Kapitel 4

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Rey

Sie hatte Schwierigkeiten gehabt ihren Freunden die Situation zu erklären. Sie wollte nicht lügen, aber die Wahrheit, so unbedeutend und banal sie auch war, klang ausgesprochen wie ein Schlag ins Gesicht. Finn hatte ihr vorgeschlagen sie von der Bibliothek abzuholen, sie hatte verweigert, nur um sich von Ren eskortieren zu lassen. Und Poe war von der reinen Anwesenheit Rens in Reys Leben beunruhigt. Der Fakt dass er in ihrem Zimmer gewesen war, dass sie geredet hatten, dass sie ihn angesehen hatte, frustrierte ihn. Also entschied Rey dass es in Ordnung war ihren moralischen Code zu verletzen. Sie bestätigte Rens Geschichte und ignorierte das Geschehene dann für den restlichen Abend. Sie saßen in Stille vor Poes Laptop und schauten die Serie. Die angespannte Atmosphäre sorgte für ein gemeinsames Schweigen und als die Disk zu Ende ging, schien es als würden alle etwas ausatmen. Poe und Finn verließen ihr Zimmer kurz danach. Sie wünschten ihr gute Nacht und lächelten um ihr zu demonstrieren, dass sie nicht böse auf sie waren. Als Rey die Tür hinter sich schloss, fühlte es sich an, als wäre sie, die zweite Nacht in Folge, durch einen skurrilen Fiebertraum gegangen.

Sie wollte sich gerade schlafen legen, da fiel ihr Blick auf ihren Rucksack, der sich, angelehnt an ihren Schreibtisch, auf dem Boden krümmte. Sie öffnete den Verschluss und zog ihre Bücher heraus. Sie hatte kaum Erwartungen gehabt, als Ren ihr Vorgeschlagen hatte sie über Nacht auf seiner Heizung trocknen zu lassen. Sie hatte lediglich eingewilligt, weil ihr selbst nichts besseres eingefallen war und er sich, wenn auch unbegründet, schlecht gefühlt hatte. Doch als sie die edlen Hardcovers in der Hand hielt, konnte sie keine Makel erkennen. Keine Wellungen, kein zerissenes Papier. Nur makellose Oberflächen, und schimmernde Titelbilder. Sie starrte jedes Buch einzeln ungläubig an. Jedes einzelne Werk, samt der dünnen, weißen Kafka Lektüre, waren ohne jeden Schaden. Als wäre der gestrige Abend nie passiert. Sie fragte sich ob Ren die gesamten Werke ersetzt hatte oder die Wärme im Endeffekt doch effektiver gewesen war als sie gedacht hatte. Nein, es war offensichtlich, dass es nicht die selben Bücher sein konnten. Würde er ihr in den nächsten Tagen eine Rechnung unter der Tür durchschieben? Sie hatte nicht gewusst dass man Wut und Erleichterung im selben Moment verspüren konnte.

Sie blätterte durch die Seiten des dünnen Romans, als ein kleiner Zettel herausfiel und langsam auf den Boden segelte. Sie hob ihn auf und las das geschriebene mit zusammengekniffenen Augen. Schreib mir, -Ren und eine Nummer. Sie starrte das kleine Papier ungläubig an. Zettelchen schreiben schien wie eine seltsame, fast kindische Wahl für ihn. Trotzdem speicherte sie die Nummer in ihrem Handy ein. 

Sie wusste nicht wie sie reagieren sollte. Sie spielte für eine kurze Zeit mit dem Gedanken ihm zu schreiben, beschloss dann aber schlafen zu gehen und ihn zu ignorieren. Sie könnte ihn einfach ab jetzt für immer ignorieren. Es würde vieles einfacher machen, wenn es auch vielleicht unhöflich war. Sie wälzte sich in ihrem Bett hin und her bis sie es nicht mehr aushielt. Sie hatte einen empfindlichen Schlaf und ein simpler Gedanke konnte sie ewig wach halten, also griff sie doch nach ihrem Handy.

                                   Die Bücher sind nicht auf magische Art und Weise wiederbelebt worden, oder? 

Er antwortete schnell. Nicht so, dass es unangenehm wäre. Eher ungezwungen. 

Hi Rey, dir auch einen schönen Abend

Sie seufzte 

Haben dich deine Sidekicks endlich alleine gelassen?

                                                                                                             Ich bereue es dich eingespeichert zu haben.

I am nothingWo Geschichten leben. Entdecke jetzt