Plötzlich blieb Lennox stehen. „Schattfa!", rief er und blickte die Karte an. „Was ist?", fragte Alea. „Wir haben uns verfranzt!" Empört kratzte er sich am Kinn. „So etwas passiert mir doch eigentlich nie... vor allem nicht, wenn ich eine Karte habe!" Sie schaute jetzt auch auf das Stück Papier, das Lennox auf dem Boden ausbreitete. „Hier waren wir vorhin." Er zeigte auf eine Stelle, an der ein langer Weg geradeaus führte. Alea erinnerte sich. „Glaub ich jedenfalls", fügte er murmelnd hinzu. „Hier war die Abbiegung." Er zeigte auf eine andere Stelle. „Ich dachte, wir sind den linken – also den richtigen Weg gegangen, aber... dann müssten wir jetzt hier sein." Er wies auf eine weitere Abzweigung. „Und hier ist keine." Alea sah sich die Karte mit zusammengekniffenen Augen an. „Vielleicht sind wir aus Versehen beim rechten Weg abgebogen."
„Aber das sieht mir überhaupt nicht ähnlich!" Er fuhr in die Höhe. „Ich..."
„Wir können doch einfach zur Abzweigung zurücklaufen und den anderen Weg gehen", schlug Alea vor. Er nickte ganz langsam. „Es ist nur so, bei dieser Abzweigung waren wir vor ungefähr zwei Stunden."
„Zwei Stunden?", wiederholte sie erschrocken. Aber egal. „Wir gehen trotzdem zurück, selbst wenn es drei wären." Lennox schaute sie lange an. „Okay", sagte er schließlich, hob die Karte auf, rollte sie zusammen und trat den Rückweg an.
„Ob Thea immer noch da sein wird?", fragte er zweifelnd. „Mensch, ich Depp!"
Alea wusste es nicht. Aber sie hoffte es. Denn wenn nicht, würden sie sie bestimmt niemals finden.
Sie schwiegen nun, sie unterhielten sich nicht, wie am Anfang. So langsam brach auch schon die Nacht heran, dichte, schwarze Wolken bedeckten den Himmel und die Sonne. „Wir sollten jetzt ein Nachtlager errichten", sagte Lennox auf halber Strecke.
„Erst, wenn wir bei der Abzweigung sind", widersprach Alea und fügte gleich hinzu: „Es könnte wirklich sein, dass Thea bald nicht mehr da ist. Es wird ja wohl nicht so lange dauern, mit... unseren... nicht verstorbenen Eltern zu reden. Dennoch schlagen sie vielleicht auch ein Lager auf und übernachten dort. Ich bin nicht sicher, ob Thea und Cassaras überhaupt irgendwo wohnen – jedenfalls offiziell nicht. Vielleicht übernachten sie immer im Wald."
Er schaute sie verdutzt an. „Okay, dann laufen wir noch bis zur Abzweigung. Du hast hier das Sagen, Elvarion." Er lächelte und es war das leicht schräge, typische Lennoxlächeln, welches Alea binnen Sekunden rot anlaufen ließ. Aber sie kannte Lennox nun schon gut und ihre Beziehung war auch nicht mehr so... wie sollte man sagen... unsicher. Deshalb wurde ihr Kopf nicht mehr zu einer Tomate, sondern nahm nur einen leicht rötlichen Schimmer an.
Also liefen sie noch eine ganze Weile lang, bis es wirklich einen Weg gab. Und der führte nach links.
„Puh, bin ich froh", murmelte er. „Ich dachte schon, das hier wäre schon der richtige Weg gewesen und die Karte ist falsch oder so was. Zum Glück habe ich mich nur... versehen."
Alea nickte, sie konnte ihn verstehen. Nun suchten sie nach einem geeigneten Nachtlager und fanden schließlich eine abgewiesene Stelle, nahe an einem Fluss. Lennox entfachte ein Feuer und packte ein kleines Abendessen aus seinem Rucksack, dass Ben ihnen mitgebracht hatte. Alea schickte einen Flugbussi in die Richtung, in der sie Rom vermutete. „Danke, Alpha Cru", sagte sie währenddessen, obwohl sie nicht sicher war, ob sie überhaupt schon dort angekommen waren. Wahrscheinlich nämlich nicht.
Sie aßen und später spielte Lennox noch auf seiner Gitarre. Die Klänge vermischt mit dem Rauschen des Flusses und dem Grillenzirpen, was unfassbar schon und idyllisch klang.
Er spielte Melodien, die Alea noch nie gehört hatte, und als sie ihn fragte, welche Lieder das seien, meinte er: „Ich improvisiere einfach."
Dann, etwas später wurde er immer langsamer und langsamer, dann hörte er auf.
„Thea kann doch perfekt sprechen, oder?", fragte er sie überraschenderweise. „Sie ist nur taub, nicht stumm." Alea nickte in Zeitlupe.
„Hajara konntest du schon automatisch – du musstest es nicht mal lernen, außerdem hast du anfangs nie bemerkt, dass du überhaupt Hajara gesprochen hattest. Wieso sollte es bei Thea anders sein? Sie muss gar nicht hören können, was sie sagt. Sie kann es einfach." Nachdenklich kaute sie auf ihrer Unterlippe. Das ergab durchaus Sinn und würde auch ein großer Vorteil sein. „Und da ist noch etwas..." Lennox schaute ihr in die Augen. Erschrocken schnappte sie nach Luft, denn er schaute sie nicht einfach so an. Er wandte den Oblivionenblick an.
„Du vergisst, dass du nicht genug Zutaten hattest, um mehr Kekse für Sammy zu machen."
Alea starrte ihn an. „Wieso hast du das gemacht?", fragte sie und war ein wenig wütend auf ihn. „Du erinnerst dich also?", stellte er eine Gegenfrage. Sie blinzelte verdutzt. Dann verstand sie, worauf er hinauswollte. Verlegen fuhr sie sich durch ihr langes Haar.
„Ich... ähm, ja. Das habe ich wohl. Sammy war danach nicht mehr so sicher, ob er die Tage überhaupt überleben würde." Lennox lächelte.
„Orion würde dich nie mehr wieder alles vergessen lassen können. Schließlich bist du die Elvarion. Was kann ein Halboblivion da schon ausrichten?"
„Ja. Ich denke, in Brighton war ich mir überhaupt nicht mehr sicher, ob ich ohne meine Meermädchenfähigkeiten überhaupt noch die Elvarion sein kann. Seitdem ich aber die Sengbohne und die Silberfäden benutzt habe... habe ich Selbstvertrauen zu mir gefasst."
Lennox schaute wieder auf den Fluss. Er nickte. Alea konnte in seinen Augen sehen, wie erleichtert er war.
„Lass uns jetzt schlafen", sagte er nach wenigen Augenblicken. Er legte die Gitarre zur Seite und schlüpfte in seinen Schlafsack.
„Misch Natalya", murmelte sie.
„Misch Natalya."
Und dann schliefen sie ein.
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Mein Alea Aquarius 7
FanfictionWährend Ben, Sammy und Tess sich auf den Weg nach Rom machen, fahren Alea und Lennox zum Loreleyfelsen. Dort erhoffen sie Antha zu finden, Aleas Zwillingsschwester. Wird sie wieder zu einem Meermädchen? Werden sie Doktor Orion schnappen?