„Was machst du da?" meine Schwester taucht neben mir auf und lässt mich zusammenzucken. Sie beugt sich ebenfalls über die Küchenspüle, um aus dem Fenster zu sehen. „Wirst du etwa verfolgt?" spaßt sie und klopft mir lachend auf die Schulter. Ich versuche mit einzustimmen, jedoch könnte ich einfach losheulen. Ich will weder heute, noch sonst irgendwann, mit diesem Kerl ausgehen. Ich hol dich heute Abend um 19 Uhr ab, waren seine Worte.
In meinem Zimmer setze ich mich vor meinen Kleiderschrank und starre in den Spiegel. Meine Ellbogen sind auf meine Knie gestützt. Wenn ich jetzt die Treppe runterfalle, muss ich ins Krankenhaus und muss somit keine Zeit mit ihm verbringen, denke ich, jedoch schüttel ich sofort wieder meinen Kopf. Ich muss so oder so mit ihm ausgehen. Ich klettere von meinem Stuhl und ziehe erst ein Kleid aus meinem Schrank, aber ich entscheide mich dann doch für eine schwarze Jeans mit einem lockeren, grauen Langarmshirt was einen V-Ausschnitt hat. Ich überlege kurz, ob ich ein wenig Wimperntusche auftrage, lasse es aber sein. Meine Haare habe ich in einen hohen, ebenfalls lockeren Zopf gebunden. Vorne hängen ein paar Strähnen heraus.
Um ehrlich zu sein ist es mir egal, wie ich aussehe. Ich putze mir die Zähne und denke mir weitere Fluchtpläne aus, aber alle haben einen Hacken. Entweder bin ich zu unsportlich, zu langsam oder ich habe überhaupt keine Chance zu fliehen. Warum sollte ich eigentlich fliehen müssen? Vielleicht gehen wir ja einfach nur ins Kino. Ich versuche mir ein paar gute Gedanken einzureden, bevor ich in sein Auto steige.
„Ich bin dann mal weg!" rufe ich meiner Großmutter zu, als ich nach meiner Lederjacke greife und überziehe.
„Wo gehst du hin?" ruft sie lauter zurück. Sie hat für ihr Alter ein ziemlich schlechtes Gehör.
„Ich treffe mich mit einem Jungen aus meiner Schule!" antworte ich von der Haustür aus.
„Mit Liam?"
„Ja" lüge ich, da sie sonst noch mehr Fragen stellen würde, und gehe, mit so viel Selbstvertrauen wie ich haben kann, aus dem Haus auf die Veranda. Vor unserem Haus steht ein schwarzes Auto. Harry lehnt an der Motorhaube und telefoniert. Als ich die Tür schließe schaut er auf und beendet sein Gespräch.
„Hallo, Schöne" ich zwinge mich ihn anzulächeln. Er hält mir die Tür auf und schließt sie auch wieder.
„Scheiße, was mach ich eigentlich hier?" frage ich mich selbst, während er um das Auto läuft.
Harry zwinkert mir zu, als er sich setzt. Er startet den Motor und schaltet in den ersten Gang. Ohne sich anzuschnallen fährt er los, was ich nur mit einem Kopfschütteln und einem Ziehen an meinem Gurt kommentiere. Im Seitenspiegel sehe ich sein Grinsen.
„Wo fahren wir hin?" frage ich und bin selbst über meinen Mut erstaunt.
„Auf eine Party am Hills Lake" Das ist mitten im Wald. Mindestens 20 Kilometer von der nächsten Stadt entfernt. „Einer aus meinem Team hat dort ein Haus und seine Eltern sind momentan nicht im Land. Deshalb können wir dort machen was wir wollen" seine Stimme wird mit jedem Wort weicher und trotzdem bedrohlicher. Nach fünfzehn Minuten Fahrt, fahren wir auf einen Feldweg. Die Sonne ist mittlerweile untergegangen und den Weg kann ich nur erahnen. Dazu kommt noch Nebel, der um die Bäume zieht. „Wusstest du, dass das Gebiet hier sehr sumpfig ist?" erzählt er, als ob er meine Fluchtgedanken hören könnte. Bevor ich hätte antworten kommen, tauchen Lichter auf. Man erkennt ein riesiges Haus und viele Menschen die Draußen und bestimmt auch im Inneren tanzen und lachen. Harry parkt am Rand des Weges neben einigen anderen Fahrzeugen. Sobald sein Auto steht schnalle ich mich ab und versuche die Tür zu öffnen. Abgeschlossen. Ab jetzt fühle ich mich offiziell entführt.
Nachdem er um das Auto gelaufen ist, um mir die Tür zu öffnen, rutsche ich von meinem Sitz und lade auf dem matschigen Boden. Der feuchte Dreck an seinem Auto, was sonst so sauber ist, interessiert ihn nicht. Nebeneinander laufen wir Richtung Haus. Er hat seinen Arm um meine Schulter gelegt und versucht mich, wider meinen Willen, an sich zu ziehen. Mir gelingt es nicht seinen Klauen zu fliegen, also belasse ich es dabei und bestaune die schöne Kulisse. Das Haus ist mit Lichterketten geschmückt, deren Lichter sich im See spiegeln. Genauso Teile vom strahlenden Mond. Desto näher wir dem Haus kommen, desto lauter wird die Musik. Sie ist so laut, dass ich nur vermuten kann, dass ich drinnen einen Tinnitus bekommen würde. Genauso wie die Musik lauter wird, wird die Menschenmasse dichter, je näher wir dem Gebäude kommen.
„Heey" Harry nimmt seinen Arm von meiner Schulter und begrüßt zwei Jungs, mir einem Handschlag. Es sind die beiden die mich heute Mittag noch verfolgt haben.
„Na du?" fragt der blonde. Ich antworte nicht. Mit verstohlenem Blick schaue ich auf den Boden. Meine Verfolger fangen an zu lachen, nur Harry nicht. Er nimmt mein Kinn in die Hand und zwingt mich ihn anzusehen. Ich spüre, dass er wütend ist.
„Wie wäre es, wenn du meinen Freunden antwortest", gelähmt vor Angst kann ich nicht sprechen. An seinem Hals tritt eine Ader hervor und er lässt erst mein Gesicht los, nachdem der schwarzhaarige gesagt hat, dass es ok sei. Es waren nur Sekunden und doch hat es sich wie Ewigkeiten angefühlt. Selbst nachdem er losgelassen hatte spürte ich seine rauen Hände an meinem Kinn. Eingeschüchterter als jetzt war ich noch nie zuvor. Seine Wut scheint sich aber zu legen, als der Gastgeber und vermeintlich bester Freund von ihm vorbeikommt und die Jungs begrüßt. Er ist mir auf eine unheimliche Art sympathisch.
„Louis", sagt er zu mir und streckt mir die Hand entgegen. Ohne zu zögern nehme ich sie. Ich spüre wie Harry sich wieder anspannt. Was habe ich denn jetzt wieder falsch gemacht?
„Red", ich wollte Harry nicht noch mehr provozieren, da ich noch nicht weiß was er noch mit mir vor hat.
„Interessanter Name" sagt er. Ich antworte höflich mit einem leisen „Danke". Louis beginnt zu grinsen, da meine Antwort anscheinend nicht das war was er erwartet hatte. Meine Hand ist immer noch in seiner. „Deine Hand ist kalt", bemerkt er.
„Mir ist auch kalt" gebe ich zu. Louis rechter Mundwinkel hebt sich und schaut zu Harry, als ob er ihm etwas befiehlt. Harry nickt und legt seine Hand um meine Hüfte.
„Komm wir gehen rein", die Wut in seiner Stimme ist verflogen. Zahm wie ein Lamm folge ich dem Wolf in seine Höhle.
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Red Riding Hood [Harry Styles FF] GERMAN/DEUTSCH
FanfictionRed. Schüchter. Zierlich. Tollpatschig. Harry. Wild. Selbstsicher. Besitzergreifend. *Offizielle Autorin von "Red Riding Hood"* © - Copyright 2013 - Jukiax 2. Auflage © - Copyright 2021