Minho PoV
Nach dem Essen gingen wir wieder in Jisung's Zimmer und nun hatte ich zum ersten Mal die Gelegenheit, mir sein Zimmer gründlich anzusehen. Als wir es heute das erste Mal betreten hatten, war das einzige, was mich wirklich interessiert hatte, sein Bett gewesen und als ich es das erste Mal betreten hatte, war es der weinende Junge mit der Schere in der Hand gewesen.
Ich sah mir die wenigen Bilder in seinem Zimmer an und stolperte dabei über eines seiner alten Klassenfotos, das ich vorsichtig in die Hand nahm.
"Was hast du denn da, Babe?", fragte Jisung und umarmte mich von hinten.
"Eins deiner Klassenbilder...", meinte ich leise, als ich noch ein weiteres sehr bekanntes Gesicht erkannte, das nicht weit entfernt von dem meines Freundes war.
"Das ist doch schon drei Jahre alt.", kicherte er. "Stell es einfach wieder zurück, ja? Kein Grund sentimental zu werden."
"Jisung... Wer... Wer ist das...?", ignorierte ich seinen Versuch, es mir aus der Hand zu nehmen, und zeigte auf die Lehrerin.
"Wer? Oh achso. Meine alte Englischlehrerin, Mrs. Lee. Ich hatte sie zwei Jahre lang im Unterricht, bevor ich die Schule gewechselt habe. Sie war eine tolle Lehrerin. Ich konnte immer zu ihr, wenn ich Probleme hatte und sie hat versucht mir damit zu helfen und mich aufzuheitern. Sie hat mir damals sehr geholfen, deshalb habe ich das Bild auch noch. Die anderen habe ich alle weggeschmissen. Ich will gar nicht wissen, wie viele Überstunden sie wegen mir gemacht haben muss. Sie ist oft nach der Schule noch mit mir da geblieben, wenn ich mit ihr reden wollte und sie hat mir auch geholfen, als ich Probleme damit hatte, mir über meine Sexualität klar zu werden. Sie hat mir auch oft von ihrem Sohn erzählt, weil sie meinte, wir würden uns sicher gut verstehen. Außerdem war er auch-...
Oh Minho..."Er hörte, wie ich leise anfing zu schniefen, auch wenn ich nicht weinen wollte, und drehte mich zu sich, sodass er meinen Kopf sanft in seine Halsbeuge drücken konnte.
"Lass es raus, Min... Lass es alles raus. Das tut dir sicher gut... Manchmal muss man einfach alles raus heulen, hörst du?"
Nun konnte ich die Tränen nicht mehr zurück halten und weinte mich bei ihm aus, während er mir liebevoll durch die Haare fuhr.
"Sie hat dich sehr geliebt, Minho... Das weiß ich. Sie hat immer gelächelt, wenn sie mir von dir erzählt hat und ich hab immer nur gedacht 'Wow... Sie muss einen tollen Sohn haben, wenn er sie so glücklich macht.' und den hat sie. Ich glaube, sie wäre sehr, sehr stolz auf dich."
"Jetzt hör auf, mich noch mehr zum Heulen zu bringen, Han Jisung.", schniefte ich und sah ihn aus nassen Augen an. Er legte seine Hände an meine Wangen und strich mir vorsichtig die Tränen weg. Dann hauchte er mir einen Kuss auf die Lippen.
"Agh... Fuck...", murmelte ich leise und versuchte meine Tränen zu stoppen, was mir auch halbwegs gelang.
"Du kannst bei mir so viel weinen, wie du willst. Ich hoffe, das weißt du.", meinte er und ein kleines Lächeln schlich sich auf seine Lippen, als er mir mit einer Hand eine Strähne aus dem Gesicht strich und sie dann zurück an meine Wange legte. Jisung war mein Safe place. Und er wollte, dass ich das wusste.
"Ich liebe dich, Jisung.", meinte ich leise und legte eine meiner Hände auf seine.
"Ich liebe dich auch, Minho.", flüsterte er schon fast und ich lehnte meine Stirn an seine.
"Kann ich dir erzählen, was mit ihnen passiert ist...? Ich hab da nie wirklich drüber gesprochen..."
"Natürlich. Du kannst mir immer alles erzählen, was du mir erzählen möchtest. Dafür bin ich doch da."
Wir legten uns ins Bett und er machte es sich in meinen Arm bequem, während ich begann zu erzählen.
"Es war vor drei Jahren. Ich war an dem Tag bei Changbin. Wir haben den Nachmittag bei ihm verbracht so wie sonst auch. Er war schon damals mein bester Freund und daran hat sich auch nie etwas geändert, wie du ja weißt. Als ich nach Hause kam, war von unserem Haus nicht mehr viel übrig... Irgendein Problem mit der Elektronik hat unser ganzes Haus in Flammen gesetzt und sie sind da nicht mehr rausgekommen... Nicht lebendig. Sie haben ihre Leichen vor meinen Augen rausgetragen. Mit Brandwunden überall...
Vermutlich hätten sie mich noch versucht davon abzulenken, was passierte, aber sie haben mich erst wirklich wahrgenommen, als ich schon im Schockzustand war.
Seitdem halte ich mich lieber von allen größeren Feuern oder allem, was nach Rauch riecht, fern. Es bringt nur schlechte Erinnerungen hoch an das, was ich verloren habe. Es klingt so bescheuert, weil Changbin und Hayoon noch bei mir sind, aber ich hatte immer das Gefühl, es hätte mir jemand alles genommen, was ich hatte. In meinen Augen hatte ich nichts mehr übrig.""Und deshalb bin ich jetzt da. Damit du weißt, dass du immer jemanden haben wirst.", antwortete er. Er hatte mir genauestens zugehört und er hatte verstanden, was ich ihm damit sagen wollte.
"Ich war, ich bin und ich werde immer deins sein, Minho. Wenn die ganze Welt dich zurück lässt, bin ich immer noch da, um deine Hand zu halten und mit dir gemeinsam den Rest der Welt zu verfluchen.", fügte er noch hinzu und griff nach meiner Hand, um unsere Finger miteinander zu verschränken. "Solange wir uns lieben, wirst du nicht alleine sein."
____________________________________
![](https://img.wattpad.com/cover/257334347-288-k325685.jpg)
DU LIEST GERADE
Nothing Left || Minsung
Fanfiction[I don't want to have everything. I want him to have nothing.] Han Jisung hatte alles, was Lee Minho sich jemals wünschen konnte. Doch würde er nie verstehen, wie sehr Minho das Leben des anderen zugleich begehrte und verfluchte. Start: 210203 Ende...