Etwas mühselig schleifte ich meinen schwarzen Koffer hinter mir her. Ein komisches Gefühl lag schwer in meinen Magen und ich war mir nicht ganz sicher, ob es Vorfreude oder Angst war, vor dem was nun kommen würde. Eineinhalb Wochen waren vergangen, seit die Hendersons mich gefragt hatten, ob ich zu ihnen ziehen wollen würde und seitdem war ich durchgehend nervös.
Es konnte vielleicht daran liegen, dass es nun ein neues Kapitel in meinem Leben sein könnte, doch unterschwellig war mir bewusst, dass ich Angst hatte, dass Eleanor und Ryan vielleicht so sein könnten, wie meine Mom.
Der Gedanke nun bei einer neuen, mir eigentlich komplett unbekannten Familie zu leben war für mich angsteinflößend, auch, wenn mir bewusst war, dass sie wirklich nett schienen und sie vorerst nur eine Pflegefamilie für mich sein würden. Trotzdem war ich vorsichtig.
"Hallo, Alea!" Eleanor eilte auf mich zu, während ich versuchte, meinen Koffer die Treppe des Eingangs herunter zu hieven. Ich erschrak ein wenig, doch fasste mich sofort wieder. "Hallo." sagte ich schüchtern und lächelte leicht. "Lass mich dir das abnehmen." meinte Eleanor freundlich, als sie bei angekommen war und versuchte mir den Koffer abzunehmen. Erst jetzt bemerkte ich, dass meine Hände ein wenig zitterten.
"Oh, das ist nicht nötig, Eleanor." Meine Stimme war auch unsicher. Es war für mich ungewohnt, dass mir jemand irgendwelche Arbeit abnehmen wollte. "Ach was, Alea, gib mir den Koffer, dann bringe ich ihn schonmal zum Auto." Sie lächelte mir freundlich zu und langsam ließ ich den Henkel des Koffers los.
"Ist das alles?" fragte nun Ryan, der neben seiner Frau aufgetaucht war. "An Klamotten ja. Meine Gitarre, mein Rucksack und eine Tasche mit Büchern ist noch oben, aber sonst..." sagte ich, doch ruderte sofort noch nach. "Wir müssen die Sachen natürlich nicht mitnehmen, wenn es euch zu viel ist." Doch Ryan tat das mit einer schnellen Handbewegung ab. "Ach was, komm machen wir es so. Du und Eleanor holt noch die restlichen Sachen und ich bringe solange deinen Koffer ins Auto."
Eleanor nickte zustimmend und gab ihrem Mann einen Kuss auf die Wange, während er ihr den Koffer abnahm. Etwas perplex sah ich die beiden an. Ich war es nicht gewohnt, so viel Harmonie zwischen zwei Menschen zu sehen.
Freundlich lächelte Eleanor mir zu, welche heute ihre braunen Wellen zu einem Dutt nach oben gesteckt hatte. Sie lief auf mich zu und sagte dann: "Geh du vor. Ich kenne mich hier nicht aus." Zustimmend nickte ich und lief wieder auf den Eingang des Heimes zu.
"Ist das dein Zimmer?" Nun waren Eleanor und ich an meiner Zimmertür angekommen. Ich nickte. Sie sah mir aufmerksam dabei zu, wie ich die Tür öffnete und langsam eintrat. "Darf ich hereinkommen?" fragte sie dann. Etwas perplex sah ich sie an. Meiner Mutter wäre es nie im Leben eingefallen, meine Privatsphäre zu respektieren. Doch sofort verwarf ich diesen Gedanken. Eleanor mit meiner Mutter zu vergleichen war unangebracht.
"Ja, natürlich." Daraufhin trat Eleanor in mein Zimmer ein und blickte sich um. Der Raum hatte ein Fenster. An einer Wand stand ein kleines Einzelbett und gegenüber von diesem stand ein Bücherregal, in welchem immer noch einige Bücher standen, welche ich schmerzlicher weise hierlassen würde. Eine kleine Kommode war das letzte Möbelstück, welches noch in den Raum passte. In mitten des Raumes lag Dads alte Gitarre, mein Rucksack und eine Tasche.
"Dieses Zimmer ist ja wirklich klein." Eleanor hatte ihre Augenbrauen nach oben gezogen. Ich sah zu ihr hinüber. Für mich war dieses Zimmer riesig gewesen, als ich das erste mal hier her gekommen war. Bei meiner Mutter hatte ich in einem Zimmer geschlafen, welches einer Abstellkammer Konkurrenz gemacht hätte. "Ach was, das ist mehr als genug für mich." sagte ich sanft und lächelte leicht.
Eleanor schüttelte den Kopf. "Glaub nicht, dass dein Zimmer bei uns auch so klein ist." sagte sie und setzte sich in Bewegung, um die Sachen in mitten des Raumes aufzuheben. "Ich habe ein Zimmer bei euch?" fragte ich perplex und fühlte mich sofort ein wenig dämlich. Natürlich hatten sie ein Zimmer für mich, ich musste ja irgendwo schlafen. Doch der Fakt, dass es größer, als dieses hier war, schüchterte mich ein. Ich hatte mich noch nicht damit befasst, wie das Haus der Hendersons denn aussah oder wie groß es war.
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A Flicker of Hope
Romance"Hab keine Angst." Seine starken Arme legten sich um meinen Körper und hielten ihn fest, als wäre er etwas besonderes. Etwas, das er beschützen müsste. - Fünfzehn Jahre lebte Alea bei ihrer gewalttätigen Mutter und deren cholerischen Ehemann, bis...