S E C H S

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Wie schon vorher vermutet, ist die Musik so laut, dass ich kaum etwas verstehe.

„Besser?", fragt Harry über den Lärm.

„Ja", lüge ich, während mir ein fremdes Mädchen einen vollen Becher mit einem alkoholischen Getränk in die Hand drückt. Ich stelle ihn auf einen Tisch im Wohnbereich, da ich keinen Alkohol mag. Eigentlich will ich nur noch nach Hause, aber es ist erst halb Neun. Harry scheint meine Unzufriedenheit zu bemerken und mich mit gerunzelter Stirn an. Ich bin mir unsicher, ob er sich wieder ärgert, also zwinge ich mich zu lächeln. Ohne zu reden stehen wir dort eine gefühlte Ewigkeit, aber jedes Mal, wenn ich auf die Uhr gucke sind nur ein paar Minuten vergangen. Wir beide hatten uns gegen die Ledercouch gelehnt und schweigen, bis er sich auf einmal aufrichtig. Draußen heulte ein Wolf.

„Ich bin gleich wieder da", sagt er und verschwindet. Oh mein Gott... es gibt nichts Schlimmeres als alleine auf einer Party zu sein. Jedenfalls dachte ich das bis Harry mich gezwungen hat hierherzukommen. Zum ersten Mal konnte ich an diesem Abend durchatmen. Immer wieder sehe ich das Getränk vor mir auf dem Tisch an. Ach scheiß drauf... Ich nehme den roten Becher und trinke einen Schluck. Ich verziehe das Gesicht, weil es mir nicht schmeckt, aber vermute, dass es mir Mut geben würde, wenn ich mehr von der brennenden Flüssigkeit trinke.

Nach einer Weile hatte ich bereits meinen dritten Becher leer und unterhalte mich mit dem Mädchen, von dem ich den ersten Becher bekommen hatte, und ihrem Freund. Sie selbst war zwei Jahre älter als ihr Freund Scott. Ihn kannte ich bereits aus der Schule. Er ist ebenfalls in Harrys Team und Scott ist nur sein Nachname, aber alle nannten ihn immer so. Warum weiß ich nicht. Gerade als seine Freundin mich gefragt hat, wo mein ‚Date' wäre, kam Harry durch die Tür. Bereits etwas angeheitert, oder besser gesagt sehr angeheitert, hob ich meinen vierten Becher in die Luft und grinste ihn an.

„Komm mit", sagt er und nimmt meine Hand, der fast leere Becher fällt mir dabei aus der Hand. Oh nein, er ist wütend... Er führt mich durch die Masse, durch die Hintertür auf eine leere Terrasse, die einen offenen Steg ins Wasser hat. Bis ans Ende des schmalen Holzstegs zieht er mich hinter sich her und dreht sich zu mir um. Ich habe Probleme gerade zu stehen. „Wie viel hast du getrunken?", fragt er, worauf ich amüsiert vier Finger in die Luft strecke.

„Wo warst du?", frage ich und versuchte dabei so nüchtern zu klingen, wie es mir möglich war.

„Warum hast du getrunken?", Harry ignorierte meine Frage.

„He- Ich hab' zuerst gefragt!", er stöhnte auf und deutet mir mich vor sich zu stellen, was ich auch tue. Ich schaue auf das schwarze Wasser und beobachte die klitzekleinen Wellen. Harry legt seine Arme um meine Schultern und stützt seinen Kopf auf meinem ab. Die Musik ist hier hinten kaum zu hören und man vernimmt hin und wieder ein Lachen von einer Gruppe. Meine Hände hält er ebenfalls in den Händen, um sie zu wärmen. „Antwortest du jetzt?", plappert mein betrunkenes Ich weiter.

„Ich musste etwas erledigen", antwortet er.

„Hast du jemanden umgebracht?", frage ich daraufhin. Ich spüre, wie er beginnt zu grinsen.

„Nein?", die Belustigung in seiner Stimme bringt mich zum kichern. „Warum sollte ich?".

„Weiß ich nicht", ich zucke mit den Schultern. „Ich wollte nur sicher gehen!", füge ich nach einer kurzen Pause hinzu und drehe mich zu ihm um. Er legt seine rechte Hand wieder in mein Gesicht, nur diesmal vorsichtig, als müsste er aufpassen mich nicht kaputt zu machen. Langsam kommt sein Gesicht meinem näher.

Er will mich küssen.

Mit einem Schlag bin ich stocknüchtern. Ohne darauf zu achten, wo ich bin, trete ich einen Schritt zurück, um Abstand zu gewinnen, aber das war einer zu viel. Ich merke gerade noch wie Harry versucht mich festzuhalten, als ich mit einem lauten Platschen, im pechschwarzen See lande. Ich war keine Sekunde unter Wasser und schon spürte ich, wie sein rettender Arm sich um meine Hüfte schließt und mich aus dem Wasser zurück auf den Holzsteg zieht. Hustend und zitternd saß ich auf den Holzplanken, während er mir meine Jacke auszieht.

„Zieh dein Shirt aus", befiehlt er. Ich schüttele mit dem Kopf. Immer noch zitternd in der beißenden Oktoberkälte. Er zieht sein Sweatshirt aus und hält es mir hin. „Doch", seine Armmuskeln spannen sich an, „sonst mach' ich es!"

„Ok, aber dreh' dich um", nachdem er sich widerwillig umgedreht hat, ziehe ich mir den nassen Fetzen über den Kopf und tausche ihn gegen den großen Pulli, Der nasse Ärmel ist unangenehm an der Haut, aber nicht so schlimm wie das graue Oberteil. Da der Pulli lang genug ist, ziehe ich auch meine Schuhe, Socken und Hose aus. „Kannst wieder gucken", sage ich und wringe meine Haare aus.

„Du siehst verdammt heiß aus", flüstert er, während ich abwechselnd mir den Beinen auf den hüpfe, damit mir wärmer wird.

„Ha-ha-ha. Kannst du mich jetzt bitte nach Hause bringen?", er nickt. Meine Zähne klappern wegen der Kälte aufeinander, als ich Richtung Tür gehe. Meine Sachen lasse ich liegen.

„Wo willst du lang?"

„Dahin wo wir hergekommen sind!"

„Du willst doch wohl nicht ohne Hose durch eine betrunkene Menschenmasse gehen?", Mist... er hat Recht. Er kommt auf mich zu. „Ich trag' dich zum Auto", unfreiwillig lasse ich mich hochnehmen und halte mich an seinem Hals fest. Er geht um das Haus herum, wo weniger Leute sind. Alle starren uns an.

„Was glotzen die denn so? Ich habe immer noch mehr an, als die meinen von ihnen", bemerke ich und Harry beginnt zu lachen. „Ich hasse Partys", gebe ich nun zu und vergrabe mein Gesicht in seiner Brust. Sein Griff um meine Beine und Taille wird fester. Schlimmer als jetzt kann es nicht mehr werden.

Am Auto angekommen setzt er mich auf der kalten Motorhaube ab, damit ich nicht im Matsch stehen muss. Er schließt auf und setzt mich auf den Beifahrersitz.

„Ich bin gleich wieder da", sagt er, während er die Heizung anmacht.

„Das hast du vorhin schon einmal gesagt", meine ich. Überrascht von meiner frechen Antwort, fällt mir ein, dass ich mir vorhin vielleicht wirklich Mut angetrunken habe.

„Diesmal beeile ich mich! Ich muss noch einmal zu Louis", erklärt er.

„Ok", sage ich und ziehe meine Beine unter den Pulli, damit sie warm werden. Er schließt die Tür und schließt dann das Auto mit seinem Schlüssel ab. 

Red Riding Hood [Harry Styles FF] GERMAN/DEUTSCHWo Geschichten leben. Entdecke jetzt