01 |Das Umziehen fällt jedem schwer

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Cover By hellishnobody  thank you so much ♡

Eve

Gelangweilt stieg ich aus dem großen Jeep und sah einen Moment hinüber zu meinem Vater, der sein Handy gerade zu schlug. „Was ist los, Eve?", fragte er leise, packte das Handy weg und stieg ebenfalls aus dem Wagen. „Ich dachte wir sind hier her gezogen damit du weniger Arbeit hast und jetzt hängst du immer noch dort fest.", seufzend schlug ich die Tür des Autos zu und ging auf das große Haus zu.

Wir lebten in der Nähe des alten Fitnesscenters, indem mein Vater damals trainiert hatte. „Es tut mir leid, Maus.", Er holte den Schlüssel aus seiner Tasche und öffnete die helle Tür. Das Haus war neu renoviert worden, da es noch vor einigen Monaten vollkommen herunter gekommen ausschaute.

„Ich werde es reduzieren, aber ich muss die restlichen Unterlagen noch abschicken. Dann kann ich mich auf alles andere konzentrieren.", er schenkte mir ein sanftes Lächeln und ließ mich zuerst eintreten. Er war Polizei Captain und hatte sich nun für einen ruhigeren Ort entschieden. New York war sehr laut und viel krimineller als diese Kleinstadt. Ferndale war Papas Heimat und auch wenn ich mich über die dazu gewonnene Zeit mit meinen Vater freute, hatte ich hier nicht meine Freunde. Ich hatte hier niemanden. Ich hatte Angst, dass ich überhaupt niemanden hier finden würde. „Wann wirst du hier anfangen?", ich sah über meine Schulter zu ihm und ging in die hell beleuchtete Küche. „Übermorgen" murmelte er, noch immer mit dem Blick auf dem Handy.

Bevor wir tatsächlich hier her gezogen waren, hatte ich mir schon einige Bilder angesehen und somit das gesamte Haus studiert. Mein Zimmer war oben und kam direkt nach der Treppe, weshalb ich dort als nächstes hin ging. „Um halb sieben gibt es essen.", rief mein Vater mir noch nach, während sein Blick auf seinem Handy fest hing. Seufzend nickte ich, öffnete die Zimmertür und schloss sie hinter mir wieder.

Meine Augen huschten durch das Zimmer, zu dem großen Fenster. Ich wollte es gerade öffnen als mein Handy anfing zu vibrieren. „Ja?", ich legte es an mein Ohr. „Bist du gut angekommen?", die Stimme meines besten Freundes drang zu mir durch. Drei Jahre hatte ich Elias geliebt und drei Jahre hatte er es nicht bemerkt. Oder er hatte es bemerkt, aber bloß ignoriert. Er stand auf Melissa hole. Das Mädchen, an das niemand heran kam. Ich hatte mich zum Glück noch nie mit ihr angelegt.

Jetzt war ich aber über ihn hinweg. Denke ich. Das war wohl das einzig Gute an diesem Umzug. Abstand. „Ja, nur Dad arbeitet schon wieder.", ich setzte mich auf das Bett und starrte aus dem Fenster. „Lass ihm Zeit. Ihr seit gerade mal dort angekommen.", ich konnte mir schon gut sein Schmunzeln vorstellen. „Du hast ja recht, aber ich dachte jetzt ändert sich alles.", murmelte ich und ging hinüber zum Schrank, um mir eine Jacke heraus zu kramen.

Wir wohnten gegenüber eines Waldes und da ich gerne alleine spazieren ging, wollte ich das hier sofort als erstes tun. Ich musste meinen Kopf frei kriegen, bevor ich morgen dann in die Neue Schule ging. Mit neuen Menschen. „Sei Positiv. Ich muss jetzt los, aber wir telefonieren die Tage noch, ja?", bat er leise. Ich zog misstrauisch meine Augenbrauen zusammen, gab aber nur ein einverstandenes Ja von mir. „Bis dann.", ich legte auf und zog mir die dünne Jeansjacke über das weiße Kleid.

„Ich bin jetzt kurz draußen.", rief ich meinem Vater zu, der sich irgendwo im Haus versteckt hatte. Mein Handy ließ ich in meiner Jackentasche versinken und die roten Strähnen, die in mein Gesicht gefallen waren, strich ich seufzend aus meinen Augen.

Seit meine Mutter vor zwei Jahren verstorben war, hatte mein Vater sich in die Arbeit gestürzt. Jetzt versuchte er Abstand davon zu nehmen und sich endlich mehr Zeit für sich selbst und für mich zu nehmen. Ich schloss einen Moment meine Augen als ich in den Wald hinein ging. Das ich mich hier nicht auskannte, vergaß ich in diesem Moment vollkommen.

Ich hörte nur noch das leise Fluchen des Windes, der durch die Bäume rauschte und das leichte aufeinander treffen der Blätter. Der Wald war schöner als all die kleinen Spazierwege in New York. In New York war es laut und hektisch, aber hier war es einfach nur ruhig. Entspannend. Und dennoch wäre ich jetzt gerne dort. Zwischen all dem hektisch laufenden Menschen, zwischen den laut bellenden Hunden und den leckeren Geruch von Waffeln und Schokolade. Und damals hatten mich die Menschen gestört, die ich traf, bevor ich im Waldweg verschwand, doch jetzt vermisste ich genau das. Ich vermisste die Menschen. Das Hektische, bevor es in die ruhige Umgebung ging.

An einem Baum, mitten im nirgendwo setzte ich mich auf das trockene Gras und starrte in den Himmel. Die Bäume hatten hier einen kleinen Kreis gebildet und ließen die Helligkeit in den Wald strömen. Seufzend lehnte ich meinen Kopf an den Baumstamm und schloss meine Augen. Ich hoffte bloß, dass jetzt alles besser wurde. Es war eine Chance auf einen Neuanfang. Für mich und für meinen Vater. Für uns beide.

Love me, my little Mate Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt