24. Kapitel

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whatever causes night in our souls may leave stars.

Wie einen glühenden Pfeil in meinem Rücken spürte ich einen Blick auf mir ruhen. Ich sprach gerade mit Elena, welche mir genervt erklärte, dass Aaron die Torte abholen wollte, doch noch immer nicht da war. In Gedanken versunken fragte ich mich, warum sich überhaupt die Blondine vor mir es sich zur Aufgabe gemacht hat, sich darum zu sorgen, statt Mavie. Letztere tanzte nämlich unbekümmert im Wohnzimmer und schien sich sogar ziemlich gut mit einem ihrer Gäste zu amüsieren. Vielleicht auch etwas zu gut. Beruhigend legte ich einen Arm auf Elenas Schulter, die kurz davor war, einen Nervenzusammenbruch zu erleiden, und versuchte die passenden Worte zu finden. "Es wird schon alles gut gehen. Hast du Amrei schon Bescheid gegeben? Vielleicht kann sie ihn erreichen.", schlug ich vor und Elena atmete tief durch. "Nein, sie-", fing sie gerade an und im selben Moment ging die Tür im Haupteingang auf. Nicht nur meine Aufmerksamkeit zogen die neuen Besucher auf sich, doch auch die der anderen Gäste. Maxxim trat laut lachend mit einem pinken Hut auf seinem Kopf ein und half Aaron eine große schwarze Torte hineinzutragen. Sofort wurde die Musik leiser gemacht und wie kleine Motten, die vom Licht angezogen wurden, gingen alle auf die Neuankömmlinge zu und begrüßten sie herzlich. "Wo ist das Geburtstagskind?", rief Maxxim grinsend in die Menge und Mavie trat lachend hervor. Elena war plötzlich von meiner Seite gewichen und hatte sich den anderen angeschlossen. All ihre Sorgen schienen sich in Luft aufgelöst zu haben.

Ein paar Augenblicke später wurden bereits die Kerzen angezündet und kurz darauf fingen alle an, ein Geburtstagslied für Mavie zu singen. Brachte das denn kein Unglück? Stumm lehnte ich mich an den Türrahmen, der ins Wohnzimmer führte und beobachtete das Geschehen. Der Moment fühlte sich unwirklich an, als gäbe es keine Sorgen. Doch eigentlich gab es die wahrscheinlich, bloß würden sie hier niemals einen Platz finden.
Ich ließ meinen Blick schweifen und stockte. Auf der anderen Seite des Raumes stand Evan mit funkelnden Augen und blickte mir in die Augen; in meine Seele. Während die Welt um uns herum sich weiter drehte, war es, als würde sie für einen kurzen Moment nur für uns beide stehen bleiben. Meine Fingerspitzen kribbelten und ich hielt die Luft an. Im selben Moment nahm ich wahr, wie jemand mir die Sicht versperrte und ich wurde wieder Teil der Wirklichkeit. Dankbar atmete ich die Luft aus und richtete meinen Blick auf die Torte, dessen Kerzen Mavie gerade aus pustete. Sofort fingen alle an zu jubeln, applaudierten und auch ich klatschte zögerlich in die Hände.

⚜⚜⚜

Die ganze Zeit über hatte ich mich also vor Evan versteckt und wusste selbst nicht wieso. Zuvor hatte ich noch fast ungeduldig darauf gewartet, dass er hier war, und nun mied ich ihn wie die Sonne den Mond. Ich lenkte mich mit ziellosen Gesprächen mit Betrunkenen ab und wenn sich in der Küche ausnahmsweise niemand aufhielt, füllte ich die Becher auf.
Ich war gerade auf dem Weg zum Badezimmer, in der großen Halle des Haupteingangs, als ich plötzlich Bewegungen von der Seite wahrnahm. Schnell sah ich die breite Treppe nach oben und erblickte Evan und ... Carter? Beide hatten finstere Mienen aufgesetzt und redeten leise miteinander, doch die laute Musik hätte sie so oder so um einiges übertönt. Bevor sie mich bemerken konnten, lief ich mit schnellerem Tempo weiter und verschwand um die nächste Ecke. Ich dachte, die beiden würden sich nicht miteinander verstehen? Zumindest hatte das den Eindruck auf der Gala gehabt. Vielleicht hat sich nun etwas geändert?

Später stand ich wieder in der Küche und grübelte über das, was ich gesehen hatte. Ich kam auf den Entschluss, dass der einfachste Weg, eine Antwort auf meine Fragen zu erhalten Evan selbst zu fragen, war. Ich schnitt gerade die letzte Zitrone in kleine Scheiben, als plötzlich eine Stimme ertönte: "Du verpasst die Party." Er sprach es eher wie eine Frage als wie eine Feststellung aus und ich hielt inne, hob den Blick. Evan schaute mich verwirrt an, als versuche er mich zu verstehen und trat an die Kücheninsel. "Ich war länger hier, als du.", entgegnete ich, zuckte mit den Schultern und senkte den Blick auf die Zitrone, weil ich seinem nicht mehr standhalten konnte. Ich hatte mich geschnitten. Blut quoll scharlachrot aus dem kleinen Schnitt und ich seufzte leise.

Evan kam auf mich zu und ich drehte mich panisch zu ihm um. Als er meinen Gesichtsausdruck bemerkte, grinste er bloß und legte seine Hände auf meine Taille. Augenblicklich setzte mein Herz einem Schlag aus, schlug schneller, sodass ich das Pochen selbst in meinen Ohren hören konnte. Vorsichtig schob er mich zur Seite, öffnete die Schublade, vor der ich zuvor gestanden hatte, und wühlte ein kleines Päckchen hervor. All das passierte so schnell, dass ich nicht einmal Worte fand und Sekunden später hielt er mir ein kleines Pflaster, auf dem kleine Dinosaurier abgebildet waren, hoch. "Meine Mutter.", sagte er, als würde sich das wie von selbst erklären und ich nickte langsam. Meine Gedanken überschlugen sich und zum ersten Mal schaffte ich es, irgendetwas zu tun: Ich brachte Abstand zwischen uns.
Bevor ich zwei kleine Schritte nach hinten machte, nahm ich das blaue Pflaster an und bedankte mich leise.

Während ich das kleine Ding an meinem Zeigefinger anbrachte, fing er wieder an zu sprechen: "Warum gehst du mir aus dem Weg?". Seine tiefe Stimme verursachte eine Gänsehaut auf meinen Armen und der Inhalt seiner Worte ließ mich schwindelig fühlen. Was sollte ich schon sagen? "Warum habt ihr Carter eingeladen? Ich dachte, du verstehst dich nicht mit ihm.", fragte ich ihn und ignorierte seine Frage geflissentlich. Er seufzte leise, als würde es ihn stören, dass ich seine Frage nicht beantwortete. "Das tue ich auch nicht, aber Mavie hat ihm irgendwie verziehen. Sie hat mich um dasselbe gebeten.", erklärte er und zuckte mit den Schultern, als sei es nichts Wichtiges. Doch an seiner plötzlich ernsten Miene erkannte ich, dass es ihm sehr wohl etwas ausmachte. "Achso.", sagte ich nur und fragte nicht weiter nach. Auf mehr Informationen hatte ich wohl kein Recht.
Im selben Moment traten zwei Jugendliche in die Küche und ich nahm die laute Musik wieder wahr.

EVAN ✔Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt