9. Kapitel

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Diesmal schreie ich nicht. Ich werfe nicht um mich. Ich versuche niemanden mit einer Spritze anzugreifen oder mich selber auszuschalten. Auch die mir vertraute Dunkelheit bricht nicht um mich herum aus. Ich liege einfach nur da. Eine einzelne Träne rinnt über meine Wange. Langsam schließen sich meine Augen.

"Katniss? Wo bist du?" Ich schlage meine Hand vor meinen Mund und versuche nicht all zu laut zu kichern. Die Blättern um mich herum kitzeln mich und die Sonnenstrahlen wärmen mein Gesicht. Vorsichtig spähe ich zwischen den Zweigen hindurch. Doch ich sehe nichts außer saftig grünem Gras, großen Bäumen mit riesigen, grünen Baumkronen und Lichtstrahlen, die durch die zahlreichen Äste scheinen. Ich kichere leise und verkrieche mich wieder in meinem Versteck-einem kleinem Loch im Boden, verdeckt durch zahlreiche Äste um mich herum. "Katniss? Komm heraus!" Ich schließe meine Augen und presse meine Hände fest gegen meinen Mund. Er wird mich hier nie finden. Plötzlich spüre ich Hände, die mich von hinten packen und mich aus dem Versteck ziehen. Ich zappele und versuche mich zu befreien, doch die Hände lassen mich einfach nicht los. Ich öffne meine Augen und sehe meine Vater über mir, der mich kitzelt wie es nur geht. Ich krümme mich und lache wie bessesen. "Hör auf! Papaaaa!" Ich winde mich, doch noch nie konnte ich mich aus diesem Kitzelkrieg befreien. "Erst wenn du mir sagst, wer der tollste Papa auf der ganzen Welt ist!" Aus letzter Kraft und Puste schreie ich noch "DUUU!". Lachend erhebt er sich und lässt mich nach Luft schnappen. Ich halte meine Bauch und schließe lächelnd meine Augen. Vögel zwitschern und geben mir das Gefühl, dass Frieden herrscht. Keine Friedenswächter, kein Weinen und keine traurigen Gesicht, die einen anschauen, mit diesem Wissen über die traurige, hoffnunsglose Zukunft von uns in den Blicken. Keine Hungerspiele und diese riesigen verschreckenden Monitore. Einfach nur der Wald, mein Papa, ich und unsere Kitzelkrieg.

Naiv war ich schon immer. Niemals wird es so sein wie damals, niemals wird es einen Neuanfang geben. "Was steht in dem Brief?" Meine Stimme hört sich kraftlos, rau, hoffnungslos an. Ich wische meine Tränen weg und schaue auf die Decke. Sie ist weiß, einfach nur weiß. Leider kann ich in meinem Leben nichts weiß sein, nichts rein. "Nichts, das verrät, wieso du wieder gebraucht wirst. Nur dass es nicht vorbei ist und der Spotttölpel benötigt wird. Den Rest erfährst du dann im Kapitol. Tut mir leid, Katniss." Im Kapitol. Wie sehr wollte ich da nie wieder hin. Auch darum kann ich keinen großen Bogen machen. "Wann?" Tränen bannen sich stumm einen Weg nach außen. "Sobald du dich bereit dafür fühlst." Bereit. Ich werde niemals bereit dafür sein. "Wie lang verheimlichst du es schon vor mir?" "Katniss..." "Spar dir deine Entschuldigungen, wie lang?" "2, vielleicht 3 Monate" Warten bis der Spotttölpel wieder 'bereit' ist, um ihn wieder zu zerstören, oder wie sieht es aus? "Was wollen die von mir?" "Ich weiß es nicht.." Das weißt du sehr wohl. Ich atme tief ein und wieder aus. Mein Herz zieht sich zusammen und meine Hände zittern. "Ich nehmen den Zug morgen in der Früh, bring mir Schmerztabletten."

Der Löwenzahn im FrühlingWo Geschichten leben. Entdecke jetzt