Kapitel 2

773 63 5
                                    


Als ich am nächsten Morgen sehr früh aufwachte bemerkte ich, dass ich mich gestern nicht mehr umgezogen hatte, sondern einfach in meinen Klamotten eingeschlafen war. Ich sah in meinen Spiegel und stellte fest, dass es bei meinem Aussehen keinen Unterschied mehr machte. Seufzend kämmte ich meine Haare und band sie mir wieder zu einem Zopf zusammen. Wenn ich hier wenigstens genug Geld verdienen würde um mir anständige Kleidung zu kaufen, wäre ich schon glücklich, jedoch reichte das Geld lediglich für das kleine Zimmer, das ich hier bewohnte. Also musste ich mich mit diesem zerfetzten Kleid zufrieden geben und einer Schürze die mir zur Verfügung gestellt wurde. Als meine Haare fertig waren, machte ich mich auf den Weg nach unten und bereitete mit den anderen Mitarbeitern das Frühstück vor.

Der Tag unterschied sich nicht zu allen anderen Tagen, die ich schon in diesem stinkenden Loch leben musste, zumindest bis zum Nachmittag, bis ich einen Zwerg in unserem Hauptraum sitzen sah, als ich die frisch gewaschenen Krüge zum Tresen brachte. Er begutachtete die anderen Gäste misstrauisch und biss ab und an von dem Brot ab, das man ihm gebracht hatte. Ich beobachtete ihn lange. Er hatte etwas an sich, irgendetwas das mir gefiel. Zweifelsohne war es seiner Ausstrahlung geschuldet und wenngleich sie auch nicht wirklich sympathisch war, so war sie doch geheimnisvoll. Ich mochte das Geheimnisvolle, das undurchschaubare. Meine strengen Beobachtungen wurden unterbrochen, als ein alter Mann sich zu dem Zwerg setzt und mir somit die Sicht auf ihn verdeckte.

Ich verdrehte meine Augen und sah mich um. Meine Kollegen waren beschäftigt, also nahm ich mir ein Tablett und ein Tuch um unauffällig in der Menge verschwinden zu können und so zu tun als hätte ich eine Beschäftigung.

So versteckt wie nur möglich versuchte ich dem Gespräch der beiden zu lauschen, was sich bei dem lauten Geschrei der Anderen als fast unmöglich heraus stellte. Ich hörte allerlei über einen Drachen, der getötet werden musste, einen Berg der zurück erobert werden musste, einem großen Schatz und einer Streitmacht. Sofort versank ich wieder in meinen Tagträumen. Lieber würde ich in einen Krieg ziehen um für etwas zu kämpfen, für das es sich lohnte zu sterben als hier zu bleiben. Aber ich musste ehrlich zu mir sein: Ich hatte nichts, wofür es sich zu Kämpfen oder zu sterben lohnte.

Ich hörte die beiden noch sagen, dass sie sich heute in genau einem Jahr in Hobbingen treffen wollten, da wurde ich allerdings beim nichts tun ertappt.
„Alessa was machst du denn da? Mach in der Küche weiter!"

Schuldbewusst senkte ich meinen Kopf und ging in die Küche, wo ich mich auf meinen Hocker stellte und das nächste Besteck wusch.

Erst spät am Abend wurde ich aus der Küche entlassen. Müde erreichte ich mein Zimmer, öffnete die Tür und fand dann einen Zettel auf dem Boden vor. Ich hob ihn auf und legte mich damit auf das Bett. Als ich ihn geöffnet hatte, las ich ihn mit nur noch halb geöffneten Augen.

„Ich weiß, was euch dazu verleitet hat hier zu verweilen und es wird Zeit dem ein Ende zu bereiten. Ich kannte eure Mutter, wie auch euren Vater. Es liegt nicht in eurem Blut hier fest zu sitzen, eingesperrt wie ein Vogel in einem Käfig. Kommt nach Beutelsend, in genau einem Jahr von heute um die Mittagszeit. Ihr wisst, wo Beutelsend liegt, Ihr werdet erwartet werden. Euer Leben wird sich für immer verändern."

Ich las mir den Brief ein zweites und ein drittes Mal durch, bevor ich ihn stirnrunzelnd beiseite legte und als einen Scherz abstempelte. Als ich jedoch versuchte zu schlafen, ging mir der Brief nicht aus dem Kopf. Wer hatte ihn geschrieben? Wer kannte meine Mutter und meinen Vater.

„Beutelsend", murmelte ich, bevor ich aufschreckte.

Mit weit geöffneten Augen saß ich in meinem Bett. Natürlich! Beutelsend war im Auenland! Der Zwerg und der alte Mann hatten über Hobbingen geredet, also konnte es nur einer von den beiden gewesen sein. Doch so sehr ich auch grübelte, keiner der beiden kam mir bekannt vor. Nachdem ich bemerkte, dass ich mit dieser Erkenntnis nicht weiter kommen würde, legte ich mich wieder hin und schlief zeitnah ein.

~~~***~~~***~~

Überarbeitet, 28.11.17 :)
Erneut überarbeitet am 14.02.2021 :)

(Never)ending (Hobbit FF) [Bilbo x OC]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt