Den Tag nach dem Fest verbrachte Vidar zum Großteil in seinem Bett. Sein Kopf tat ihm weh und er war bis zum Mittag müde. Wenigstens ging es Lenris auch so. Audun hatten sie gestern irgendwo verloren.
„Blöde Sonne...", grummelte Lenris. Das Fenster lag seinem Bett direkt gegenüber. Vidar rollte sich von seiner Matratze. Neben seinem Bett hatte sich sein Palico Nuro zusammengerollt und döste vor sich hin. Ihn schien die Sonne nicht zu stören. Vidar kniete sich neben ihn und streichelte seinen Kopf. Lenris grummelte erneut genervt und erinnerte Vidar an sein eigentliches Ziel. Er richtete sich wieder auf und ging zum Fenster, wo er den Vorhang hervorzog.
„Danke", murmelte Lenris. Vidars nächster Halt war die Küche mit den ganzen Vorräten. Sie benutzten sie nicht sonderlich oft. Die Kantine war meist die bessere (dafür aber teurere) Wahl. Immerhin stand in einem der Regale noch eine große Flasche Wasser. Er schnappte sich die Flasche und dazu einen Holzbecher, bevor er sich dem großen Tisch in der Mitte der Unterkunft niederließ. Das Wasser tat ihm gut. Sein Kopf hörte zwar nicht auf zu dröhnen, aber wenigstens strömte neue Energie durch ihn. Er versuchte sich daran zu erinnern, was nach dem Armdrücken geschehen war. Sie hatten noch mehr Bier getrunken. So viel wusste er, aber wo war Audun dann abgeblieben?
„Hey, Lenris?", fragte er in Richtung Bett. Keine Antwort. Er schien wieder eingeschlafen zu sein. Dann würde er das Mysterium um Auduns Verschwinden wohl alleine lösen müssen. Also zurück zu gestern Abend...
Irgendwann war Vidar in Zeron reingelaufen und hatte sich mit ihm unterhalten. Rhaach war auch da gewesen, hatte sich aber eher im Hintergrund gehalten. Er teilte seinen Zeron nur ungerne. Danach hatte Vidar Audun nicht mehr gesehen. Überhaupt hörten seine Erinnerungen danach auf. Das Letzte, woran er sich halbwegs erinnern konnte, war, wie er an Rhaachs Schulter nach Hause getorkelt war. Hoffentlich spielte ihm sein Gedächtnis da nur einen Streich. Es war schon peinlich genug, dass Rhaach und Zeron ihn betrunken erlebt hatten.
Ein Klopfen an der Tür ließ Vidar hochschrecken. Vielleicht war es ja Audun, der zurückgekommen war. Er rappelte sich auf und ging zur Tür. Als er sie öffnete, wurde er so stark vom Sonnenlicht geblendet, dass er nicht erkennen konnte, wer vor ihm stand. Alles, was er ausmachen konnte, war die Silhouette einer breit gebauten Personen.
„Hallo", sagte Vidar, die Augen zu Schlitzen verengt.
„Du bist ja wach...", murmelte die Person. Diese Stimme würde Vidar überall erkennen. Es war Rhaach. „Darf ich reinkommen?", fragte er. Vidar blickte zu Lenris' Bett hinüber.
„Lieber nicht", erwiderte er, „Aber ich kann gleich rauskommen. Lass mich mich nur schnell umziehen." Rhaachs kühle, blaue Augen musterten ihn. Auch wenn er nichts sagte, spürte Vidar seine Gedanken. Das rate ich dir auch.
Vidar streifte sich eine alte Lederrüstung über. Seine Gute musste er noch reinigen. Die hier hatte ihm noch nie richtig gepasst. Erst war sie zu groß gewesen und jetzt war sie etwas zu kurz. Sie hatte einst seinem Vater gehört, doch der war auch daraus gewachsen. Allerdings war sie für ihn eher zu eng als zu kurz. Na ja für eine kurzen Rundgang durch Astera mit Rhaach würde es gehen.
„Also, was ist los?", fragte Vidar, als er nach draußen zu Rhaach ging.
„Ich wollte nur nach dir sehen. Du warst ja gestern doch etwas..." Rhaach machte eine mehr oder weniger dramatische Pause. „Angeheitert."
„So schlimm war es aber auch nicht", antwortete Vidar, „Ich war nur etwas wackelig auf den Beinen."
„Ich musste dich nach Hause tragen." Ups... Das war dann wohl doch passiert. „Trink nächstes Mal einfach ein bisschen weniger." Rhaach lächelte. Seit der Rosa Rathian hatte Vidar das Gefühl, dass er ihn als richtigen Jäger ansah und nicht mehr den unerfahrenen Jungen, der sich mit einem Großschwert selbst ausgeknockt hatte. „Ich muss noch ein paar Besorgungen machen", erklärte Rhaach, „Willst du mich begleiten?" Vidar musste kurz überlegen. Eigentlich sagte sein Körper ihm, dass er zurück ins Bett sollte, wo es weich und dunkel war, aber er wollte Rhaach nicht enttäuschen und brauchte selbst noch ein paar Dinge.
DU LIEST GERADE
Monster Hunter - Das Herz Eines Jägers
Fanfiction[Fortsetzung zu In den Tiefen des Tals] Vidar ist wohlbehalten wieder in Astera angekommen und geht dem einfachen Jägerleben nach. Doch die Entdeckungen, die er bei seinem Abenteuer gemacht haben, regen die Forscher der Dritten Flotte an und schon...