08| i want your silence

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"Warum warst du gestern eigentlich nicht da, Nate?", fragte Ethan mich und schaute mich ein wenig besorgt an. Er hatte wohl meine Augenringe und blasse Haut bemerkt. Wie denn auch nicht?
"Musste 'was erledigen.", antwortete ich, wobei ich mir nichts anmerken ließ, das auf meinen Verrat weisen konnte.
"Was denn?", hakte er weiter nach, aber ich wollte diese Frage nicht beantworten, also blickte ich auf die schlichte Uhr an meinem Handgelenk, als würde ich auf die Uhrzeit achten, und stieß mich von meinem Spind ab.
"Erzähl' ich dir nachher.", lächelte ich und schlug einmal bei ihm ein, bevor ich meinen Rucksack vom Boden nahm, der nichts als Sportsachen für später beinhaltete.
Ich fühlte mich schlecht. Permanent. Beim Boxen, beim Arbeiten, beim Putzen und auch jetzt, wenn ich nur durch die Gänge lief. Meine Schuldgefühle machten mich fertig.
Ich sollte ihm das mit Lauren eigentlich erzählen. Ich war es ihm schuldig. Seit Tagen war ich in dem Dilemma, ob ich Laurem snitchen oder sie decken sollte. Der Gedanke, dass Ethan es wissen musste, ließ mich nicht los, aber Lauren schien ihre Gründe zu haben. Da war eine Bitte in ihrem Blick. Aber ich musste es ihm erzählen, oder?

Bevor ich jedoch irgendwelche voreiligen Entschlüsse ziehen konnte, wurde die Tür neben mir geöffnet und ich wurde hineingezogen. Mit so viel Schwung, dass ich in dem dunklen Zimmer gegen einen Tisch stolperte, weshalb ich vor Schreck und einem Stechen an meiner Mitte aufzischte.
Ich blickte hinter mich, um den Spasten, der mich hier rein geworfen hatte, zu sehen, aber die Tür war wieder verschlossen worden, also konnte ich nur ein unregelmäßiges, schweres Atmen hören, einen bestimmten Duft erriechen und eine Gestalt erblicken.
"Lauren?", sprach ich in die Leere, wobei die Person etwas nach hinten wich. Wahrscheinlich wegen der Tatsache, dass ich das viel zu schnell herausgefunden hatte.
"Ich darf mir alles wünschen.", sagte sie mit selbstbewusster Stimme, wobei öfters ein Zittern durchdrang. Sie meinte wohl, das Versprechen von Freitag, das ich ihr gegeben hatte, damit wir mit meinem Ball begannen. Ha, eigentlich hatte ich einfach nur meinen Willen durchsetzen wollen. Hätte nicht gedacht, dass sie das wirklich so ernst nehmen würde. Ich hatte eine Ahnung, worauf das hinaus sollte, aber ich antwortete nicht, sondern lauschte ihrer nervösen Atmung und ihrem schnellen Herzklopfen.
Was oder wen sie wohl zu verstecken hatte, wenn sie so sehr darum Angst hatte. Vielleicht war sie in einer toxischen Beziehung. Vielleicht hatte sie einen Freund, der sie so um den Finger gewickelt hatte, dass sie alles für ihn tun würde und wenn sie es nicht wollte, dann würde er sie auf brutale Weise Disziplin und Gehorsam belehren. Mein Magen drehte sich wegen multiplen Gründen und mein Blut begann zu Brodeln.
Wie konnte man ihr so etwas antun?
Wer konnte ihr so etwas antun?

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Mein Herz raste und meinen Körper bekam ich nicht mehr unter Kontrolle. Ich hatte Angst bekommen, dass er mich mit irgendeinem Scheiss erpressen oder mir irgendwie zu nahe kommen würde, aber, Nein, er stand stillschweigend da und machte mich damit ungeduldig.
"Du hast gestern gesagt, dass ich alles bekomme, das ich will. Du musst mir irgendwas geben.", sagte ich, wobei meine Stimme zwei Male abbrach, weshalb ich mich so sehr verfluchen wollte.
"Ich will dein Schweigen.", führte ich aus, als er wieder nicht reagiert und nur ruhig dort stand, wobei er sich an den Tisch stützte. Wieder nichts.
Ich bezweifelte, dass er meine Forderung nicht verstanden hatte, aber ich war willig, ihm es noch einmal zu erklären.
"Ich will, dass du deine Fresse hälst, Nate.", machte ich meinen Standpunkt deutlich. Dieses Mal mit viel Selbstüberzeugung, so dass er es auch verstand. Er sprach wieder für einige Momente nicht, was mir den letzten Nerv raubte.
"Hast du das verstanden?", fragte ich langsam und ließ ihn die indirekte Drohung darin hören. Ich konnte seinen Blick zwar nicht sehen, weil es so dunkel war, dass nur seine Silhouette erkennbar war, aber seine Körperhaltung sagte genügend aus. Er ließ seinen Kopf etwas in den Nacken fallen und überkreuzte die Arme vor seiner Brust. Er fand das entweder lustig oder er zog es ehrlich in Erwägung. Dem Auflachen, das nach meiner Aussage folgte, nach, hielt er es eher für amüsant.
"Was ist, wenn ich ablehne?", fragte er dann neckend, worauf ich tief einatmete, damit die Wut, die sich in mir breit machte, nicht an die Oberfläche kam.
"Dann tue ich, was du willst.", kam nur kurz darauf von mir. Ich hatte mich schon auf diese Antwort bereit gemacht. Genauer gesagt, hatte ich mich auf jede mögliche Antwort breit gemacht.
Sein Kopf wich kurz nach hinten, was mich auf Überraschung tippen ließ. Das hatte er nicht erwartet und das war auch gut so, denn somit konnte er nicht wirklich darüber nachdenken, weil er den Druck zu Antworten spürte.
"Was auch immer ich will, huh?", ging er noch einmal sicher und ich musste mir das selbst nochmal überlegen.
Ach, egal, was hatte ich denn für eine andere Wahl?
"Ja.", antwortete ich und ich hatte das Gefühl, dass er jetzt loslassen würde, aber sofort nach meiner Antwort stieß er sich vom Tisch ab und kam mit langsamen Schritten auf mich zu, weshalb ich nach hinten wich. Er stoppte nach nur dreien und auch ich hielt inne.

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