Kapitel 2

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Rey

Sie mochte die Bibliothek. Es war wahrscheinlich ihr Lieblingsplatz des ganzen Campus. Es waren nicht mal die Bücher, die in weiten dunkelbraun glänzenden Regalen dem Datum, Thema und Autoren nach geordnet waren, obwohl die dichten Flure die sich zwischen ihnen bildeten die perfekten Verstecke darstellten. Es war die Atmosphäre die durch rote Teppiche und Sofas und Meter lange Lern-tische erschaffen wurde. Es wirkte wie eine Zeitkapsel einer früheren Epoche. Es war so perfekt klassisch, dass es schon fast zu gewollt wirkte, doch sie hatte ein Herz für den Ort, gerade ihr und Finns Platz, den sie im letzten Jahr für sich bestimmt hatten. Zentral zwischen Computern und Heizung, etwas versteckt hinter den historischen Romanen. Es war der perfekte Ort. Sie hatte sich nun, unbeobachtet von Bibliothekarin, auf dem Sofa ausgestreckt und begonnen ihr Bio Buch zu durchblättern. Ihre erste Klausur hatte sie letzte Woche absolviert und obwohl sie nie Sorgen bei dem Fach gehabt hatte, hatten Poes Kommentare sie verunsichert. Sie überflog die Kapitel erneut, ihr Wissen war noch immer auf bestem Stand. Sie hatte das Privileg gehabt von Poes 12. Klässler Wissen zu profitieren bevor sie das Thema überhaupt begonnen hatten. Wissenschaften waren nicht ihr Fachgebiet, aber sie lernte allgemein schnell. Finn hatte sie für diese Eigenschaft oft beneidet. Doch er selbst war der beste Mathlet den sie je kennengelernt hatte. Keine schlechtere Note als A- hatte er letztes Jahr kassiert. Sie ergänzten sich perfekt. Sie blickte zu ihm rüber. Er saß gerade, fokussiert am Rechner und ließ seine Finger schnell und koordiniert über die Tastatur flitzen. Sie konnte verstehen warum Rose und Jannah ihn beide mochten, er hatte eine innere Gelassenheit und Sicherheit, die sich auf einen übertrug. Sein Fokus lag stets auf den Dingen, die für ihn von Bedeutung waren und er war Treu. Sie lächelte ins nichts. Sie hatte wirklich großes Glück. Finn und sie hatten nie über ihre Vergangenheit oder Eltern geredet, aber sie wusste, dass Finn Verständnis für sie hatte und sie für ihn. Sie fühlte sich oft als hätte sie keine Zugehörigkeit, aber mit ihren Freunden hatte sie eine kleine Familie und sie war niemand die diese Tatsache undankbar ignorieren würde. Finn drehte sich um und ihre Blicke trafen sich. Sie lächelten beide, bevor sie sich wieder ihren Aktivitäten zuwendeten. 

Dann fiel Rey etwas ein. Sie verließ das Sofa und bahnte sich ihren Weg durch die Regale, bis zur Rezeption. Sie räusperte sich. Der Bibliothekar, schaute von seinem Handy auf und musterte Rey erwartungsvoll. 

"Mr Jarrus...der Englischlehrer...Er sagte er habe ein Buch für mich bestellt. Rey Niima? Es sollte heute ankommen..." sie wippte unsicher auf ihren Füßen hin und her. Sie hasste Gespräche wie diese. Der Bibliothekar, drehte sich wortlos um und öffnete einen Schrank. Er hob einen braunen Karton auf den Tresen.

"Hier kannst es dir selber raussuchen." er wendete seine Aufmerksamkeit wieder ab und Rey bückte sich über den Inhalt. Ein paar Klassiker und Lehrmaterial. Sie fischte ein graues Buch aus der Menge. Es war eine Kurzgeschichten-Sammlung von Kafka. Es ging primär um seine Beziehung zu seinem Vater. Mr Jarrus hatte gemeint, er wolle sie dieses Jahr an klassischere Philosophen heranführen. Sie schätzte seine Mühen sehr Wert. Früher hatte sie einfach alles gelesen was sie gefunden hatte, jetzt kümmerte sich jemand darum dass sie das Material verstand und in die richtige Richtung ging, sowas hatte sie selten gehabt, eigentlich nie. 

Sie nahm das Buch und kehrte zu ihrem Platz zurück. Dort begann sie zu lesen. Sie hörte nicht auf, bis Finn zu ihr kam und sagte er sei fertig, sie hatte nicht einmal bemerkt, dass es dunkler geworden war. 

"Du kannst schon zurück gehen Finn, ich will noch ein bisschen bleiben." er wurde etwas unruhig 

"Bist du sicher Rey? Es ist dunkel, und draußen sind nur noch wenige...ich kann dich auch später abholen oder Poe." Er hatte Angst um sie seitdem sie auf einer Campus Feier von einem 12. Klässler belästigt wurde. Sie hatte sich wehren können, aber Finn hatte sich Vorwürfe gemacht weil er nicht in der Nähe gewesen war. Rey hatte ihm einen Tritt verpasst und sich aus seinen Armen befreit, worauf sie stolz war, aber ihre Freunde lagen nicht falsch wenn sie sich Sorgen machten. Aber es war früher Abend und Lehrer waren zu dieser Zeit noch immer in den Gebäuden, die Gefahr war also minimal. 

I am nothingWo Geschichten leben. Entdecke jetzt