Prolog

2.1K 53 18
                                    

TW: Dieses Kapitel enthält Gewalt 

Vier Monate zuvor 

"Du bist so eine verdammte Enttäuschung!" Ihre aufgebrachten Worte hallten noch einmal in meinem wie leergefegten Kopf wieder. Ich kniff schmerzlich meine Augen zusammen, um die kleinen sich aufstauenden Tränen zu unterdrücken, während sich meine Mutter bedrohlich vor mir aufbaute. "Mom, bitte... Lass- Lass uns darüber reden." Meine Worte waren eher ein Wispern, ein leises Wimmern. 

Ich presste mich mit meinem Rücken so fest ich konnte gegen die Wand hinter mir. "Ich hätte dich niemals bekommen dürfen!" Der Geruch von Alkohol stieg mir in die Nase, als sie sich mir näherte. Im seichten Licht, das der Mond durch das Wandfenster in die offene Küche leuchtete, konnte ich den benebelten Blick der wutentbrannten Frau vor mir erkennen. Sie hatte nichts mehr mit der Mutter zu tun, die ich vor Dads Tod vor zehn Jahren noch hatte. "Schau mich nicht so an, wie ein verletztes Reh! Du hast viel Schlimmeres verdient, als das was du derzeit bekommst!"

"Lillian, bitte..." wisperte ich, während ich panisch nach Luft rang. "Wie hast du mich gerade genannt?!" donnerte meine Mutter und wischte in ihrer Rage ein Glas von der weißen Küchentheke auf die frisch geputzt glänzenden Fliesen der Küche. Den ganzen Nachmittag war ich durch die Wohnung getigert und hatte alles gewischt um Lillian, meine Mutter, nicht wütend zu machen. 

"Mom, es- es tut mir leid. Ich- Ich wollte dich nicht so nennen!" Das Glas zersprang mit einem lauten Klirren in tausend Teile. Über die ganzen weißen Fliesen verteilt glänzten kleine Scherben und brachen das Mondlicht. "Schäm dich, du kleines Miststück!" Ihre blauen Augen waren wutentbrannt aufgerissen. 

Ich schnappte erschrocken nach Luft, während meine Mutter in einer etwas strauchelnden Bewegung einen der Teller, welcher in unserer Spüle lag, ergriff. Ich presste meinen Rücken noch fester gegen die Wand. Unsere Küche war klein, genauso wie der Rest unser heruntergekommenen Wohnung, sodass ich keinen Ausweg von ihr hatte. Ihre Wut nahm den ganzen Raum ein und drängte mich in eine Ecke. 

"Du willst mich also nicht mehr Mom nennen?!" schrie sie und hob die Hand, in welcher sie den Teller nun fest umschlossen hielt, gefährlich über ihre Schulter. "Wer sorgt denn für dich, du kleines undankbares Miststück?!" Ihre Stimme war nun so laut, dass ich Sorge hatte, die Nachbarn, oder noch schlimmer sogar mein Stiefvater würde es hören. "Ich sorge für dich!" 

Innerlich musste ich auflachen. Sie sorgte für mich? Das einzige was sie tat, war trinken. Vielleicht arbeitete sie, doch all das Geld, das sie verdiente, gab sie für Alkohol aus. Es war ein unausgesprochenes Geheimnis, dass meine Mutter eine Prostituierte war und auch so ihr Geld machte. Leroy, ihr ach so geliebter Ehemann, arbeitete gar nicht. Er lag nur den ganzen Tag betrunken auf der Couch und schlief. Und wenn er das mal nicht tat, machte er mich gerne zu seiner persönlichen Haushaltskraft. Ich war nämlich die einzige in diesem heruntergekommenem Haushalt, die wirklich etwas tat. Ich arbeitete neben der Schule als Kellnerin und schmiss den ganzen Haushalt. 

"Ich weiß, Mom..." Ich senkte panisch meinen Blick. Ich wusste nicht genau, was sie mit diesem Teller vor hatte, doch mir war bewusst, dass es nichts gutes sein konnte. "Du weißt gar nichts, du verdammte Schlampe!" 

Und bevor ich antworten konnte, prallte der weiße Teller mit einer solchen Wucht gegen meinen Kopf, dass mir für einige Sekunden schwindlig wurde. Ich fühlte, wie eine warme Flüssigkeit meinen Hinterkopf hinunter rann und ein scharfer Schmerz durchzuckte meinen ganzen Körper. Ich rutschte kraftlos an der Wand hinunter und kauerte mich zusammen. 

Anscheinend hatte Lillian noch einen Teller ergriffen, denn wieder klirrte es und hunderte kleine Teile flogen durch die Luft. Ich keuchte schmerzlich auf, als ein Splitter nun genau in mein Gesicht flog. Blut lief aus dem Schnitt auf meiner Wange und wieder fühlte ich nur Schmerz. 

A Flicker of HopeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt