Kapitel 18

1.3K 51 10
                                    

Ich war an diesem Abend nicht mehr zurück ins Haus gegangen. Ich wollte nicht, dass mich jemand so sieht. Vor allem aber fühlte ich mich seit langem das erste Mal wieder, als gehörte ich nicht zur Familie der Buckets.
Ich ging an diesem Abend zu Steve. Ich rannte viel mehr, während der Regen mich komplett durchnässte.
Ich war dankbar dafür, denn als ich an seiner Tür klingelte, fiel so nicht auf, wie sehr ich auf dem Weg zu ihm geweint hatte.
Er ließ mich hinein, ließ mir ein warmes Bad ein noch bevor er überhaupt fragte, was passiert war oder was ich so spät noch draußen gemacht hatte.
Ich beruhigte mich wieder und fand mich kurze Zeit später auf dem Wohnzimmer in Steves starken Armen liegend wieder. Ich sah bestimmt lächerlich aus in seinen viel zu großen Klamotten, aber das störte mich nicht.
„Willst du darüber reden?", fragte er irgendwann, während er mir sanft über die Haare strich.
„Nein. Ich will einfach nur bei dir sein."
Ich erzählte ihm später, was an jenem Abend passiert war und weshalb ich von meinem zu Hause, das sich seitdem nicht mehr wie ein zu Hause anfühlte, wegwollte.
Ich rief Mrs Bucket an und behauptete einfach ein paar Tage mit Steve alleine verbringen zu wollen und dass es mir leid täte, dass ich nicht eher Bescheid gegeben hätte.

Eine Woche später traf ich eine Entscheidung.
Ich ging das erste Mal wieder zu den Buckets.
Es war schon recht spät, aber ich konnte schon von weitem hören, dass sie noch alle beisammensaßen. Ich hatte darauf gehofft. Es war einfacher allen gleichzeitig die Neuigkeiten zu erzählen.
Als ich an der Tür klopfte und eintrat, begrüßten mich alle mit einem warmen Lächeln im Gesicht. Auch Charlie stand sofort auf um mich mit einer Umarmung willkommen zu heißen.
Einen Moment lang wollte ich schon alle meine Pläne in den Sand werfen und mich einfach zum Rest der Familie dazusetzen, aber als ich Willy am Tisch sitzen sah, sein Blick auf den Tisch fixiert, wusste ich, dass ich das nicht konnte.
„Ich muss euch etwas sagen", begann ich und wartete, bis mich jeder ansah. Naja, fast jeder und wieder fühlte ich, wie sich eine unsichtbare Hand um mein Herz legte.
„Ich werde gehen."
„Was meinst du damit?" Die Freude aus Charlies Gesicht war verschwunden und ein großes Fragezeichen nahm ihren Platz ein.
„Steve hat eine Stelle in London angeboten bekommen und ich werde mit ihm gehen. Gleich morgen."
Schweigen.
„Ich bin nur hier um meine Sachen zu holen und, und mich zu bedanken. Für alles, was ihr für mich getan habt."
Charlies Augen füllten sich mit Tränen. Mrs Bucket stand auf und nahm meine Hand in ihre.

Das schlimmste an diesem Abend war nicht diese Entscheidung getroffen zu haben oder mich von meiner Familie verabschieden zu müssen. Und obwohl es mir das Herz brach Charlie in Zukunft nicht mehr bei mir zu haben und ihm erklären zu müssen, weshalb ich gehen musste, war das schlimmste Willys Teilnahmslosigkeit. Er verschwand kurz nach meinem Beschluss ohne weitere Worte aus dem Haus in Richtung Erfindungsraum und war danach verschwunden.
Ich suchte nicht nach ihm. Ich redete mir ein, dass es mir egal war. Dass er mir egal war.
Aber ich fand keine Ruhe in dieser Nacht. Ich hatte mich überreden lassen, wenigstens den letzten Abend, bevor ich nach London flog, bei den Buckets zu verbringen. Aber schlafen konnte ich nicht.
Ich versuchte es, aber nach einer Weile stand ich wieder auf.
Ich dachte, ich wäre alleine, aber als ich das Haus verließ, sah ich Mrs Bucket an derselben Stelle sitzen, an der Charlie und ich sooft gesessen hatten.
„Er wird dich vermissen", sagte sie noch bevor ich mich neben ihr niederließ.
„Ich ihn auch. Euch alle."
Sie schaute mich von der Seite her an und lächelte.
„Er kann ein richtiger Sturkopf sein, aber er meint es nicht so."
Ich dachte wieder an Charlies enttäuschten Blick. Wie er sich umdrehte und in sein Bett rannte und den restlichen Abend kein Wort mehr sagte.
„Aber er liebt dich. Und manchmal, wenn Jungs verletzt sind, stoßen sie einen von sich. Das bedeutet nicht, dass sie einen weniger mögen."
Sie beobachtete wie ich den Schokoladenfluss.
„Tue ich das Richtige?", fragte ich nach einer Weile und war mir plötzlich doch wieder unsicher, was mein Vorhaben anging.
„Das weißt du erst, wenn du es probiert hast." Wieder lächelte sie und legte ihren Arm um meine Schultern, sodass ich meinen Kopf auf ihrer auflegen konnte.

Als ich am nächsten Tag im Flugzeug nach London saß, war ich seltsam ruhig. Ich dachte, ich würde nervös sein, es mir noch einmal anders überlegen oder in Panik verfallen, aber nichts davon.
Tatsächlich freute ich mich darauf. Es sollte ein Neuanfang werden. Ein neuer Ort, ein neues Land, ein ganz neuer Kontinent. Außerdem war ich nicht alleine. Ich hatte Steve, ich war glücklich. Ich musste es nur erst realisieren.



Uuuund gleich das nächste hinterher!

My Life With Willy WonkaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt