Kapitel 7

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Der Tag war gekommen, an dem der Prinz ankommen würde. Schon früh am Morgen würde ich von den vielen Stimmen der Menschen geweckt, welche draußen auf den Straßen umherliefen und die letzten Sachen erledigten. Gähnend kämpfte ich mich aus meinem Bett und betrachtete mein müdes Spiegelbild... Es war wirklich an der Zeit, mir neue Klamotten anzuziehen. Außer meinem Anzug besaß ich noch ein schlichtes weißes Kleid, welches ich vom Unterschlupf mitgenommen hatte. 

Das Kleid war trotz seiner Schlichtheit sehr schön. Seine weiten Ärmel wurden mit kleinen Stickereien am Ende des Ärmels verziert und ein Gürtel betonte gekonnt meine dünne Taille. Seufzend kämmte ich meine braunen Haare, bis sie mir locker auf die Schultern fielen. Zufrieden betrachtete ich mein Werk. Nun sah ich wenigstens präsentierbar aus! Ich überlegte, was ich noch die nächsten Stunden machen konnte, jedoch gab mir mein Magen keine Bedenkzeit, denn er knurrte hungrig auf. Schnell schnappte ich mir meinen Geldbeutel, welchen ich an dem kleinen Gürtel befestigte. 

Die Schenke der Herberge war sehr überfüllt, doch ich benötigte unbedingt etwas zu Essen, weshalb ich mich an einem Tisch in einer Ecke niederließ. Normalerweise war es zu so früher Stunde noch nicht so voll, doch die Ankunft des Prinzen schien jeden aus ihren Häusern zu treiben. Männer saßen an den Tischen und prosteten sich zu. Die Frauen, welche nicht mit den letzten Vorbereitungen beschäftigt waren, tratschten über den Prinzen und die Chance, von ihm als Verlobte ausgesucht zu werden. Ich hingegen interessierte mich wirklich für das Glück des Prinzen, vielmehr war ich in der Politik des Landes interessiert. Wegen meiner Wissbegierde hatte mich mein Vater oft getadelt und meine Mutter war deshalb gänzlich unzufrieden mit mir, doch ich konnte nur schwer verbergen, wie fasziniert ich von der Kriegsführung war. Genervt wartete ich, bis ich endlich meine Bestellung abgeben konnte. 

Heute dauerte es wirklich unerträglich lange. Während ich auf mein Essen wartete, blickte ich mich im Raum um und musste feststellen, dass ich von vielen Männern mit anzüglichen Blicken gemustert wurde. Genervt verdrehte ich die Augen, da ich nicht bedacht hatte, dass ich mit einem Kleid viel eher auffallen würde. Erfreut lächelte ich auf, als einer der Kellner mit meinem Essen in der Hand auf mich zusteuerte. „Haben Sie die Tagessuppe bestellt?", wollte er freundlich wissen. Bejahend nickte ich und wartete nur darauf, endlich etwas essen zu können. Während ich einen Löffel nach dem Anderen in meinen Mund schob, bemerkte ich nicht, wie einer der jungen Männer, welche nicht weit von meinem Tisch saßen, zu mir kam. „Was macht denn eine so schöne Frau alleine?", wollte er mit charmantem Lächeln wissen. 

Ich musste zugeben, dass er mit seiner kräftigen Figur, den blauen Augen und den blonden Haaren gar nicht schlecht aussah, jedoch war ich noch nie auf solche Annäherungsversuche eingegangen. „Wie man sieht, versuche ich zu essen.", antwortete ich monoton. Er schien zu merken, dass ich kein Interesse zeigte, doch das interessierte ihn nicht, denn er redete einfach weiter, als hätte ich nichts gesagt. „Gehst du heute auch auf die Straße, um den Prinzen zu sehen?", fragte er neugierig. „Vielleicht. Aber ich glaube, dass es dich recht wenig angeht.", erwiderte ich mit zuckersüßem Lächeln. Natürlich überhörte er die Abfuhr und bemerkte nur mein Lächeln. „Ich hoffe, dass wir uns vielleicht morgen auf dem Fest sehen. Da meine Familie hier sehr einflussreich ist, hat uns der Graf zum Fest in sein Schloss geladen.", erzählter er mir stolz und mit geschwollener Brust. „Natürlich, mein Herr.", sagte ich ironisch und nahm ein paar Münzen aus meinem Beutel, welche ich dann auf den Tisch legte. 

Zwar rief mir der junge Mann etwas hinterher, doch ich ignorierte ihn gekonnt. Während die anderen Bewohner sehnlichst auf die Ankunft des Prinzen, besuchte ich noch einmal Anna, welche schon am Eingang ihres Geschäfts auf mich wartete. „Guten Morgen!", begrüßte ich sie lächelnd, was sie kurz darauf erwiderte. „Dein Kleid sollte bis heute Abend fertig sein.", erzählte sie, während wir uns auf ein paar Bänken niederließen, um uns ein wenig zu unterhalten. „Das ist schön, dann würde ich es gleich abholen kommen, sobald du fertig bist.", erwiderte ich erfreut. „Natürlich, aber zuerst einmal, müssen wir den Prinzen willkommen heißen!", sagte sie gespielt euphorisch. Schon oft hatte sie mir erzählt, wie wenig sie solche Ereignisse interessierten, weshalb sie auch dieses Mal nicht wirklich erfreut über das Kommen des Prinzen war. 

Eine Stunde lang unterhielten wir uns, bis eine Fanfare ertönte und somit die Ankunft der Eskorte des Prinzen ankündigte. Eilig liefen die Menschen auf die Straße, um dem Prinzen nahe zu sein. Auch ich gesellte mich zu ihnen, doch hielt ich mich eher im Hintergrund. Viele Wachen begleiteten den Prinzen, welcher ganz vorne ritt. Kilian hatte sich seit unserem letzten Treffen sehr verändert. Damals war er noch recht schmächtig gewesen, jedoch schien er in den letzten Jahren an Muskeln zugelegt zu haben. Auch sein Gesicht war markanter geworden, was ihn sehr attraktiv wirken ließ. Er hatte außer seiner Haarfarbe und der Augenfarbe mit seinem früheren Ich nicht mehr viel gemeinsam. Mit großem Lächeln ritt er durch die Straße und nickte immer mal wieder der Menge zu. Schmunzelnd lehnte ich mich gegen die Wand und beobachtete den Prinzen, welcher ganz in seinem Element zu sein schien. Er war nun wahrlich zu einem Prinzen geworden.... 

Ich wollte mich gerade abwenden, als sein Blick über mich streifte. Zuerst geschah nichts, bis er seinen Blick ruckartig wieder zu mir richtete. Erschrocken riss ich die Augen auf, als ich sah, wie seine Lippen ungläubig meinen Namen formten. Kilian hatte mich erkannt!

Herz aus Schatten und LichtWo Geschichten leben. Entdecke jetzt