red stains

02| pretty dwarf

Ethan parkte und ich merkte wie alle Blicke auf uns lagen.
Ach, ich hasste diese Aufmerksamkeit. Das war so nervenberaubend, wenn alle auf einen schauten. Als würden sie deine Seele stehlen wollen. Als würden sie auf den geringsten Fehler warten, um dich dann blamieren zu können. Ein kleiner Fehler reichte und du machtest dir die größten Feinde.
So hobbylos.

Das war der Nachteil, wenn dein Bruder einer von den beliebten und coolen Jungs war. Und noch einer war, dass die Kardashians immerzu um sie herumschwirrten, so wie Motten dem Licht hinterherflogen.

Zur Erklärung, die Kardashians waren drei Mädchen aus unserem Jahrgang und die Chihuahuas der Typen. Sie taten alles für Beliebtheit und mehr Macht an dieser Schule, als wären sie nicht genügend priviligiert. Sie taten alles. Sie verliehen sogar ihre Körper und Seelen. Je eines der Mädchen an je einen der Typen.
Kim, Kloe und Kourtney.
Man sah Ethan oft mit Kourtney, was ich ekelhaft fand, aber war nicht meine Sache. Damon war eher der Typ für Khloe, wobei er aber auch mit zahlreichen anderen zu sichten war. Und Nate war nicht wirklich anders. Er war nicht so offen über seine Beziehung mit Kim - falls es da überhaupt eine gab - , aber sie gab immer damit an, seine Freundin zu sein.
Darauf, sich selbst für ein bisschen Beliebtheit zu Verkaufen, waren sie sehr stolz.
Ich fragte mich ernsthaft, was sie nach dem Abschluss machen wollten, denn unschuldige Mädchen in den Pausen auf den Schultoiletten zum Kotzen zu bringen und ihnen brutal die Ohrringe vom Ohr zu reißen, sodass Blut ausströmte, konnte man schlecht in den Lebenslauf als besondere Fähigkeiten auflisten.
Wir wussten eigentlich alle, dass sie ihre Blütezeit in der Highschool erreicht hatten und es danach für die Drei bergab gehen würde, aber sie selbst wollten es sich wohl noch nicht eingestehen.

Ein schrilles Kichern zog mich wieder in die Realität und es konnte nur von Kourtney gekommen sein. Ich rollte meine Augen und seufzte genervt, ehe ich mich umdrehte und meinen Bruder enttäuscht anguckte. Er hatte sich an sein Auto gelehnt und Kourtney stand vor ihm. Hinter ihnen Damon und Khloe, die zusammen kicherten.

Gummibärchenbande.

Klar, alles an ihnen machte mich ganz hitzig vor Wut, aber man musste ihnen ihre konventionelle Schönheit lassen. Hierbei war aber Kim überragend mit ihren blonden, langen Extensions, ihrem herzförmigen Gesicht, ihrer gemachten Stupsnase, ihren etwas dünnen, aber pigmentierten Lippen und ihren hellblauen Augen. Sie war das reale Ebenbild von Barbie. Kourtney und Kloe waren mehr oder weniger ihre Klone, abgesehen von der Tatsache, dass Kloe hellere, kürzere Haare und graue Augen hatte und Kourtney eine minimal größere Nase, ein wenig dunklere Haare und ein längeres Gesicht hatte. Sie waren alle drei eine Augenweide, aber diese Schönheit war wie vieles nur eine Fassade, die von der grausamen Dunkelheit im Inneren ablenken sollte.

Während alle anderen Blicke auf meinen Bruder und seine Freunde gerichtet waren, merkte ich, wie Einer permanent in meinem Nacken lag. Ich spürte dieses Beobachten und diese Paranoia zwar konstant, aber gerade war es anders.
Es fühlte sich so real an.
Aber, als ich mich umdrehen wollte, um zu sehen, wer mich im Blick hatte oder ob ich mich irrte, hörte ich jemanden, in mein Ohr kreischen und fühlte zwei Arme, die sich um meinen Hals warfen. Viele Schüler richteten ihre Aufmerksamkeit wieder in meine Richtung und ich fühlte dieses Unwohlsein in mir. Ich versuchte, es einfach mit der Freude Mel endlich wieder zu Sehen zu überspielen.

"Ah, ich hab dich so vermisst!"
Ich drehte mich zu ihr, um die Umarmung zu erwidern, aber löste mich nur kurz danach wieder schnell.
"Natürlich hast du das, Mel.", erwiderte ich selbstgefällig und musterte sie, wobei mir auffiel, dass sie zugenommen hatte. Zum Glück. Ihre Hüfte war breiter geworden und auch ihre Arme und Oberschenkel hatten an Masse zugenommen, während ihr Gesicht voller wirkte. Ich war erleichtert, dass man ihre Rippen nicht mehr erkannte. Sie hatte zwar vor der Sommerpause auch schon angefangen, gesünder zu werden, aber jetzt sah sie ehrlich gut aus. Nicht mehr so kränklich und blaß.
Sie hatte einen gesunden Körper und auch Liebe verdient, wobei ich hoffte, dass Ethan ihr genug davon gab.