Kapitel 3

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Der Tunnel, durch den wir liefen, war schon sehr alt. Madame Evilian sagte uns immer, dass ihn ihre Urururahnen erbaut hätten. Ihre Familie hatte damals anscheinend auch schon ein paar Assassinen ausgebildet. Doch sie meinte immer, dass sie die Beste von allen war. Leider hatte ihre Ausbildung auch deshalb ihren Preis. Doch, wenn ich weiter so schuftete, würde ich es schaffen, in einem Jahre endlich frei zu sein. Ich hatte mir vorgenommen, dass ich dann das Schloss aus meiner Kindheit wieder sehen würde. Ich wollte sehen, was aus meiner Heimat geworden war. Doch zu aller erst musste ich meine Schulden zurückzahlen und das so schnell wie möglich. Ich merkte, dass John vor mir stoppte, weswegen ich auch stehen blieb. Vor uns war eine Tür aufgetaucht. Unser Eingang zum Versteck. Nur die Wenigsten hatten einen Schlüssel zu ihr. John und ich waren welche von ihnen. Da John ihr Liebling war, hatte er natürlich einen. Ich hatte nur einen bekommen, da ich eigentlich so gut wie immer mit John unterwegs war.

Ächzend schloss John sie auf und wir stürzten regelrecht hinzu. Meine Schulter pochte mittlerweile immer schmerzhafter und ein Schimmern war auf dem schwarzen Stoff zu erkennen. Mein ganzer Ärmel tränkte sich langsam mit meinem Blut. Wir mussten uns unbedingt verarzten lassen! Auch John war ganz blass im Gesicht geworden und er sah aus, als würde er gleich zusammen brechen. Schnaubend packte ich ihn am Arm und zog ihn mit mir vorbei an den vielen Menschen, die sich um uns herumtummelten und uns neugierig musterten, entlang zum Krankenraum. Al wir dort ankamen rief ich sofort nach Thomas. Er war einer der erfahrensten Ärzte, die wir zu bieten hatten. Eilig kam er auf mich zuglaufen. „Was ist denn euch passiert?", fragte er ernst, aber ich konnte einen besorgten Unterton heraushören.  

„Er war unfähig seinen Auftrag durchzuführen. Sie haben ihn erwischt. Schau dir bitte seinen Arm an.", murrte ich genervt. Ich drehte mich um und lief auf einen der Schränke zu. Ich wusste, dass sich dort Verbände und etwas zum Desinfizieren befanden. Ruhig nahm ich mir die Sachen raus und setze mich auf eines der weißen Betten. Während Thomas sich mit einer seiner Gehilfinnen um John kümmerte, zog ich mir meinen Mantel und mein zerrissenes Hemd aus. Nun saß ich halb nackt auf dem Bett und schaute mir meine Wunde genauer an. Zum Glück hatte mich der Pfeil nur gestreift. Vielleicht würde es keine Narbe geben.  Da die Wunde mittlerweile  einigermaßen aufgehört hatte zu bluten, nahm ich mir etwas Stoff mit der desinfizierenden Flüssigkeit und tupfte vorsichtig darüber.  

Ich verzog meine Miene nicht einmal mehr, da ich den Schmerz schon lange gewohnt war und er ein durchgehender Begleiter von mir war.  Nachdem ich sicher war, dass es reichte, nahm ich mir den Verband und fing an, ihn geschickt um meinen Arm zu wickeln. Als ich fertig war, ging ich zurück zu John. Anscheinend war Thomas gerade fertig geworden, denn er räumte all seine Utensilien sauber auf die Seite. „Und?", fragte ich desinteressiert. „Er wird wieder in Ordnung. Es ist nicht so schlimm, wie es aussah.", sagte er. Als er endlich zu mir sah, konnte ich seinem tadelnden Blick nicht entkommen. 

„Ich dachte, wir hatten das schon geregelt.", murrte er etwas enttäuscht. Er hatte mich schon oft ermahnt, dass ich zu ihm kommen sollte, wenn ich eine Verletzung hatte. Natürlich hatte ich nicht darauf gehört. Er wusste, dass ich es nicht mochte, wenn man mich berührte. Mir lief ein kalter Schauer über den Rücken, wenn ich daran dachte. Auch wenn die Narben auf meinem Rücken schon längst verheilt waren, taten sie immer noch weh. Am Anfang war ich zu Thomas gegangen und hatte mit ihm darüber geredet. Er hat mir die verschiedensten Salben und Medikamente gegeben, doch es wurde einfach nicht besser. Irgendwann war es mir dann einfach zu dumm geworden und ich hatte ihm gesagt, dass es weg gegangen war. Natürlich war das sowas von gelogen.

„Mir geht es super. Mach dir keine Sorgen. Kann ich ihn schon mitnehmen.", fragte ich schmunzelnd und deutete mit einem Finger hinter mich, wo sich wahrscheinlich John befand. „Klar. Aber reiß ihm nicht den Kopf ab... Sonst war meine Arbeit umsonst.", erwiderte er schmunzelnd und drehte sich wieder seinem Werkzeug zu. Ich musterte noch kurz seine Rückseite, bevor ich mich umdrehte. "John, komm!", sagte ich streng. Ich ging einfach an ihm vorbei, doch er kam mir schnell hinterher. "Wo willst du denn hin?", wollte er genervt wissen. "Wir haben eine Verabredung mit Madame Evilian.", wie sich monoton darauf hin. Neugierig musterte ich ihn von der Seite und konnte sehen, wie sein Gesicht nochmal um einige Nuancen blasser wurde. Auch wenn er ihr Liebling war, hatte er Angst sie zu enttäuschen.  John war schon viel länger als ich in dieser Branche tätig. Er war mit zarten fünf Jahren  hierhergekommen und Madame Evilian hatte ihn mit offenen Armen aufgenommen. Mittlerweile war er einundzwanzig Jahre alt. Seine blonden Haare hingen ihm ins Gesicht und verdeckten teilweise seine braunen Augen. Er war stattlich gebaut, weshalb er bei uns viele Verehrerinnen hatte, doch ich war keinesfalls eine von ihnen. Ich wusste wie arrogant er war...  

Herz aus Schatten und LichtWo Geschichten leben. Entdecke jetzt