02 |Der Stand des Alphas

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Olivia

In Mitte meines Rudels spazierte ich durch die Wölfe und ließ meinen Blick über die Menschen und Tiere gleiten, die an mir vorbei huschten. Eigentlich war es das Rudel meines Bruders, aber ich war die mächtigste und stärkste aller Werwölfe. Er beherrschte die gesamte Masse, aber ich sorgte für die Sicherheit und dafür, dass kein feindliches Rudel uns jemals angreifen konnte. Und die Wölfe indem Rudel genossen die Sicherheit, die ich ihnen verschaffte.

Ich war gut indem was ich tat, aber das musste ich auch sein. Viele Alpha hatten es auf die Macht und das riesige Rudel meines Bruders abgesehen. Viele wollten seinen Stand als Alpha klauen. Vielleicht auch ich. Vielleicht hatte auch ich selbst ab und zu das Verlangen dazu seinen Standpunkt einzunehmen. Meine Wölfin war sehr stark und ehrgeizig. Das ich nur als zweitstärkste da stand und deshalb auch weniger Respekt als er bekam ärgerte uns. Aber der Respekt vor meinem Bruder, seiner Macht und die Beherrschung des gesamten Rudels, war einfach zu groß.

Ich befürchtete nur, dass es irgendwann nicht mehr so sein würde. Wenn ich meine Mate gefunden hatte. Wenn ich mich stärker fühlte. Ich hatte Angst davor, die Kontrolle zu verlieren, denn ich verlor niemals die Kontrolle. Aber meine Wölfin wollte mehr. Mehr von der Macht, die mein Bruder besaß. So wie er sich in diesem Rudel benahm, hatte er keinen Funken Respekt verdient. Aber er war halt der Alpha. Der Führer des Rudels und ich wusste nicht wie es hier endete, wenn er weg wäre.

„Olivia!", die wütende Stimme meines Bruders durchschalte das Haus. Ich trat in den kleinen Saal, indem die größten Mitglieder des Rudels saßen und setzte mich an den Kopf des Tisches. Genau gegenüber von meinem Bruder. „Was ist los?", ich hob eine Augenbraue und überschlug meine Beine. „Du solltest die Grenzen noch einmal ablaufen.", er beugte sich vor.

„Da-", er unterbrach mich. „Wir haben Informationen bekommen, dass uns eines der Rudel angreifen will.", ein unterdrücktes Knurren entkam seinen Lippen und mir auch, weil er mich einfach unterbrochen hatte. Wir verstanden uns nicht mehr so sonderlich gut. Ich stemmte meine Hände auf den Tisch und erhob mich, noch immer mit einem festen Blick in seine Augen. Er würde mich niemals klein kriegen. Ganz egal wie sehr er auch versuchte mich zu unterwerfen. Ich war die Tochter des Alphas und war stärker als ein normaler Beta Wolf.

Mit Schwung drehte ich mich um und verließ den Raum. Die Besprechung wäre sowieso langweilig abgelaufen. Ein Thema, welches wie jede Woche auf den Tisch kam war wie mein Bruder endlich seine Mate und die Luna des Rudels finden würde. Ich hingegen wusste genau, dass wenn der Zeitpunkt gekommen war, es schon geschehen würde.

Es brachte einem nichts danach zu suchen. Die Mondgöttin schickt sie dir, wenn sie es für richtig hielt. Mein Bruder war verfressen von Hass und Trauer wie also sollte man in einem solch unkontrollierten Zustand seine Gefährtin finden?

Nicht ahnend was mich im Wald erwartete, verwandelte ich mich in meine tiefschwarze Wolfin und raste los. Die Bäume waren dicht und riesig. Andere hätten Probleme gehabt hindurch zu rasen, aber nicht ich. Ich kannte den Wald zugut. Ich war hier aufgewachsen zusammen mit meinem Bruder. Zudem war ich körperlich kontrolliert.

Sehr kontrolliert. Kontrolle war wichtig, dass wusste ich, im Gegensatz zu meinem Bruder. Wir waren vielleicht zusammen hier aufgewachsen, aber unsere Sicht auf die Menschen, auf die Wölfe und auf die Führung des Rudels waren komplett auseinandergehend.

Er brauchte Gewalt.
Ich brauchte Worte.
Er brauchte Macht.
Und ich brauchte Kontrolle.
Eine Übersicht.

Ein bezaubernder Duft durchzog mein Fell und durchdrang jede Faser meines Körpers. Ich zog die Luft ein und hörte mein eigenes Knurren durch den Wald schallen. Meine Gefühle schwankten und die Kontrolle über meinen Wolfkörper entglitt mir. Mit einemmal verwandelte ich mich und hockte mich hinter ein Gebüsch. Meine dunkelgewordenen Augen überflogen suchend den Platz und blieben an einem zierlichen Mädchen hängen. Dunkelrote Locken glitten über ihren Rücken und ein Weißes Kleid schmückte ihren zarten Körper. Eine Hitze durchschoss mich, während meine Augen sie fixierten. Die Gefühle tobten in mir wie ein erbarmungsloser Sturm und alles in mir wollte näher an die Gestalt heran. Ich wollte mehr in mich aufnehmen. 

Meine Wölfin jaulte auf und ein tiefes besitzergreifendes Knurren entfloh meinen Lippen. Ruckartig drehte sich ihr Kopf zu mir um und grüne Augen stachen genau in meine. Sie nahmen mir die Luft zum Atmen und ließ die Hitze durch meinen Körper jagen. Ein Keuchen entkam meinen Lippen und ein ganz neues Gefühl nahm meinen Bauch ein.

Augenblicklich wusste ich wer diese Schönheit vor mir war.

Love me, my little Mate Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt