06| pain only

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Dieses Kapitel beinhaltet Gewaltanwendung und könnte für Leser mit PTSD oder sonst welchen Sensitivitäten im Thema Gewalt verstörend wirken.

"Das Zimmer ist fertig, ihr könnt also schon heute hier bleiben.", erläuterte Dad mit einem breitem Lächeln auf den Lippen, "Caren und ich gehen heute ins Restaurant. Und ihr könnt euch einen schönen Abend machen... so als Geschwister.".
Sein Grinsen wurde immer breiter.
Es könnte jeden täuschen, aber ich glaubte ihm immer noch nicht. Es war nicht dasselbe, das er früher hatte. Es war nicht sanft, nicht weich, nicht beruhigend. Dieses Übertriebene darin würde ich für immer verabscheuen, und sein wahres Lächeln würde ich für immer vermissen.
Vielleicht dichtete ich einfach zu viel in die Situation dazu. Vielleicht war er ja wirklich glücklich. Vielleicht war das hier sein wahres Lächeln.
Wieso sie eigentlich zwei Male essen wollten, ämmerte mir durch den Kopf, aber ich konnte mir das schon selbst beantworten.
Naja, es war Samstag Abend. Sollten sie doch machen, was sie wollten, wenn sie beide morgen frei hatten. Außerdem waren sie erwachsen.

Nachdem wir fertiggegessen hatten, bestand ich darauf, abzuräumen und abzuspülen, worauf niemand Widerstand leistete. Ethan half mir eigentlich, aber heute war er sehr schnell weggerannt.
Eigentlich mochte ich es sehr, alleine zu putzen und sauber zu machen, weil ich dann immer mit meinen Kopfhörern Musik hörte und mitsang und tanzte und das war so ein Spaß. Seitdem Taylor und Caren angefangen hatten, hier so oft ihre Zeit zu verbringen, hatte ich aber damit aufgehört.

"Wir gehen dann mal, okay?", kam von meinem Vater, welcher seine Jacke anzog.
"Okay. Viel Spaß!", rief ich durchs Haus.
"Bye, Princesa! Hab dich lieb!", schloss er ab und knallte die Tür zu.
Kurz bevor ich fertig mit dem Geschirr war und auch fertig geputzt habe, hörte ich Ethan etwas rufen.
"Was?!", rief ich fragend, aber er antwortete nicht, sondern es ertönte ein Klicken. Es war das von der Tür.
Ahnende Angst fiel über mich her und ich begann zu hoffen, obwohl es nichts bringen würde.
Er hatte mich nicht alleine gelassen, oder etwa doch?
A ka pshtim në këtë jetë?¹

Mein ganzer Körper erstarrte und in meiner Brust begann das bedrückende Gefühl gute Arbeit zu leisten.
Als ich Schritte hinter mir hörte, die nur zu einer Person gehören konnten, wurde die Panik in mir unerträglich.
"Keine Angst, ich tue dir nichts, Princesa.", beteuerte Taylor mir, welcher meine Reaktion mitbekommen hatte von etwas weiter weg, aber ich glaubte ihm nicht so recht. Ich glaubte ihm kein Wort. Sein Wort hatte mir schon mehr als nur Mal Probleme eingebracht. Auch beim Ertönen seiner Stimme kam ein Würgereiz in mir auf, welchen ich nur schwer unterdrücken konnte. Ich hörte wir er mir näher kam. Für andere waren seine Schritte leise und schleichend, für mich unüberhörbar, schon fast ein Trampeln.

"Oder vielleicht doch?", flüsterte er mir in mein Ohr und ich erschrak, weil er plötzlich so nah bei mir stand. Ein kalter Schauer überlief mich wegen der Tonlage, in welcher er das sagte, und alles in mir zog sich zusammen. Ich ließ, den Teller, den ich in der Hand hatte, vor Schreck fallen und blieb in einem Schockzustand zurück. Das, welches mein Magen nach oben schickte, schluckte ich kaum runter und es brannte. Es brannte so sehr.
"Heb das auf!", ordnete er in mahnendem Ton an, doch ich konnte mich nicht bewegen. Mein Körper bebte nur. "SOFORT!", schrie er und ich zuckte zusammen, bevor ich aus dem Schock kam.

Erstarren. Brennen. Beben.

Wieso konnte ich nicht stärker sein?
Warum konnte ich nicht egoistischer sein?
Woher kam meine Schwäche?

Ich versuchte alles aufzuräumen ohne zu Zittern, aber das ohne Gelingen und verletzte mich an den Scherben. Als ich das Blut auf meinen Händen erblickte, kam Hoffnung in mir auf, dass ich verschont werden würde. Nein, es schmerzte nicht, dafür waren meine Gedanken zu sehr in Erinnerungen vertieft. Gute Erinnerungen, schöne Erinnerungen an früher. Ein guter Weg stark zu bleiben, wenn man es nicht war. Einfach die Situation aus den Augen verlieren und sich in Gedanken verlieren.
Es funktionierte, aber das System, die Idee, die Lösung war noch roh, denn oft überkam der Schmerz, das Brennen, das Pochen mich und die schönen Erinnerungen verwandelten sich in die Gegenwart vor meinen Augen, in einen Alptraum.

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