KAPITEL 13

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Alvaro

»Was, du meinst die Wohnung, die wir uns vor meinem Flug in die Schweiz besichtigt haben? Um Himmels Willen. Jeanette, die war viel zu klein. Ich brauch mindestens ein Zimmer mehr.« Alvaro schob seinen Koffer in sein WG-Zimmer, wo er aber nur heute schlafen würde, sein Handy hinters Ohr geklemmt. Gerade war er aus der Schweiz zurück gekommen, würde schon morgen weiter nach Ungarn fliegen. An diesem Nachmittag stand eine weitere Besichtigung an, aber eigentlich hatte er sich schon für eine Wohnung aus einer früheren Besichtigung entschieden. Am liebsten hätte Alvaro die Besichtigung abgesagt, um Wince noch zu sehen, bevor er nach Ungarn flog, doch Wince hatte nachmittags einen Therapietermin und die musste er unbedingt einhalten. Vermutlich würde Wince den Termin sofort verschieben, wenn Alvaro ihn anrief, aber das wollte Alvaro auf gar keinen Fall.

»Du hättest mir sagen können, dass du gleich mit Wince zusammenziehen willst«, grinste Jeanette, mit der Alvaro gerade telefonierte. »Dann hätt ich mich gleich nach einem Kuschelnest für euch umgesehen.«
»Nicht witzig, Jeanette«, stöhnte Alvaro. »Ich brauch ne Bude. Mein Bruder hat ne Freundin, und…«
»Und quasi Eigenbedarf für eure WG angemeldet?«, schmunzelte Jeanette. »Oh je, du Ärmster. Hast du denn schon eine Tendenz, haben ja letztens ein paar Wohnungen angeschaut.«
»Die erste«, sagte Alvaro prompt. »Die Lage war super, sie ist in Winces Nähe, die Größe…«
»Aber sie war dir zu teuer für die Größe«, erinnerte Jeanette ihn.
»Ja, aber… ach, ganz ehrlich, wir sind in Berlin, Jeanette«, meinte Alvaro. »Und dann ist mir wichtiger, in Winces Nähe zu sein, auch wenn ich dafür 50 Euro mehr Miete bezahle.«
»Ach ja, ihr zwei seid schon süß«, meinte Jeanette. »Was du alles für Wince tust, ich meine… jetzt ziehst du sogar nach Berlin für ihn.«
»Ich hab doch sowieso schon die meiste Zeit hier gewohnt, Jeanette«, meinte Alvaro. »Und was ich getan habe, hätte jeder andere auch getan. Und ich meine… ich liebe Wince, ich würde nie von ihm verlangen, nach Spanien zu ziehen, wo ich schon beinahe hier wohne.«

»Stimmt auch wieder. Sollen wir uns die erste Wohnung dann nochmal anschauen?«, fragte Jeanette.
»Ich rufe später erstmal den Vermieter an«, meinte Alvaro. »Der war ja schon nett bei der Besichtigung.«
»Klar ist er nett, wenn sich Alvaro Soler und Jeanette Biedermann seine Wohnung anschauen«, grinste Jeanette. »Aber du hast Recht, die Wohnung war wirklich gut. Und du musst nicht mehr allzu viel machen bis auf streichen. Meldest du dich?«
»Mache ich«, versprach Alvaro. »Tausend Dank dir, dass du dich so gekümmert hast.«
»Ach, ist doch klar, mein Lieber«, meinte Jeanette. »Grüß Winnie, wenn du mit ihm telefonierst. Ich bin sehr gespannt, was mit der Wohnung wird.«
»Ich auch«, verabschiedete Alvaro sich. »Ich melde mich. Bis dann.«
Stöhnend ließ er sich auf sein Bett fallen. Zuerst sagte er die Besichtigung für den Nachmittag ab und schrieb dem Vermieter der ersten Besichtigung, dessen Wohnung es ihm sofort angetan hatte, dass er sehr interessiert war. Und es war ein gutes Gefühl, diese Sache mit einer eigenen Wohnung bald hinter sich gebracht zu haben. Alvaro freute sich schon jetzt tierisch auf Wincents Gesicht, wenn er ihm erzählte, dass er nach Berlin ziehen wollte.

Seufzend sah Alvaro sich in seinem Zimmer um. Es war schon seltsam, dass es sich nach der Zeit in Barcelona, bei Wince zuhause und in Winces Wohnung ungewohnt anfühlte, in seinem WG-Zimmer zu sein. Er hatte sich schon viel zu sehr daran gewöhnt, mit Wince zusammen zu sein, und auch wenn das sicherlich etwas schnell gewesen wäre, hätte er sich durchaus vorstellen können mit Wincent zusammen zu wohnen. Es fühlte sich einfach perfekt an mit ihm, was Alvaro gleichermaßen überraschte. Er hatte niemals gedacht, dass er so schnell nach Sofia etwas so perfektes finden würde, aber es war so, und er hatte aufgegeben, zu hinterfragen, warum ihm das ausgerechnet mit jemandem wie Wince passiert war. Es war passiert, Alvaro genoss es, und er wollte nicht mehr hinterfragen.
Jetzt zählte doch nur, für Wince da zu sein und alles zu genießen.

Nur Ein Herzschlag entferntWo Geschichten leben. Entdecke jetzt