Prolog

95 3 0
                                    

Moriko verbot sich jedweden Gedanken daran, dass ihre Existenz mehr Nachhall hatte als ihr Selbstbild, das ihr vom gegenüberliegenden Spiegel stumm entgegen starrte.

Meistens.

Der blonde Mann, der sie nach diesem unvorsichtigen Moment zu sich eingeladen und ihr letztlich angeboten hatte, für ihn zu arbeiten, hatte eine Kerbe in einen Teil geschlagen, von dem sie nicht einmal vernommen hatte, wie sehr er danach schrie, wahrgenommen zu werden.

Wie sonst kam es, dass sich ein feuchter Schleier über ihre Augen legte und mit jedem Blinzeln das Grinsen verwischte, mit welchem ihr Spiegelbild sie bedachte?

Ein Ruck ging durch ihren Körper. Sie bäumte sich auf.

Woher sonst entstammte der Salzgeruch, der sich mit dem schwieligen Duft nach Kupfer vermischte?

Sie wusste, auch wenn sie Augen und Geist schloss, würde sie nicht an einem anderen Ort aufwachen.

Woher nahm sich ihr Verstand also das Recht, diese entrückenden Bilder vor ihrem inneren Auge aufpoppen zu lassen?
Bilder, in denen sie... umgeben war von diesem Haushalt?

Das Gefühl von Glut, die sich von ihren Eingeweiden über ihre empfindliche Haut von der Hüfte bis hinauf zum Rumpf fraß, ließ sie die Zähne zusammenbeißen. So fest, dass neben dem Schleier nun auch Blitze ihre Sicht vernebelten.

Umso klarer wurden ihre Gesichter. Frankenstein, Rai, Regis, Seira, M-21, Takeo, und...

Er lächelte. Es war ein aufgeschlossenes, fideles Lächeln, das nicht so recht passte zu dem aufmerksamen Ausdruck in seinen grauen Augen. Augen, die Interesse signalisierten, Freundlichkeit, Kindlichkeit, aber auch die Schärfe, die sich unter seinem schwarzen, mit Weißakzent getünchten Techno-Cut verbarg. Ebenso der Ernst dem Leben und der Gefahr gegenüber, sowie die Sorge hinsichtlich denen, die ihm wichtig waren.

Schleppend hob sie ihren Arm und streckte ihre eiskalten Finger aus; als könnte sie mit bloßer Willenskraft die Illusion vor ihrem Auge zu fassen bekommen.

Sein Lächeln, das ihr galt – Und von dem sie sich insgeheim einbildete, diesen Sorgensamen bei ihrem Anblick ebenfalls keimen zu sehen...

In einer Kaskade aus frostigem Feuer gefangen, die ihren gesamten Körper umhüllte, bemerkte sie fast nicht die warmen Rinnsale, die sich aus ihren brennenden Augen einen Weg ihre Wangen hinunterbahnten. Der betäubende Geruch von Kupfer und Schweiß verschwand jäh, als ihre Nase zuschwoll und ihren Geruchsinn blockierte.

Die Welt kippte. Kraftlos sackte ihre Hand herab. Ein Stöhnen entriss sich ihrer Kehle.

Tao...

Noblesse - Addiction (Tao x OC) (Deutsch)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt