Eine Woche darauf
Angespannt rutschte ich auf dem Stuhl unter meinen Beinen herum. Unschlüssig schob ich das Rührei, das vor mir auf dem Teller lag, von links nach rechts. Durch die sich aufstauende Nervosität, die schwer in meinem Magen lag, war mir der Hunger vollkommen vergangen.
"Alea, Schatz, iss doch bitte etwas. Du kannst nicht hungrig in die Schule gehen." Eleanors fürsorgliche Worte ließen meine kleine Blase aus Nervosität und Selbstmitleid platzen und holten mich zurück in die Gegenwart. "Ich kann irgendwie nicht essen..." murmelte ich und zog die Nase ein bisschen kraus.
Ryan, der mir gegenüber saß und Zeitung las, sah kurz mit einem nachsichtigen Lächeln über den Rand dieser und sagte: "Du bist nervös, das kann ich verstehen, Alea. Neue Schule, neue Leute, das ist beängstigend."
Ich nickte zustimmend, doch verschwieg den beiden Erwachsenen vor mir, dass das hier alles überaus mehr als beängstigend war. Ich hasste neue Umgebungen und neue Menschen. Ich wusste jetzt schon, dass Gerüchte mich verfolgen würden. Gerüchte über meine Vergangenheit, über meine Person, über alles was mich umgab. Das Munkeln lag in der Natur des Menschen.
Langsam nahm ich einen Schluck des Wassers, das vor mir auf dem Tisch stand, und lauschte still dem Gespräch, das Ryan und Eleanor führten. Es war gerade einmal viertel nach sieben, weswegen Jace, der mich heute mit zu seiner und nun auch meiner neuen Schule nahm, noch oben im Bad war.
Einige weitere Minuten vergingen, während ich still am Esstisch saß und versuchte mich auf die positiven Aspekte des Tages zu konzentrieren. Dieser Tag würde nicht komplett schlecht, redete ich mir wiederholt ein.
Jace hatte gestern mit mir gesprochen und meinte, dass die Jungs, also Will, Matt und Ace vorgeschlagen hatten, mich heute, da es Montag war, wieder mit zu ihrem Footballtraining zu nehmen. Jace brauchte ein bisschen, doch schlussendlich ließ ich mich nach ein wenig gutem Zureden dazu überreden, nach der Schule noch mit zu ihrem Training zu kommen.
Es war ein angenehmer Gedanke heute nach der Schule also etwas zu tun zu haben und nicht mit meinen Gedanken alleine zu sein.
"Ah, guten Morgen, Jace!" flötete Eleanor und riss mich somit aus meinen Gedanken. Anscheinend war dieser gerade die Treppe hinunter in das Wohnzimmer gekommen. Ich drehte mich langsam um.
"Morgen." grunzte der ein wenig verschlafene Jace, dessen nasse Haare ein wenig wirr von seinem Kopf abstanden, was ihn noch müder wirken ließ, als er es eh schon tat. Ich schmunzelte innerlich fast. Er trug ein schwarzes Shirt und beige Cargo-Shorts.
"Morgen, Alea." murmelte er nun mir zugewandt. Ich erwiderte seine Begrüßung freundlich, aber schüchtern und erntete dafür ein müdes Lächeln seinerseits. "Lass mich nur kurz noch etwas essen und einen Kaffee trinken, dann bin ich ready to go!" Er versuchte enthusiastisch zu klingen, was mich leicht zum Lächeln brachte.
Eine gute viertel Stunde später schmiss Jace seine Tasse und seine Schüssel gerade zu in die Spüle. "Jace!" empörte sich seine Mutter. "Mein schönes Geschirr!" Er lächelte entschuldigend, während er jedoch schon in Richtung Tür lief.
Auch ich erhob mich nun und folgte Jace. "Tschau, Eleanor. Tschau, Ryan." verabschiedete ich mich sanft bei den beiden Erwachsenen. Ryan nickte mir lächelnd zu, "Tschüss, Alea! Hab einen tollen ersten Schultag und, wenn du irgendetwas brauchst, scheu dich ja nicht uns anzurufen." rief mir Eleanor aus der Küche heraus zu. "Das Geld für dein Mittagessen haben wir dir schon in deine Schultasche gepackt."
Ich war sehr verwundert, dass Eleanor überhaupt daran gedachte hatte, mir Geld für Essen zu geben. Ich bedankte mich mit einem leichten Lächeln und zog mir währenddessen schon meine Sneaker an, die ich vor einigen Tagen von Eleanor zum Schulstart geschenkt bekommen hatte. Sanfte Tränen waren mir über die Wangen gelaufen, als ich die weißen High-Converse auf meinem Bett entdeckt hatte. Ich hatte seit Jahren keine Schuhe mehr, geschweige denn irgendetwas, geschenkt bekommen.
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A Flicker of Hope
Romance"Hab keine Angst." Seine starken Arme legten sich um meinen Körper und hielten ihn fest, als wäre er etwas besonderes. Etwas, das er beschützen müsste. - Fünfzehn Jahre lebte Alea bei ihrer gewalttätigen Mutter und deren cholerischen Ehemann, bis...