2.1 Alptraum

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Law

Mitten in der Nacht wachte ich auf. Mein Hals fühlte sich furchtbar trocken an, also tapste ich leise durch den Dunklen Flur in die Küche. Nachdem ich mir ein Glas Wasser aufgefüllt und ein paar Schlucke getrunken hatte, ging es mir bereits viel besser. Ich stellte mich ans Fenster und sah hinaus auf die von nur wenigen Laternen beleuchtete Straße. Zu meiner Freude stellte ich fest, dass es schneite. Sanft fielen die kleinen, weißen Flocken vom Himmel. Lächelnd sah ich ihnen bei ihrem Tanz im Wind zu.
Ich liebte Schnee einfach über alles. In meiner Heimatstadt hatte es oft geschneit. Generell war alles, Häuser, Straßen, ja selbst die Bäume waren weiß gewesen in Frevance.
Auch wenn mich der Schnee glücklich machte, so machte mich der Gedanke an meine Heimatstadt doch traurig. Ich sah mich in der Spiegelung des Fensters an. Sah in meine kalten, grauen Augen, die bereits im zarten Alter von 10 Jahren ihren Glanz und die kindliche Unschuld verloren hatten.
Aufeinmal sah ich einen Schatten hinter mir vorbei huschen. Ich zuckte zusammen und wirbelte herum. ,,Eustass?", fragte ich mit zitternder Stimme. Sie klang hoch und dünn. Ich zitterte leicht und mein Herz wummerte so laut gegen meine Brust das ich befürchtete eine Mögliche Antwort nicht zu hören.
Dennoch war ich mir ziemlich sicher, dass da jemand war. Als ich zu allem Überfluss auch noch ein Rascheln aus dem Flur vernahm, war ich mir sicher nicht allein zu sein.

Was mein Herz keineswegs beruhigte. ,,Eustass-ya?", fragte ich erneut und meine Stimme schnellte abermals ein paar Oktaven höher. Das er nicht antwortete bedeutete entweder das er es nicht war, oder er sich gerade einen ziemlich schlechten Scherz erlaubte. Andererseits, wenn er nicht derjenige der gerade im Flur stand war, wer dann und wieso wachte er nicht spätestens jetzt auf? Fieberhaft überlegte ich ob er überhaupt im Bett gelegen hatte als ich aufgewacht war. Verdammt, aufgrund dieser bescheuerten Situation am Abend hatte ich es vermieden zu ihm rüber zu sehen. Nervös kaute ich auf meiner Unterlippe herum, bis ich schließlich ein paar mal tief ein- und ausatmete. So ging das nicht weiter. Was ist denn nur los mit mir, ich bin doch sonst auch nicht so ängstlich.
Entschlossen nahm ich ein Messer aus einer der Schubladen. ,,Wer auch immer da ist, sollte sich besser zweimal überlegen was er macht!!". Verdammt, durch meine hohe Piepsstimme klang das nur halb so bedrohlich wie geplant. ,,Ich habe ein Messer!", fügte ich hinzu und kam mir ziemlich albern vor. All meinen Mut zusammen nehmend, ging ich in den Flur und schaltete sofort das Licht an. Sich wild um mich drehen suchte ich meinen Gegner. Abermals raschelte es. Ich sah nach unten und aus einer leeren Mc Donalds Tüte die wir wohl vergessen hatten weg zu werfen krabbelte eine kleine Maus.
All die Anspannung fiel mit einem Schlag von mir ab und ich lachte leise über mich selbst. Erleichtert legte ich das Messer zurück in die Küche. Irgendwas hielt mich davon ab die Maus zu töten. Vielleicht ihre süßen Knopf Augen. Da ich weiß, dass diese Tiere meistens viele Krankheiten mit sich herumtragen, nahm ich ein kleines Handtuch aus dem Bad und fing sie darin ein. Ich nahm einen Schlüssel mit und verließ unser Apartment.
Durch den nur schwach beleuchteten Flur laufend, redete ich beruhigend auf die zappelnde Maus ein. Nachdem ich auch die Lobby durchquert hatte, kam ich endlich am Eingangstor an. Draußen war es Arschkalt und ich bereute es, mir keine Jacke mitgenommen zu haben. Barfuß, nur in Unterhemd und Jogginghose spurtete ich durch den Schnee. Bei dem nächst besten Gebüsch lies ich die kleine Maus aus dem Handtuch. Rasch verschwand sie in der Böschung.

Ich sprintete in großen Sprüngen zurück ins Hotel und war heilfroh, den weichen Stoff des Teppich welcher in der Lobby lag unter meinen Füßen zu fühlen. In ruhigen Schritten ging ich wieder die Treppen die zum zweiten Stockwerk führten, wo unser Apartment lag hoch. Ich war von mir selbst enttäuscht. Das ich wegen einem eingebildeten Schatten und einer kleinen Maus die Nerven verlor und mich fast nass machte, war mehr als untypisch für mich, zeigte aber nur wie sehr mich diese ganze Hetzjagd belastete. Die halbe Welt war gefühlt hinter mir her, und das alles war nur die Schuld dieses Bastards. Sobald ich wieder bei meiner Crew war, so schwor ich mir, würde ich gemeinsam mit meinen Freunden ihn und seine Bande ein weiteres Mal fertig machen. Alleine hatte ich keine Chance. Wer weiß, vielleicht würde ja auch Eustass mithelfen. Immerhin ging ihm das ganze Verstecken und Wegrennen auf Dauer auch auf den Keks. Es tat mir auch furchtbar leid, dass ich ihn da mit reingezogen hatte. Seufzend und noch immer in Gedanken versunken kam ich am Ende der Treppe an.
Ich hatte keine 2 Schritte auf dem Flur getan, als es mir auch schon eiskalt den Nacken runter lief und sich jedes einzelne Haar an meinem Körper aufstellte. Etwas stand hinter mir. Jemand stand hinter mir. Jemand mit sehr viel Macht. Vor Angst wie gelähmt blieb ich stock steif stehen. Ich wusste einfach nicht, wie ich reagieren sollte, jede Bewegung konnte tödlich sein.
Die Entscheidung was ich tun sollte wurde mir augenblicklich abgenommen. Ich spürte eine große Hand an meinem Hals die mir die Luft abdrückte, und ehe ich es mir versah hoben meine Füße auch schon vom Boden ab. Hilflos und nach Atem ringend zappelte ich in der Luft. Ich hörte ein leises, mir nur allzu vertrautes Lachen, dass ruckartig abbrach als ich es schaffte mit meinem Fuß weit genug nach hinten zu kicken um einen Treffer zu landen. Die Hand um meinen Hals drückte fester zu und verwehrte mir somit auch noch den letzten kleinen Funken Sauerstoff den ich zuvor hatte ergattern können. Gleichzeitig zog sie mich nach hinten, in die Richtung von der ich gekommen war, und warf mich die Stufen der Treppe wieder herunter.

Auf der Flucht - Wenn aus Feinden Freunde werden Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt