1 Kapitel
Als sie aufwachte, wusste sie zuerst gar nicht, wo sie sich befand. Das Zimmer kam ihr nicht bekannt vor und auch die Möbelstücke, die sie aufgrund des dämmrigen Lichts kaum erkennen konnte, hatte sie noch nie gesehen. Nicht, dass das gerade so viele wären. Bis auf das Bett, auf dem sie lag, befand sich nicht viel in dem Raum. Nur ein Sessel und ein kleiner Schrank. Die großen Fenster, die wohl eindeutig abgedunkelt worden waren, ließen kaum Licht in den Raum. Das fand sie einerseits entspannend, andererseits wusste sie deshalb auch nicht, ob es gerade Tag oder Nacht war. Und das verwirrte sie etwas. Natürlich war sie es gewohnt, dass viele Räume tagsüber abgedunkelt waren und man sich somit nie sicher war, welche Tageszeit gerade herrschte, aber sie mochte das noch nie. Denn somit konnte sie sich nie auf ihre Instinkte verlassen und das gefiel ihr gar nicht. Im Gegensatz zu manch anderen schätzte sie ihre innere Uhr und ihr Bauchgefühl. Ihr Körper wusste viele Dinge besser als sie und das musste sie akzeptieren. Diese Dämmrigkeit in dem Raum machte sie etwas nervös. Nichts, was sie nicht ausblenden könnte, aber sie fühlte sich deswegen unwohl. In ihrem Zimmer aktivierte sie die mechanische Verdunkelung nie. Sie wollte am Morgen ungefähr wissen, wie spät es ist. Und natürlich mochte sie den Ausblick. Ihr war klar, dass die meisten anderen Menschen es genossen, die Zimmer verdunkeln zu können. Ansonsten hätte sich ja auch niemand die Mühe gemacht, die abdingbaren Fenster zu entwickeln und zu vermarkten. Es war die Norm, aber nicht ihr persönlicher Geschmack. Sie versuchte sich zu erinnern, wie sie hierhergekommen war, konnte sich aber im ersten Moment keinen Reim darauf machen. Ihr Kopf war noch nicht wach genug, um sich an die vergangenen Stunden, Tage oder was auch immer zu erinnern. Also beschloss sie, ihm noch etwas Zeit zu geben, schloss entspannt die Augen und atmete ein paar Mal tief durch. Als sie die Augen wieder öffnete, fühlte sie sich schon gleich besser. Sie versuchte sich erneut zu erinnern, doch wünschte sich schon im nächsten Moment, dies nicht getan zu haben. Die Bilder, die sofort in ihrem Kopf auftauchten, waren schrecklich. Sie erinnerte sich an ihre Mutter, die sie in dieses gefährliche „Auto" gezerrt hatte. An den verbissenen Gesichtsausdruck der Frau, die sie großgezogen hatte und die wohl noch nie wirklich mit so etwas gefahren war und versucht hatte, sich ihre Unsicherheit nicht anmerken zu lassen. Sie hatte es trotzdem gesehen und das hatte ihr Angst gemacht. Sie konnte sich auch an ihren Vater erinnern, der seiner Frau eine Hand auf die Schulter gelegt hatte, wahrscheinlich, um sie zu beruhigen. Dann der Crash. Ihre Mutter hatte die Kontrolle über das Auto verloren und war in ein anderes Fahrzeug hineingekracht. Die nächste Erinnerung zeigte ihren Vater, dessen leere Augen sie direkt anstarrten. In diesem Moment war der Schock wohl zu groß gewesen um zu realisieren, dass sein Kopf bei dem Unfall um 180° gedreht wurde. Er musste sofort gestorben sein. Dieser Gedanke schreckte sie nicht so, wie er es eigentlich sollte. Es ist nicht so, dass sie ihre Eltern nicht lieben würde, aber sie hatte irgendwie nie einen engen Draht zu ihnen. Sie waren die meiste Zeit weg gewesen und wenn sie da waren, hatten sie...-nein, daran wollte sie jetzt nicht denken. Sie überlegte kurz und versuchte den Unfall vor ihren Augen zu rekonstruieren. Ihre Mutter hatte die Kontrolle über das Auto verloren und war seitlich in ein anderes Fahrzeug geknallt. Die Fahrerseite hatte das meiste abbekommen, da das Auto einen Schlenker nach links gefahren war. Deswegen ging sie davon aus, dass auch ihre Mutter den Crash nicht überlebt hatte, wenn es ihren Vater schon so schlimm getroffen hatte. Plötzlich kam ihr der nächste Gedanke, der auf einmal so vieles erklärte. Sie hatte den Unfall überlebt, aber sie war wohl verletzt gewesen und befand sich nun in einem Krankenhaus. Deswegen also das ungewohnte Bett und der abgedunkelte Raum. Sie hatte von Klassenkameraden gehört, dass die Zimmer in Krankenhäusern meist abgedunkelt waren, wenn die Patienten schliefen oder im Koma lagen. Das soll es Ihnen ermöglichen sich sozusagen „gesund zu schlafen" ohne dabei vom Tageslicht geweckt zu werden. Sie selbst war bis jetzt noch nie in einem Krankenhaus gewesen. Ihre Mutter hatte immer mit allen Mitteln versucht, sie von öffentlichen Gesundheitseinrichtungen fernzuhalten. Den Grund hatte sie nie genannt, aber das musste sie auch nicht. Ihre Mutter hielt es nie für nötig, ihrer Tochter ihre Entscheidungen und Ansichten zu erklären. Sie wurde darüber immer im Dunklen gelassen. Es war nicht so, dass sie sich nie verletzt hätte – denn das hatte sie oft -, aber ihr Mutter hatte immer einen Privatarzt angerufen, der sie dann versorgt hatte. Aber jetzt war sie eindeutig in einem Krankenhaus. Je mehr sie darüber nachdachte, desto überzeugter wurde sie von ihrer Schlussfolgerung. Sie wollte sich gerade aufsetzen, um sich einen besseren Überblick zu verschaffen, als die Türe aufging und drei Männer den Raum betraten. Zumindest ging sie davon aus, dass es Männer waren, denn die Statur wäre für Frauen wohl doch etwas zu groß und breit. Allerdings hatte sie von ihrer Position auch nicht die beste Sicht. Die drei stellten sich ein paar Meter von ihr entfernt zusammen und betrachteten hochinteressiert einen Bildschirm. Sie schienen nicht bemerkt zu haben, dass sie wach war, denn niemand schenkte ihr auch nur einen kurzen Blick. Sie wollte gerade etwas sagen, um die drei Ärzte, wie sie inzwischen vermutete, auf sich aufmerksam zu machen, als die Worte des ersten Arztes sie innehalten ließen. „Wir haben den Test noch einmal wiederholen lassen." Sie war sich ziemlich sicher, dass das der Mittlere der Ärzte war. Er sah den Arzt links von ihm an, während er sprach, weswegen sie davon ausging, dass das der Chef war oder zumindest das Sagen hatte. Mit dem Satz des Arztes konnte sie nicht wirklich etwas anfangen und er fiel ihr auch nicht besonders auf, obwohl es schon komisch war, dass sie einen Test wiederholten. Die technischen Geräte ihrer Zeit waren eigentlich gut genug, um jeden Zweifel an ihnen zu erübrigen. Aber was wusste sie schon. „Ich habe in der Zwischenzeit Einsicht in ihre Akte angefordert und es stimmt wirklich." Das war dann wohl der rechte Arzt. Er deutete auf eine bestimmte Stelle des Bildschirms. „Sie hat wirklich keine einzige aktivierte Xenox-Krankheit.", das war der Arzt, von dem sie ausging, dass er der Chef der beiden anderen war. Es war nur ein leises Flüstern und sie musste sich konzentrieren, um seine Worte zu verstehen, aber als sie es tat, konnte sie es nicht fassen. Die Xenox-Krankheiten wurden vererbt und es galt als quasi unmöglich, keine einzige zu haben. Jeder Mensch hatte mindestens eine dieser Krankheiten, manche mehrere und manche weniger, aber soweit sie wusste, gab es keinen einzigen Fall, bei dem keine Xenox-Krankheit diagnostiziert wurde. Bis auf ihren anscheinend. Sie hatte diese Vermutung natürlich schon länger, aber es war nur eine Vermutung gewesen. Und das, obwohl es kaum zu übersehen war. Aber ihre Mutter hatte ihr nie etwas erzählt. Ihre Vermutung basierte zum größten Teil auf dem Wissen aus der Schule. Man lernt dort alles über die Xenox-Krankheiten und die Color-Eigenschaften. Sie hatte nur eins und eins zusammengezählt. Kurz zusammengefasst waren die Xenox-Krankheiten zehn verschiedene, erblich bedingte Krankheiten, die sich auf dem 47. Chromosom befinden. Früher hatte es nur 46 Chromosomen im menschlichen Körper gegeben, aber durch einen Virus - Xenox-40 – wurden es 48. Das Problem war, dass sich auf dem 47. Chromosom zehn Krankheiten befanden, die das Potenzial hatten, einen umzubringen. Wie viele man davon vererbt bekommt, ist von den Eltern abhängig. „Es ist also wahr", flüsterte sie leise. Eigentlich hatte sie geplant, dem Gespräch noch weiter unbemerkt zu lauschen, aber diese Information hatte sie verwirrt. Die drei Ärzte drehten sich sofort leicht erschrocken zu ihr um. Sie lag noch immer auf dem Rücken in ihrem Bett und bewegt sich nicht. Da es ihr unangenehm war, sich im Liegen mit ihnen zu unterhalten, setzt sie sich auf und benutzte ihr Kissen als Rückenlehne. Sie war nicht einmal verwundert, dass ihr Körper ihr jetzt so einfach gehorchte, obwohl sie doch noch vor ein paar Minuten beim Aufwachen noch mehr Probleme damit gehabt hatte. Die drei Ärzte schienen sich in nach dem kurzen Schock wieder gefasst zu haben. Immerhin hatten sie geglaubt, sie würde noch schlafen. „Du wusstest nichts davon?", fragte schließlich einer von Ihnen. Es war der gleiche, der kurz davor von ihrer Akte geredet hatte. Sie schüttelte nur den Kopf. „Meine Mutter hat es mir nie erzählt. Ich habe es nur vermutet, wegen meinem Aussehen." Bei der Erwähnung ihrer Mutter wurden die drei plötzlich nervös und schienen sich nicht sicher, was sie jetzt tun sollten. Sie bemerkte das sofort und schenkte ihnen ein leichtes Lächeln. „Sie hat den Unfall nicht überlebt, oder?", fragte sie mit einer neutralen Stimme. Eines der Dinge, die ihre Mutter ihr beigebracht hatte. Eines der wenigen Dinge, von denen sie wirklich Gebrauch machte, weil es Sinn ergab, es zu nutzen. „Weder deine Mutter noch dein Vater den Unfall überlebt.", sagte der Chef schließlich. Sie nickte nur. Das hatte sie sich schließlich schon gedacht. Der Gedanke daran machte ihr noch immer Angst, aber sie kam damit klar. „Und wie ist das jetzt mit den Krankheiten? Habe ich wirklich keine einzige?" Einer der Ärzte nickte, während ein anderer ihre Frage bejahte. „Wir haben den Test sogar wiederholen lassen. Du hast keine einzige." Natürlich hatte sie es vermutet, dass es ihr nun aber bestätigt wurde, war etwas ganz anderes. Schließlich konnte sie sich bis jetzt nie sicher sein. Denn damit wäre sie die erste und einzige auf der Welt, die keine einzige der Krankheiten hatte. Und das würde sie nicht nur besonders machen, es machte sie einzigartig. „Und was heißt das jetzt?", fragte sie in den Raum. Sie war sich gar nicht sicher, ob sie darauf jetzt eine Antwort erwartete. „Die Wissenschaftler der Regierung wussten natürlich davon. Deshalb wurden die beiden reichsten und begehrtesten Junggesellen dir als Partner zugeteilt."
Beta: QuantenAnomalie
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World of Color - Leuchtende Tränen
RomanceSie lieben es, ihre außergewöhnliche Schönheit zu betrachten und sie liebt es, von ihnen betrachtet und wertgeschätzt zu werden. Als Asha bei einem Unfall beide Eltern verliert, lernt sie früher, als erwartet ihre beiden Partner kennen, die von der...