Kapitel 17

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In dem Zimmer, in dem ich mich wiederfand, herrschte das reinste Chaos. Sachen jeglicher Art waren quer über dem Boden verteilt, Kleidung war blindlings in Ecken geschmissen worden, selbst einer der Stühle lag umgekippt neben dem kleinen Tisch, der sich in einer der hinteren Ecken des Raumes befand. Besonders stach aber das Bett direkt gegenüber von der Tür ins Auge, auf dem sich ein riesiger Berg an Kissen und Decken häufte und unter dem ich Willy vermutete.

„Was ist denn hier passiert?", fragte ich, während ich mich umsah.
„Ich möchte nicht gestört werden." Seine Stimme war kaum mehr als ein Wimmern.
„Willy?"
Als er nichts mehr sagte, versuchte ich mir langsam einen Weg durch das Zimmer zu bahnen. Ich entdeckte Zeichnungen, die durchgestrichen und zerrissen auf den Boden geworfen worden waren, Scherben, die einst Gläser gewesen sein mussten und sogar sein Hut, der unter dem Koffer, mit dem er verreist war, zerdrückt wurde.
Ich ging um sein Bett herum und setzte mich auf die Bettkante, neben der mir ein paar Strähnen seines Haarschopfes seinen Kopf verriet. Noch immer rührte er sich keinen Zentimeter, weshalb ich vorsichtig nach der Decke griff und sie soweit zur Seite schob, dass sein Gesicht zum Vorschein kam.
Er schaute mich nicht an. Sein Blick war leer und strahlte eine Traurigkeit aus, die ich noch nie zuvor an ihm gesehen hatte.
„Was ist passiert?", fragte ich noch einmal, aber diesmal klang auch meine Stimme brüchig und leise.
„Ich möchte alleine sein", sagte er wieder.
Ich wollte etwas sagen, aber ich wusste nicht was, also schaute ich ihn einfach weiter an. Er wirkte so jung in diesem Moment. Nicht wie der Mann der eigenhändig die größte Schokoladenfabrik der Welt auf die Beine gestellt hatte.
„Nein", sagte ich endlich und zum ersten Mal sah er mir in die Augen. „Ich will nicht, dass du alleine bist."
Ich zuckte zusammen, als er sich mit einem Ruck aufrichtete und mit seinem Gesicht nur eine Hand breit vor meinem verharrte.
„Solltest du nicht nach draußen sein? Spaß haben unter deinesgleichen, wilde Partys veranstalten und erst spät wieder nach Hause kommen?"
Ich legte den Kopf zur Seite und schaute ihn fragend an. Erst schien es, als sei seine Traurigkeit mit einem Mal vollkommen verschwunden, aber seine Augen verrieten, dass dem nicht so war.
„Meinesgleichen? Wie-? Wieso sollte ich das wollen?"
„Ja wieso?" Er wartete einen Moment bevor er weitersprach. „Du solltest die Welt bereisen und nicht nur von den Geschichten in deinen Büchern träumen müssen."
„Was willst du damit sagen?"
Als er nichts mehr erwiderte, spürte ich, wie sich ein Knoten in meinem Hals zusammenschnürte.
„Willy, was meinst du damit?"
Die Art und Weise, wie er mich nun ansah, versetzte mir einen Stich.
„Du redest, als möchtest du, dass ich gehe. Ich dachte-"
„Charlie erbt mein gesamtes Vermächtnis. Er ist ein kluger Junge, er wird es eines Tages weit bringen und er braucht seine Familie, aber du –", er schaute mich eindringlich mit funkelnden Augen an „du bist so viel mehr." Seine Worte waren die eines Kompliments, aber sie klangen wie ihr genaues Gegenteil.
„Dein Leben gehört nicht in eine einfache Schokoladenfabrik, es gehört nach draußen. Weit weg von hier."
Ich stand schneller auf, als ich es beabsichtigt hatte.
„Wieso sagst du das?"
Willy schaute mich weiterhin mit diesem undurchdringbaren Blick an.
„Geh fort und lebe."
Ich wartete darauf, dass er mir sagte, dass das alles nicht sein Ernst war, aber er saß einfach nur ganz ruhig da. Mehr war auch gar nicht nötig.
„Du willst wirklich, dass ich gehe." Es sollte eine Frage sein, aber aus meinem Mund klang es nach einer Aussage.
Als er nichts mehr sagte, drehte ich mich um. Ich versteckte die Tränen, die mir in den Augen brannten und verließ den Raum bevor ich sie nicht mehr zurückhalten konnte.



Sorry, ein Tag zu spät, ich weiß :D
Ob Willy sein Handeln schon bereut?

My Life With Willy WonkaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt