WoWa~Jahre später

4. Praxis Tier & Mensch

POV Tikaani
Carag fragte mich ob es mir gut ging, doch ich konnte nur erstarrt auf seinen Vater zeigen. Carags Beine knickten weg und er fiel auf den Boden. Er weinte und schluchzte. Ich wollte ihm so gern helfen, doch ich konnte nicht. Hinter mir kamen Mia und Nimca.
Mia: „Was ist den hier passiert?"
Sie kamen näher.
Mia: „Ti..."
Sie stockte, als ihr Blick auf die Blutlache fiel.
Nimca: „Xamber..."
Die Pumas krachten neben Carag und mir zu Boden.
Mia: „Ist er...?"
Ich brachte nur noch ein nicken zustande. Nimca stand schwankend auf und entfernte sich ein paar Schritte, um dort wieder zu Boden zu fallen. Mia lief ihrer Mutter zitternd hinterher.
Eine kleine Träne bahnte sich den Weg über meine Wange, bevor ich sie wegwischen konnte. Ich war nicht der Typ der weinte, doch Carag und seine Familie so traurig zu sehen... Das tat mir einfach im Herzen weh. Doch was mir ihm Moment fast noch mehr zusetzte war die letzten Worte von Xamber. Immer wieder wirbelten sie in meinem Kopf auf und ab.
Milling ist zurück. Diese Worte fegten mir eine Gänsehaut über den ganzen Körper.
Wenn er zurück war, würde es bald noch mehr Tote geben. Viel mehr. Milling würde Carag töten wollen. Er hatte es geschworen. Mein Körper fing an zu zittern. Tränen liefen meine Wangen hinab. Hormone, redete ich mir schnell ein.
Ich schaute auf Xamber schlaffen Körper.
Ich wusste nicht warum, aber ich legte zitternder eine Hand auf seine Flanke. Nichts bewegte sich. Ich wollte die Hand schon zurück ziehen, als ich eine leichte Hebung bemerkte. Leichter wie ein Windhauch, und doch war er da. Er musste leben. Die Gedanken an Milling traten in den Hintergrund. Schnell nahm ich mein Handy aus der Tasche. Mina oder Tierschutz? Ich entschied mich für Mina. Der Tierschutz würde das arme, leidende Tier nur einschläfern. Schnell tippte ich Minas Nummer ein.
Tikaani: „Carag! Mia! Nimca! Er lebt!"
Die drei schienen mich nicht zu hören. Egal. Es musste jetzt schnell gehen.
„Praxis Tier & Mensch. Frau Doktor Jasmin Heide am Apparat. Was kann ich fü..."
Ich unterbrach Mina schnell: „Mina! Ich bin's. Tikaani. Carags Vater wurde angegriffen. Er liegt hier und atmet nur noch ganz flach. Ich hab nichts da um ihm zu helfen."
Mina: „Okay. Wo seit ihr?"
Tikaani: „Mitten im Yellowstones Park. Ich lauf bis ich Empfang hab und schick dir den Standort."
Mina: „Okay, bis gleich. Ich komme mit dem Wagen."
Ich legte auf.
Carag war immer noch in einer anderen Welt. Genau wie Nimca. Mia kam auf mich zu.
Mia: „Vater lebt?"
Ihre Augen waren kugelrund und die Hoffnung in ihrer Stimme ließ mich kräftig schlucken.
Tikaani: „Ja, noch. Ich muss jetzt los und Mina den Standort schicken. Hier zählen Sekunden."
Mia: „Standort schicken? Gib her! Ich bin schneller."
Tikaani: „Aber du kannst doch gar nicht richtig mit einem Handy umgehen."
Mia: „Es geht um Sekunden. Hast du selbst gesagt."
Das Pumaweibchen knurrte.
Tikaani: „Aber..."
Sie legte die Ohren an, sprang hoch, schnappte sich das Handy mit dem Maul und rannte los.
Oh, man. Warum hatte ich mich dazu entschieden Mensch zu sein während der Schwangerschaft? Ach ja. Weil die Geburt leichter und ungefährlicher sein soll. Scheiß auf eine ungefährliche Geburt. Als Wolf wäre ich hilfreicher.
Tikaani: „Carag! Carag!! CARAG!!!"
Ich rüttelte an seiner Schulter.
Carag: „Tikaani?"
Tikaani: „Jaha! Dein Vater lebt. Aber er braucht eine Beatmungsmask, Operation, Verbandszeug und noch mehr. Mina ist schon auf dem Weg und ist los gerannt mit meinem Handy um ihr den Standort zu schicken. Hier kann ich nur telefonieren."
Carag schien das ganze nur langsam zu verstehen.
Carag: „X..Xamber...lebt?!"
Tikaani: „Ja! Aber er ist kurz vor der Grenze! Es muss jetzt schnell gehen! Geh zu Nimca und mach das sie her kommt. Achso. Gib mir dein T-Shirt."
Er schaute mich verwundert an. Zog es sich dann aber über den Kopf und reichte es mir.
Sein Blick heftete an seinem Vater, bevor er zu seiner Mutter lief und auf dieses einredete.
Ich legte das T-Shirt auf die Platzwunde und zog mir die Jacke von den Schultern. Meine Lieblingsjacke. Egal. Ich legte sie vorsichtig auf Xambers Seite. Den kalten Wind spürte ich nicht. Beide Kleidungsstücke waren sofort Blutgetränkt. Ich zog mir die Schuhe und Socken aus. Die Socken wickelte ich behutsam um seine verletzte Pfote. Die musste man definitiv operieren. Xamber musste sich irgendwie verwandeln.
Plötzlich stand Nimca neben mir.
Nimca: „Was kann ich tun?"
Sie wirkte wildentschlossen.
Tikaani: „Was hilft dir dabei dich in einen Menschen zu verwandeln?"
Nimca: „Ich bin gleich wieder da."
Sie rannte los. Keine zwei Minuten später stand sie wieder schwer schnaufend neben mir.
Nimca: „H..Hier."
Sie ließ eine leere Spritze neben mir fallen.
Nimca: „Das stinkt so arg mach Mensch. Wenn ich daran zu lange rieche bin ich sofort einer."
Tikaani: „Danke."
Kurz überlegte ich. Die Verwandlung wird ihn noch mehr schwächen, aber als Puma hatten wir nicht mal eine Chance. Ich musste es wagen. Ich hielt dem verletzten Puma die Spritze direkt vor die Nase. Nach einigen langen zitternden Herzschlägen lag Xamber in Menschengestalt vor uns. Als Mensch wirkten die Verletzungen noch schlimmer.
Hinter mir preschte Mia aus dem Wald. Kurz hinter ihr der Wagen von Mina.
Plötzlich ging alles ganz schnell. Mina kam mit einer Trage angerannt. Carag und ich hoben Xamber darauf und trugen ihn in den Wagen. Dieser war fast wie ein normaler Krankenwagen.
Mina legte Xamber die Beatmungsmaske auf und ich drehte die Luft an. Zusammen banden wir die Verbände. Die Blutung musste gestoppt werden. Jetzt!
Tikaani: „Carag. Fahr uns zur Praxis. Wir müssen operieren."
Nimca: „Operieren? Ich komm mit."
Mina: „Okay. Schnell alle in den Wagen."
Carag sprang ans Steuer und die Pumas gesellten sich zu uns.
Tikaani: „Bitte etwas Abstand. Wir brauchen Platz."
Die Pumas traten zur Seite und Carag sauste los. Mina und ich kümmerten uns um Xamber. Hoffentlich überlebte er die Fahrt. Carag fuhr knapp an einem Baum vorbei. Die Reifen quietschten. Ich korrigierte meinen Wunsch. Hoffentlich überlebten wir alle diese Fahrt.

Ihr könnt euch also etwas beruhigen. Er lebt noch. Ich sagte ETWAS und NOCH.