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P.O.V. Shoto Todoroki

Izuku schlendert langsam zu seinem Bett und lässt sich darauf fallen. "Kann ich... Irgendwas für dich tun? Soll ich gehen, oder soll ich bleiben?", frage ich ihn als er unter die Decke schlüpft und sich komplett in ihr versteckt als würde sie ihn vor etwas schützen. Als die Decke sich ein wenig bewegt schließe ich daraus dass er mit den Schultern zuckt. Seine Augen sind ziemlich leer seitdem wir wieder Zuhause angekommen sind. Izuku hat sich von mir weg gedreht, also laufe ich zu ihm und setze mich auf die Bettkante. Vorsichtig lege ich meine Hand auf Schulterhöhe auf die Decke und spreche zu ihm. "Hey... soll ich mich zu dir legen?". Schweigen. Ich weiß nicht warum, aber sein Schweigen macht mich ein wenig nervös... Doch dann kommt nach ein paar Sekunden die Erlösung, oder eher... Der Schock? "Ich verstehe es nicht! Warum bist du hier? Warum hilfst du mir? Du hast offensichtlich gesehen dass ich Scheiße gebaut habe und dennoch willst du für mich da sein? Obwohl ich der Letzte sein Müsste den du jetzt sehen willst, warum Shoto? Warum?", er bleibt ganz ruhig und bewegt sich auch kein Stück. Nachdem ich die Worte verarbeitet habe, muss ich einen Moment nachdenken was ich ihm darauf antworten soll. Er hat ja recht, eigentlich müsste es so sein. "Weil... Ich das so möchte. Ich weiß dass es Dinge gibt die nicht unausgesprochen bleiben können und über die wir dringend reden müssen. Allerdings muss das nicht jetzt sein, denn jetzt brauchst du erstmal jemanden der für dich da ist. Einen Freund, der dir zuhört. Es ist mir wirklich wichtig dass es dir gut geht, und dafür nehme ich das gerne in Kauf, verstehst du? Wir haben später immer noch Zeit darüber zu sprechen was alles passiert ist", erkläre ich ihm. Von ihm höre ich nur noch ein leises Schluchzen und deswegen nehme ich ihm schließlich die Entscheidung ab und dränge mich unter die Decke um ihn mit meinen Armen zu umschließen und ihn zu halten. Um ihm zu zeigen, dass ich da bin, dass er nicht alleine ist. Ich selbst schließe gerade all meine Emotionen aus, damit ich selbst nicht daran zerbreche. Izuku war der Erste dem ich mich in allen Hinsichten geöffnet habe und nun ist es als würde er mir ein Messer in den Rücken stechen. Zumindest irgendwie... Es ist wie ein Schalter den ich umgelegt habe. Ich fühle mich etwas taub und ich weiß dass ich für meinen Freund da sein muss, den Schmerz habe ich ausgeblendet. Auch wenn ich weiß dass ich ihn noch zulassen werden muss um das zu verarbeiten was passiert ist.

Nachdem wir einige Zeit so da gelegen haben und kein weiteres Wort gesprochen haben klopft es an der Tür. Jedoch antwortet keiner von uns und dann ertönt eine Mädchenstimme dahinter. "Hey Deku, bist du da? Es gibt bald Mittagessen und ich wollte dir nur Bescheid geben... Wenn du jemanden zum Reden brauchst kannst du gerne zu mir kommen, du weißt ja wo du mich findest", Ochako wartet kurz auf eine Antwort, aber bis auf ein leichtes verächtliches Schnauben das sie bestimmt nicht gehört hat kommt von meinem Freund keine  Antwort. Man hört ihre Schritte, wie sich sich wieder von der Tür entfernen und es ist wieder still. Was dieses Geräusch, das er von ich gegeben hat, bedeuten soll verstehe ich nicht ganz. Warum sollte Izuku dem Mädchen gegenüber so eingestellt sein? So kenne ich ihn nicht. Möglicherweise steckt da mehr dahinter, aber ich kann nicht weiter darüber nachdenken, da er sich aus meinen Armen löst und vom Bett aufsteht. Ich schaue ihm dabei zu und setze mich auf. Als würde ich gar nicht da sein läuft er in sein Badezimmer und verschließt die Tür hinter sich. Nach einigen Minuten in denen ich den Wasserstrahl der Dusche wahrgenommen habe, höre ich ein dumpfes Geräusch auf das ein klirren folgt. Ein kleiner und wütend klingender Schmerzensschrei scheint dem Grünschopf zu entweichen und das verleitet mich dazu ihm ins Bad zu folgen. Als ich durch die Tür trete blicke ich auf einen wortwörtlichen Scherbenhaufen. Izuku steht in Boxershorts, seinen Kopf in den Händen haltend und über das Waschbecken gelehnt, zwischen hunderten von kleinen Splittern. Vermutlich von dem Spiegel auf den er offensichtlich eingeschlagen hat wenn man seine Hand betrachtet. Sein Hals und sein Rücken sehen aus als hätte man ihn mehrfach gefoltert, auch wenn das eher weniger der Fall war. Komm Shoto, denk jetzt nicht an sowas, dafür ist jetzt nicht die Zeit! Vorsichtig lege ich meine Hand auf seine Schulter und versuche seine Aufmerksamkeit auf mich zu ziehen. Dass er heute nicht er selbst ist, ist klar. Als ich seine Haut berühre zuckt er zurück und dreht sich zu mir um. Anders als erwartet ist er jedoch nicht tränenübergossen, sondern wutentbrannt. Der Gesichtsausdruck den er mir entgegenbringt lässt mir eine kalte Gänsehaut über den Rücken fahren. So habe ich ihn noch nie gesehen. Ich weiche einen Schritt zurück und trete versehentlich auf ein paar der Spiegelsplitter, die sich schmerzhaft in meinen Fuß bohren. Mit einen Zischen schaue ich nur für eine kurze Sekunde herunter, bis ich meinen Kopf wieder in Richtung meines Freundes wende. Es schmerzt ihn so zu sehen. In der Sekunde in der Ich mich ihm wieder zuwende schnellt er in meine Richtung und drückt mich an meinen Schultern gegen die Duschwand. Weitere Scherben bohren sich in mine Fußsohle. Und dann bellt er mir förmlich ins Gesicht. "WARUM SHOTO? WARUM? WARUM ZUR HÖLLE BIST DU HIER?", geschockt von dieser Aktion und diesem grausamen Gesicht brauche ich einen Moment um mich zu sammeln. ich atme tief durch und versuche erneut es ihm zu erklären. "Habe ich dir doch gesagt, dir geht es nicht gut und ich möchte-", doch er unterbricht mich. "Red keinen Scheiß! Warum würdest du das tun? Ist das Rache? Weil ich dich betrogen habe? Bist du bei mir um mir das vor Augen zu halten? Um mir zu zeigen dass ich dir weh getan habe? Um mir ein noch schlechteres Gewissen zu machen weil ich mit Kacchan geschlafen habe? Gib es doch zu, aber rede keinen Unsinn Shoto! Verarschen kann ich mich nämlich selbst ganz gut!", seine Stimme ist zwar wieder etwas leiser geworden, wirkt aber um einiges bedrohlicher. Um ehrlich zu sein habe ich gar nicht darüber nach gedacht dass er auf einen solchen Gedanken kommen würde. Aus Rache, aus Schadenfreude oder sonst was. Gut zu wissen dass sich meine schlimmsten Befürchtungen bestätigt haben. Er hat immerhin gerade wörtlich gesagt dass er mit Katsuki geschlafen hat. Und auch wenn ich innerlich gerade daran zerbreche, ist es nicht das was mir am meisten weh tut. Es ist die Tatsache dass er mir vorwirft, dass ich ihm etwas Böses will. Es tut weh... und es macht auch mich wütend. "Was denkst du dir eigentlich, huh? Wie kannst du so etwas sagen, Izuku? Du solltest am aller besten wissen, dass ich das ernst meine was ich gesagt habe. Ich möchte für dich da sein weil du gerade eine schlechte Zeit durch machst und das obwohl ich wusste, dass du was mit ihm hattest. Was genau wusste ich zwar bis gerade nicht aber das hast du mir ja eben gestanden. Um ehrlich zu sein habe ich nicht eine einzige Sekunde an Rache oder sonst was gedacht! Ich habe auch nicht daran gedacht dass es dir ein schlechtes Gewissen machen könnte. Wenn du drüber nachdenkst fällt dir vielleicht auch ein dass ich das niemals tun würde. Aber wenn wir jetzt schon alle Karten auf den Tisch legen...", während ich rede spüre ich wie die Wut in mir sich mit Verzweiflung vermischt und mir die Tränen in die Augen steigen, weswegen in meinen Kopf wieder zum Boden richte. "Wenn wir jetzt schon alle Karten auf den Tisch legen... Dann sag du mir warum? Warum hast du mit ihm geschlafen? Warum nachdem wir gerade angefangen haben uns eine Beziehung aufzubauen? Du wolltest das doch schließlich auch!", seine Hände lösen sich langsam von meinen Schultern wie die Tränen sich aus meinen Augen als ich wieder zu ihm hoch blicke. Meine Frage scheint ihn irgendwie zu überraschen, den seine Wut entweicht im wieder und er reißt seine Augen auf. "I-Ich...", er scheint die Worte zu suchen und versucht meinem Blick auszuweichen indem er sich in diesem Chaos umsieht. Als er zwischen uns auf den Boden schaut scheint er meine blutigen Füße zu erkennen, woraufhin er einen Schritt zurück weicht und selbst in ein paar Scherben tritt. Er greift nach dem Waschbecken um sich daran abstützen zu können. "Ich... Ich weiß es nicht...", wow, diese Aussage stachelt mich nur noch mehr an. "Du... Weißt es nicht? Oder ist es so dass du es mir mir sagen willst?". Er wendet sich mir zu und scheint verzweifelt zu sein, während meine Tränen weiter und weiter fließen. Ich versuche gar nicht mehr sie aufzuhalten. "D-Du hast recht... Ich weiß es... A-Also glaube ich...Vielleicht zumindest... Aber ich verstehe es selbst nicht! Und deswegen kann ich es dir nicht sagen! Shoto, du bist mir auch wichtig, glaube mir bitte! Und es war mit Sicherheit nicht meine Absicht dich zu verletzen! Du warst der Einzige der in meinem Leben so sehr für mich da war. Und ich mag dich auch wirklich gern, aber ich weiß nicht ob es Liebe ist was ich für dich empfinde...", er bricht auf dem Boden zusammen und verdeckt sein Gesicht mit seinen Händen. Es tut weh. Gott verdammt es tut so weh! Aber das ist eigentlich nicht sonderlich schlimm, Liebe entsteht nicht in einer so kurzen Zeit wie wir sie miteinander aufgebaut haben. Das wundert mich nicht und damit habe ich gerechnet. Aber... "Versuch es mir zu erklären Izuku... Bitte...", ich bin mir nicht sicher ob er darauf eingehen wird, aber ich muss wissen warum er wirklich mit Katsuki geschlafen hat. Ich kann es mir bereits denken aber ich muss es einfach aus seinem Mund hören. Ich finde sonst einfach keine Ruhe und kann das ganze Thema nicht verarbeiten. Wenn es so ist, wenn er Katsuki liebt und mich nicht, dann werde ich damit klar kommen müssen und dann werde ich es auch akzeptieren. So aber, ohne den wirklichen Grund zu hören, wäre es eine einzige Qual. Und wenn ich ihn mit meinem Gedanken konfrontieren muss, dann ist es eben so. Ich wollte diese Konversation so nie mit ihm führen. Ich hatte gehofft dass wir in Ruhe darüber sprechen können. Dass Tränen fließen war klar, ich dachte nur nicht dass es meine sein würden oder so viel Wut und Verzweiflung im Spiel sein würden. "Ich kann nicht... Ich kann einfach nicht, Shoto! Ich verstehe mich selbst nicht, okay? Ich weiß nicht was mit mir los ist... ich war wirklich glücklich in den letzten Tagen und du hast sehr viel dazu beigetragen. Aber dann kam Kacchan gestern hierher, mitten in der Nacht... Und hat mich... quasi überfallen... I-Ich wusste nicht was ich tun soll...I-Ich...", er schaut mich flehend an. "Bitte... Ich weiß es doch auch nicht... ", quasi überfallen? Was meint er damit? "Hör zu Izuku, sag mir einfach dir Wahrheit, ich bitte dich darum. Ich akzeptiere es, egal was es ist, okay? Und ich werde dich garantiert nicht dafür verurteilen, glaub mir. Ich denke aber, dass du mir die Wahrheit irgendwie schuldig bist", gebe ich schließlich zu. "E-Er...I-Ich... Ich wollte das nicht, wirklich nicht! Ich habe nicht verstanden was auf einmal los war... Und zuerst habe ich mich auch gewehrt, a-aber dann irgendwie... Irgendwie ist es dann passiert und als mir klar war was ich getan habe... Hat es mir so verdammt weh getan...Dass ich dir damit weh getan habe...", ich spüre wie trotz der tiefen Trauer die in mir herrscht ein Funken Hoffnung aufblüht und mein Herz ein kleines Stück wieder zusammen setzt. Einfach weil es ihm leid tut und weil er sich gegen die Situation gewehrt hat, weil er sie als falsch betrachtet hat. Auch wenn er nachgegeben hat. Dennoch beantwortet das nicht meine Frage. "I-Ich kann dir nicht sagen warum ich das getan habe... Wirklich ni-", ich unterbreche ihn. Es hat keinen Sinn mehr, er wird daran festhalten. Ich schaue ihn eindringlich und mit schmerzerfülltem Gesicht an, da es mir schwer fällt diese Tatsache auszusprechen. Eine andere Möglichkeit gibt es aber nicht. "Du liebst Katsuki, richtig? Und du willst es nicht aussprechen weil du mich nicht noch mehr verletzen willst... Du liebst ihn mehr als mich... Und das ist okay, ich habe jetzt wenigstens die Klarheit dass es so ist", betrübt schaue ich ein letztes Mal zu ihm, bevor ich den Raum verlasse. Mit dieser Erkenntnis, die er eigentlich nicht mehr bestreiten kann, kann ich wenigstens leben. Zumindest besser als wenn ich es nicht wüsste. Schritt für Schritt kocht alles weiter in mir hoch. Alle negativen Emotionen die ich jemals empfunden habe. Ich fange langsam an zu glauben, dass ich es nicht wert bin, geliebt zu werden...

Todobakudeku (Pausiert)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt