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Ich höre es noch ein weiteres Mal klopfen. Verwirrt versuche ich einen Weg aus meiner zerwühlten Decke zu finden. Nach ein paar Sekunden gelingt es mir auch schließlich und ich laufe langsam zur Tür. Ich horche kurz um zu hören ob die Person noch dort steht und wartet doch in dem Moment als ich mein Ohr an die Tür lege klopft es erneut. Ich habe mich also nicht geirrt. Ich frage mich wer das wohl ist? Langsam führe ich meine Hand zur Türklinke und drücke diese hinunter um die Tür zu öffnen. Als ich durch den Spalt sehen kann, sehe ich Shoto, der mich von oben bis unten mustert. "Shoto? Es ist mitten in der Nacht?", dennoch öffne ich die Tür weiter, sodass er eintreten kann und schalte die Deckenlampe ein. Die Helligkeit durchflutet mein Zimmer schnell mit Licht und gibt mein ganzes Leben wieder das ich hier aufgebahrt habe in Form von All Might Merchandise.  Ich deute auf mein Bett dass er sich dahin setzen soll und als er die Geste verstanden hat und sich dorthin begibt, setze ich mich neben ihn. Ich weiß nicht warum, aber er sieht wirklich niedergeschlagen aus, auch wenn er nicht zulassen will dass man es ihm ansieht. Dafür kenne ich ihn mittlerweile viel zu gut. Schließlich ist er für mich das, was einem besten Freund am nächsten kommt. Wenn ich ehrlich bin hätte ich gern eine bessere Verbindung zu ihm, denn in einigen Hinsichten gleichen wir uns ein wenig. Ich hätte ihn gern wirklich als besten Freund. Ich wünschte so sehr ich könnte ihm alles erzählen... Aber das geht nicht. Ich habe es All Might und Kacchan versprochen. "Deku?", ich schrecke auf. "E-Entschuldige... Was hast du gesagt?", verdammt, in letzter Zeit bekomme ich echt nichts mehr hin! Nicht einmal zuhören kann ich! "Ich habe gefragt was los ist, du starrst mich an", entgegnet er mir kühl. "Oh, bitte entschul-", "Könntest du bitte aufhören dich zu entschuldigen?", unterbricht er mich. "Ja, ent- Ich meine mache ich. Ich habe nicht gemerkt dass ich dich anschaue, ich frage mich nur was du mitten in der Nacht vor meiner Zimmertür machst...", während meines Satzes werde ich immer leiser und schaue in seine Augen. Diese beiden verschiedenen Augen... Das eine braun und das andere türkis, das ist so selten. "Du starrst schon wieder, hab ich was im Gesicht?", er zieht die Augenbrauen hoch und ich sehe durch die Beleuchtung die Falten seiner Verbrennung. "N-Nein, t-tut mir... Ähm, ich meine nein, du hast nichts im Gesicht, aber nun sag schon, was machst du hier?", er wirkt irgendwie ein wenig überrascht, versucht aber immer noch es sich nicht anmerken zu lassen. Irgendwie süß, er versucht seine Sorge und seine Emotionen zu verstecken oder besser, er kann sie nicht wirklich zeigen, so wie ich es nicht darf. "Dass du dich nicht entschuldigen sollst fällt dir schon irgendwie schwer, kann das sein?", der Hauch eines Lächeln huscht über sein Gesicht und für einen kurzen Augenblick habe ich seine Augen leuchten sehen. Er sollte definitiv öfter Lächeln, das steht ihm wirklich gut. Eigentlich ist er als Person einfach total niedlich... Deku du verdammter Holzkopf! Was denkst du denn da? Innerlich hau ich mir eine rein und schaue Shoto wieder aufmerksam an um seinen nächsten Worten zu lauschen. "Wenn ich ehrlich bin... Ich sehe dass dich etwas beschäftigt, du bist andauernd so grüblerisch und in Gedanken verloren, ich wollte dir nur anbieten, dass du dich gerne mal an mir auslassen kannst wenn du möchtest.", meine Fresse, damit habe ich jetzt nicht gerechnet. Ertappt klappt mein Mund leicht auf und meine Augen weiten sich. Als ich das bemerke setze ich ein breites Grinsen auf und hoffe dass er meinen kurzen Gesichtsausdruck nicht bemerkt hat. Schnell überlege ich mir eine Antwort um nicht auffällig zu werden "Ach, du kennst mich doch! Ich bin immer am Grübeln! Ich denke über mein Trai-", "Deku! Hör auf mit dem Mist! Ich sehe doch dass es dir nicht gut geht wenn ich ehrlich sein soll. In deinem Blick hat sich etwas verändert!", bitte was? Ich habe ihn glaube ich noch nie so einen langen Satz sprechen hören. Mein Grinsen verkrampft ein wenig und wird zu einem leichten Lächeln. Ich hätte eigentlich nicht gedacht dass es jemandem auffällt, aber ich habe seine ständigen Blicke schließlich längst bemerkt, ich hoffte nur dass es aus anderen Gründen war... Ich habe gehofft dass ich ihm irgendwie gegen den Strich gegangen bin und er mich deswegen ständig angestarrt hat. Es ist ihm aber aufgefallen. Und wenn es ihm aufgefallen ist, dann... "Hast du jemandem davon erzählt?", ich senke meinen Blick und schaue auf meine Hände, die ich in meinen Schoß gelegt habe. "Nein, ich wollte es dir nur gesagt haben, soweit ich weiß ist es außer mir auch keinem aufgefallen, Ochako hätte das längst an die große Glocke gehangen, so ist sie nun mal", ich lausche seiner Stimme konzentriert und mir fällt ein Stein vom Herzen. Ich puste kurz meine Anspannung heraus und sehe Shoto dann wieder an, diesmal mit einem ehrlichen Lächeln. "Danke, bitte behalte es für dich, ich komme schon klar", das ist gelogen, aber ich will ihn nicht weiter mit mir belästigen. "Mit mir ist alles in-", "Nein ist es nicht und ich weiß, so kennst du mich nicht, aber hör auf mich anzulügen", jetzt wirkt er irgendwie aufgebracht und ein wenig traurig... Das wollte ich nicht. "I-Ich gehe mal kurz auf die Toilette, ja?", verdammt! Ich spüre wie die Traurigkeit, die ich dachte runtergeschluckt zu haben wieder aufkommt und kneife meine Lippen zusammen. Ich stehe auf und will in Richtung meines Badezimmers gehen. Doch Shoto hält mich fest und zieht ein wenig an meinem Arm. Ich schätze mal dass er nicht wusste wie viel Kraft er in diesen Zug gelegt hat, denn ich stolpere und kann meinen Sturz gerade noch so mit den Händen abfangen. Fuck, erschrocken schauen Shoto und ich uns an, Sekunden lang. Ich bin fast auf ihn drauf gefallen, konnte mich nur noch rechts und links von seinem Gesicht abstützen, sodass mein Gesicht nun direkt über seinem zu schweben scheint. Mir wird auf einmal ganz warm und ich muss anfangen komisch zu lachen "E-Entschuldige...". Was ist denn los mit uns heute? Ich rappele mich wieder und und laufe weiter ins Badezimmer. Das war gerade so eine komische Situation dass ich schon wieder vergessen hatte dass der Junge der auf meinem Bett sitzt mich am Arm gezogen hatte. Blöd nur dass er das gleiche erneut tut, jedoch diesmal sanfter. "Deku...", für ihn scheint die Situation eben wohl nicht komisch gewesen zu sein. Ich sehe ihn an und er steht auf und stellt sich vor mich. Mir ist noch nie aufgefallen dass er größer ist als ich und irgendwie wirkt er gerade etwas einschüchternd auf mich. Ich schaue fragend zu ihm hoch. "Deku... Ich... ähm, naja", verlegen schaut er zur Seite. "Ich wollte nur sagen dass du es mir erzählen kannst wenn es dir nicht gut geht und dass ich dir helfen möchte". Süß... wie verlegen er ist. Er lässt mich los, doch anstatt seine Hände zurück zu sich zu nehmen sehe ich seinem Gesicht an dass ihm irgendwas peinlich ist. So einen Ausdruck habe ich bei ihm wirklich noch nie gesehen. "Stimmt was nicht? Du schaust so...", während ich weiter sprechen möchte sehe ich wie er sich bemüht seine Arme um mich zu legen. "Ich dachte ich umarme dich mal, das machen Freunde doch so, oder nicht?", gerührt und schockiert von diesem Moment mache ich Anstalten ihn ebenfalls zu umarmen. Seine Arme sind ganz warm auf meinem nackten Rücken und ich spüre wie mich eine Gänsehaut überkommt. Es fühlt sich so warm und herzlich an. Ob das seine erste Umarmung ist? Mir wird ganz heiß und ich spüre wie mir die Hitze in den Kopf steigt und während ich gerade am liebsten im Boden versinken würde weil mir erneut die Tränen hochschießen, zieht er mich an sich. Nein, er zieht mich nicht nur an sich, er drückt mich so fest er kann, zumindest glaube ich das. Es fühlt sich an als würde er all meine Trauer aus mir heraus holen wollen und genau das tut er. Ich merke wie die Tränen anfangen zu strömen und meine Atmung wird stockend und unregelmäßig. Ich fange an zu schluchzen und Shoto drückt mich - wenn es noch geht - noch fester an sich. 

Mein Wecker klingelt. Übermüdet stehe ich auf und laufe in mein Badezimmer. Ich springe schnell unter die Dusche um mich kalt abzuspülen und wach zu werden. Ich muss ich beeilen, weil ich vor dem Unterricht noch trainieren möchte. Ich springe wieder aus der Dusche und trockne mich schnell ab um mir meine normale Kleidung anzuziehen. Ich putze mir schnell die Zähne und fahre mir mit den Fingern durch die Haare damit sie nicht verknoten. Mit einem Lächeln auf den Lippen ziehe ich mir meine Schuhe an und laufe hinaus auf den Flur, die Treppe herunter und durch die Haustür. Es ist gerade einmal 6.30 Uhr als ich mein Training beginne. Ich mache Klimmzüge an einem langen und stabilen Ast eines riesigen Baumes und Liegestütze auf dem Boden. All das und weitere Übungen mache ich um meine Muskeln aufrecht zu erhalten und zu erweitern damit ich irgendwann die ganzen 100% einsetzen kann. Zum Schluss jogge ich noch auf einem Umweg zurück, weil ich noch ein wenig Zeit bis zum Frühstück habe. um kurz vor 8 Uhr komme ich dann wieder auf dem Gelände des Wohnheims an und laufe Kacchan über den weg. Jedes Mal versetzt sein Anblick mir einen Stich ins Herz "Guten Morgen Kacchan", ich lächle ihn an und begebe mich ins Gebäude. "Tsk", ist alles, was ich noch von ihm höre. "Deku! Da bist du ja endlich, ich habe mir schon Sorgen gemacht!", Ochako fällt mir um den Hals und zieht mich ins Esszimmer, wo sie dann auch schon wieder meine Hand los lässt. "Ach ich war nur schon mal etwas trainieren Ochako", "Ach Deku! Vor dem Frühstück schon? Du musst doch erstmal etwas essen. Nun komm, setz dich!", ich schaue auf meinen Stuhl und gerade als ich mich setzen will wandert mein Blick ein Stück weiter nach oben auf Shoto. "GHAA", erschrecke ich mich weil er mich so intensiv ansieht. Plötzlich schießen mir alle Erinnerungen an die letzte Nacht wieder in den Kopf und ich erröte. "Was ist, Deku?", Ochako sieht mich an. Verdammt, ich muss mir schnell etwas einfallen lassen. "I-Ich habe... Mir ist nur gerade eingefallen, d-dass ich meine Notizen für den Unterricht noch nicht gemacht habe", lüge ich und kratze mich verlegen am Hinterkopf. "Ach, das ist ja nicht so schlimm, das kannst du ja nachholen", sie lächelt mich freundlich an und endlich setze ich mich und versuche Shotos Blicken auszuweichen. Es ist mir einfach irgendwie peinlich... Wir haben uns ewig lange umarmt und es war so innig... Irgendwie zumindest. Ich habe mich so geborgen gefühlt, habe einfach nur geweint und Shoto hat mich in seinen Armen gehalten. Das ist so neu für mich. Dass mir jemand Trost spendet bin ich einfach nicht gewohnt! Ich glaube der gestrige Tag war einfach zu viel für mich. Nachdem wir uns bestimmt eine halbe Stunde in den Armen gehalten hatten hatte der Junge mit den verschiedenen Augen mich einfach nur angesehen und gelächelt. Und ich hatte zurück gelächelt, wenn auch nur kläglich. Daraufhin war er einfach gegangen und hat mich perplex stehen gelassen. Ich konnte die restliche Nacht kaum schlafen, bis ich mir eingebildet habe er würde mich wieder in den Armen halten, da habe ich mich etwas wohler gefühlt, auch wenn ich mich im nachhinein etwas komisch fühle weil ich mir so etwas vorgestellt habe. Ein Kribbeln steigt in meine Nase und ich spüre dass ich gleich niesen muss. Ich drehe mich mit geschlossenen Augen zurück doch schaffe es nicht rechtzeitig in meine Armbeuge zu niesen. Als ich die Augen öffne spüre ich einen Schlag auf meinen Hinterkopf. "Aua...", ich blicke hoch und sehe Kacchan, der mich wütend anfunkelt. "Hey Drecks-Deku! Nies mich gefälligst nicht an! Tsk!","K-Kacchan! Oh E-Entschuldige bitte, d-das war keine Absicht!", ich schaue ihn flehend an und er läuft weiter zu seinem Platz. "Gesundheit", höre ich meine Mitschüler mir zusprechen und ich bedanke mich. Plötzlich  kommt ein ganz ungutes Gefühl in mir auf und ich fühle mich von der einen auf die andere Sekunde ganz platt und kaputt. Ich muss noch zweimal niesen und stehe schnell auf um mir im gemeinschaftlichen Badezimmer die Nase zu putzen. Ich schaue in den Spiegel und entdecke riesige Ringe unter meinen Augen. Das kommt davon wenn man so wenig schläft Deku. Das hast du jetzt davon. Ich spüre wie meine Nase beginnt zu laufen und putze sie mir erneut um diesen Schleim los zu werden. Als ich erneut in den Spiegel schaue sehe ich auch wie rot meine Wangen sind und wie blass mein restliches Gesicht ist. Ich spüre wie mich auf einmal meine Kraft verlässt und meine Beine beginnen zu zittern. Sie knicken weg. Und dann falle ich in einen tiefen Abgrund und alles ist schwarz.

Todobakudeku (Pausiert)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt