Kapitel 5

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Morgens wurde ich durch das laute Poltern an der Türe wach. Ich realisierte erst Sekunden später, dass ich immer noch an diesen Stuhl gefesselt war. Langsam drang der Schmerz durch mich durch. Es fühlte sich an, als wären die Schnüre durch meine Haut hindurch und würden direkt am Knochen anliegen. Ganz abwegig, waren meine übertriebenen Bedenken auch nicht. Das Blut der offenen, eingeschnittenen Handgelenke, tropfte schon auf den Boden. Der Mann betrat den Raum und schaute mich leicht verwirrt an. Er fragte mich mit heiser Stimme, ob ich etwas essen  und mich duschen wolle. Ich blickte nicht durch diesen Menschen durch, ich wusste nicht wie ich mit seiner unberechenbaren Art umgehen sollte, aber langsam nickte ich. Er trat näher, um mich von diesem zerfallenden Stuhl loszumachen. Als ich versuchte aufzustehen, spürte ich, wie mich langsam alle Kräfte verließen. Ich sinkte zu Boden, doch der Mann nahm mich liebevoll auf seinen Arm und trug mich hinauf. Er ließ mich auf eine Bank in der Küche gleiten, welche hinter einem gedeckten Tisch stand. Was ich über die Tage völlig vergessen hatte, war, dass es ja auch noch den zweiten Mann gab. Schnell wurde mir bewusst, warum der Mann, den ich kannte so unberechenbar war. Zwillinge! Identisches Aussehen, doch zwei komplett verschiedene Persönlichkeiten. Totenstille, ich traute mich nicht etwas anzurühren. Aufgetischt waren bloß vier trockene Brötchen und eine Flasche Wasser. Plötzlich sagte der fiese Charakter in einem scharfen Ton, dass das nicht zum angucken dort stünde. Zögernd nahm ich mir eines der vier steinigen Brötchen und fing an zu essen. Von den aufgetischten Brötchen war kein Krümel mehr übrig und die Flasche mit Wasser, war knochentrocken. Nachdem ich mich bedankte,  fragte ich leise, in die leere Stille des Raumes, ob ich duschen könnte. "Natürlich", antwortete der nettere beider Männer. Er kam und trug mich in das kleine Badezimmer, welches bloß mit einer Toilette, einem Spiegel und einer Duschkabine bestückt war. Wortlos verließ er den Raum. Ein kleines Handtuch lag auf dem Boden. Ich drehte den Schlüssel langsam um und wendete mich in Richtung Spiegel. Ich erschrak, als ich mein eigenes Ich sah. Wangenknochen, welche herausragten, Haare welche triefend fettig waren und schwarze Augenringe, wie ich sie noch nie gesehen hatte. Eine Weile lang blieb ich in Gedanken versunken vor meinem Spiegelbild stehen. Ich schaute zu meinen Handgelenken runter und erschrak ein weiteres Mal. Um das Blut verschwinden zu lassen, beschloss ich mich unter die Dusche zu stellen. Ich freute mich auf Wärme, welche zu mir hindurchdringen konnte. Schnell wurde mir bewusst, dass das Wasser nicht warm werden würde. Kälte, eine eiskalte Schauer lief mir den Rücken hinunter. Ich fühlte mich jedoch lange nicht mehr so gut. Ich fühlte mich nochmal als ein Mensch. Vorher, fühlte ich mich wie ein Gegenstand. Ein Gegenstand der benutzt wurde und dem keine Acht geschenkt wurde. Es war ein mieses Gefühl die ganzen Tage über. Nach langer Zeit, schaltete ich die Dusche ab und fing an mich abzutrocken. Dabei entdeckte ich auch die entstandenen Druckstellen an beiden Fußgelenken. Zum Glück hatte ich dicke Socken und Schuhe angehabt, so ein Schmerz, wie er an meinen Handgelenken zu spüren war, hätte ich nicht auch noch an meinen Fußgelenken ausgehalten. Das kalte Wasser allerdings, tat gut. Es klopfte an der Türe, während ich mich abtrocknete. Ich zuckte zusammen und bekam ein leises "Ja?" über die Lippen. "Ey Kleines, mach mal auf!", sprach eine kalte Stimme von außen. Langsam erwiderte ich "Einen kleinen Moment, bitte." Der Mann gab keine Ruhe und schnell merkte ich, dass das nicht die nette, liebevolle Persönlichkeit der beiden war. Ich zog mich blitzschnell an, als er dann auch schon die Tür gewaltvoll öffnete. Das Schloss blieb dabei allerdings auch nicht ganz. Ich presste mich beängstigt gegen die Wand. Der Mann riss mir die Kleidung vom Leib und den Rest, den könnt ihr euch dann wohl denken. Ich schrie und schrie, in der Hoffnung den anderen Mann herbeieilen zu sehen, welcher mir unter Garantie geholfen hätte, diesen grausamen Menschen von mir loszureißen. Vergebliche Hilfeschreie. Sie erstickten langsam in der Enge des Raumes. Ich realisierte nicht was geschah. Ich musste es über mich ergehen lassen, mir blieb ja nichts anderes übrig. Eine Angst beherrschte meinen Körper, wie man sie sich nicht vorstellen kann. Als Mädchen sagt man schonmal, dass man Angst vor einer Vergewaltigung hat und denkt darüber nach, wie es wäre in einer Situation zu stecken, wie ich sie durchlebte, doch glaubt mir, es ist schlimmer, als all das, was man sich ausmalt. 

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