!", erzählte Nadine und gebärdete beim Gedanken an ihren Ex-Freund so schnell und wütend, dass es für einen Außenstehenden wie Rumgefuchtel aussah. Xenia lachte. „Wie du ja weißt, habe mit Fünfzehn Jahren mein Gehör verloren und am Anfang meinte Noah noch, dass wir das zusammen schaffen würden und das er immer an meiner Seite bleiben würde. Doch nach sechs Wochen hat er einfach Schluss gemacht mit der Begründung, dass er Zeit für sich bräuchte. Na ja, zwei Tage später habe ich ihn mit einer anderen in einem Club gesehen. So viel dazu, dass er Zeit für sich bräuchte!", bedrückt ließ Nadine ihre Hände sinken.
Dieser Noah hatte dich ganz eindeutig nicht verdient!", munterte Xenia sie wieder auf, doch Nadine meinte, dass es schon Jahre her sei und sie über ihn hinweg wäre.

Und wie sieht es bei dir mit Jungs aus?", fragte Nadine dann und Xenia musste lächeln. „Es gibt da schon jemanden", erzählte sie aufgeregt. „Er heißt Raphael und ich verstehe mich sehr gut mit ihm. Er ist verständnisvoll und versucht alles um uns die Kommunikation zu vereinfachen." Sie zwirbelte an ihren Haaren und fragte sich, was Raphael wohl gerade machte. „Habt ihr euch schon geküsst?", fragte Nadine und in ihrem Gesicht blitzte Neugierde auf. Als Antwort grinste Xenia nur und Nadine schlug ihr spielerisch auf den Arm. „Nun sag schon! Habt ihr?", fragte sie ungeduldig und Xenia nickte begeistert. „Ja wir haben uns geküsst, sonst noch was?", fragte sie genervt und verdrehte die Augen. Nadine nahm sie bei der Hand und zog sie mit sich.

Raphael saß auf seinem Sofa und hatte das Gesicht in seinen Händen vergraben. Als er das Klicken der Haustür hörte, und kurz darauf seine Mutter bei ihm stand, war er mit den Nerven am Ende. „Sag mal, geht's dir noch gut???", herrschte er seine Mutter an. „Das ist Einbruch! Was willst du hier?" „Raphael, es tut mir leid, dass ich einfach so reingeplatzt bin. Aber ich wollte mit dir das Gespräch suchen und ja...", schüchtern senkte sie den Blick. „Es wäre besser, wenn du jetzt gehst. Hättest du einfach nur den Mumm gehabt, mir zu sagen, dass ich adoptiert bin, wäre alles anders!" Seine Mutter murmelte ein: „Ich wollte nicht, dass es so kommt!" und verließ kurz darauf seine Wohnung. Schwer atmend lehnte Raphael sich mit dem Rücken an die Tür und rutschte zu Boden. Ohne Vorwarnung schossen ihm Tränen in die Augen und liefen über. Schluchzend schleppte er sich zum Sofa und griff nach seinem Handy. 22:30 Uhr. Das war definitiv zu früh, um Xenia zu schreiben, die sich mit dieser Nadine getroffen hatte. Bestimmt waren sie auf eine Party gegangen und tanzten sich jetzt in den Tod. Und außerdem würde er diese Nacht nicht schlafen können. Schwerfällig erhob Raphael sich von der Couch und schlurfte zum einem Schrank, in dem er Weingläser und Alkohol aufbewahrte. Ohne groß zu überlegen, schnappte er sich eine Flasche Whiskey und setzte sich damit wieder hin. Bevor er ein Glas füllte, versuchte er, Xenia zu erreichen, welche aber wie erwartet nicht dranging. Vorsichtig setzte er das Glas an seine Lippen und trank einen großen Schluck.

Am nächsten Morgen riss das Vibrieren ihres Handys Xenia aus dem Tiefschlaf. Mit halbgeöffneten Augen entsperrte sie ihr Telefon und scrollte durch die Nachrichten. Sie öffnete den Chat mit Raphael und stutzte. 1 verpasster Anruf . Schnell tippte sie eine kurze Nachricht.

Hände sind ihre SpracheWo Geschichten leben. Entdecke jetzt