5. Dunkle Gedanken

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POV Carag
Ich hielt den Wagen quietschend im Hinterhof der Praxis Tier & Mensch an. Hinter mir gingen die Türen mit lauten Knall auf. Schnell sprang ich aus dem Sitz, schmiss die Tür zu und eilte nach hinten, um zu helfen. Tikaani, Mina und ich trugen die Liege schnell in den Behandlungsraum der Praxis.
Nimca und Mia, beide in Menschengestalt, hielten uns die Türen auf.
Im Behandlungsraum verscheuchten uns Tikaani und Mina mit den Worten: „Wir brauchen jetzt Ruhe und Konzentration. Draußen bleiben."
Nun saß ich also mit meiner Mutter und meiner Schwester im Wartebereich. Meine Gedanken waren durchgehend bei meinem Vater. Es durfte nicht sein das er...starb. Das durfte einfach nicht sein. Das konnte einfach nicht sein.
Mia schien meinen Blick bemerkt zu haben.
Mia: „Das wird schon. X..Xamber ist stark und du hast selbst mal gesagt wie professionell Tikaani ist. Sie schaffen das."
Sie klang zuversichtlich, doch ihre Grünen Augen wirkten dunkler als sonst und ihre Unterlippe zitterte leicht.
Nimca saß nur ruhig da und sagte nichts. Ihre goldbraunen Augen waren auf den Boden gerichtet.
Mia: „Gibt es hier was zu essen?"
Ich merkte das sie versuchte die Stimmung aufzuheitern, doch auch mit diesem Satz gelang es ihr nicht. Und spätestens daran das sie sich dauernd durch die strubbeligen, dunkelblonden Haare fuhr erkannte man das sie genauso nervös war wie ich.
Carag: „Da hinten ist ein Kühlschrank. Bedien dich."
Ich zeigte den Flur entlang zur letzten Tür, in der Kammer gab es alle möglichen Arztsachen und Vorräte. Den Flur und den Wartebereich trennte eine dünne Glastür.
Mia stand auf und lief den Flur entlang. Ein lauter Knall ertönte. Ich hob meinen Blick und musste doch lächeln. Mia lag auf dem Boden und hielt sich den Kopf. Sie war wohl direkt gegen die Glasscheibe gelaufen.
Nimca: „Nicht schon wieder. Üb deine Instinkte. In der Menschen Welt kannst du dich nicht immer auf deine Augen verlassen. Du musst die Schwingungen in deiner Umgebung wahrnehmen."
Nimcas Rede wirkte ganz anders als noch vor ein paar Stunden. Kraftlos und traurig.
Ich musste trotzdem leicht lachen.
Mia: „Du musst gar nicht so dumm lachen."
Sie funkelte mich böse an.
Schnell hielt ich mir die Hand vor den Mund. Mia stand auf und öffnete vorsichtig die Tür und verschwand in der Vorratskammer.
Kaum war sie weg, war auch das Lachen vergessen und die Gedanken an Xamber noch schlimmer. Wer hatte ihn überhaupt so schlimm verletzt? Welches Tier tat so etwas? Oder welcher Mensch? Wenn ich denjenigen erwischte...Wut stieg in mir auf. Krampfhaft unterdrücke ich sie. Krallen schnitten in meine Handfläche. Shit! Ich war dabei mich zu verwandeln. Schnell dachte ich an mich als Mensch. Grüngoldene Augen, sandfarbenen Haare, helle Haut. Das Kribbeln verschwand, genau wie die Krallen.
Die dunklen Gedanken blieben.
Würde ich je wieder mit...Xamber lachen könne? Würde ich je wieder mit...ihm jagen gehen? Jagen. Sofort machte ich mir Vorwürfe. Wäre ich die letzten Monate ein wenig mehr bei meinen Eltern gewesen und hätte mit ihnen gejagt, hätte ich das heute vielleicht verhindern können. Wie konnte ich nur so dumm und egoistisch sein? Das ganze war meine Schuld. Einfach nur meine Schuld. Niemand anderes konnte etwas dafür. Wenn..Xamber..starb..war das meine Schuld.
Mia kam wieder mit einem Korb in der Hand. Mehrer Früchte lagen darin.
Mia: „Hab kein Fleisch gefunden."
Sie lachte kurz und reichte mir einen Apfel. Ich winkte ab. In dem Zustand würde ich eh keinen Bissen runter bekommen. Nimca ging es wohl ähnlich. Die einzigste die nicht den Appetit verloren hatte war Mia. Diese biss gerade genüsslich in den Apfel, den ich abgelehnt hatte.
So vergingen die Stunden. Mia probierte uns aufzuheitern. Während Nimca und ich leise unseren Gedanken nach hingen.
Langsam lehnte ich mich in meinem Stuhl zurück und schloss die Augen. Dunkelheit. Das gleiche was gerade in meinen Gedanken herrschte. Trostlose, traurige, dunkle Dunkelheit. Im nächsten Moment war ich eingeschlafen.
Als ich nach längerer Zeit Schlaf wieder aufwachte, trat Tikaani in den Warteraum. Hinter ihr lief Mina. Beide hielten den Kopf gesenkt. Kalte Angst machte sich in meinem Herzen breit. Keine der beiden sagte etwas.
Mia: „Und? Was ist mit Xamber?"
Tikaani strich sich eine der vielen schwarzen Strähnen aus dem Gesicht und hob ihren Blick langsam an. Sie sah überall hin, nur nicht in meine Augen. Mina legte ihr die Hand auf die Schulter und flüsterte ihr leise etwas ins Ohr. Was nach: „Soll ich es sagen?" klang.
Tikaani schüttelte leicht den Kopf.
Mia: „Was sagen? Tikaani? Was. Ist. Passiert?"
Für einen kurzen Moment starrte Tikaani mir direkt in die Augen. Grüngold traf auf schwarz. Ihre Augen waren noch dunkler als sonst.
Ihr Blick betrübt, schuldig und unendlich traurig. Sie schaute schnell wieder auf den Boden, doch mir war die Antwort auf Mias Frage plötzlich viel zu klar.
Carag: „Ist er..? Er ist..."
Meine Stimme brach. Ich starrte Tikaani feste an. Sie nickte schwach. Kaum merkbar.
Doch das reichte mir. Tränen die ich die ganze Zeit zurückgehalten hatte rannen meine Wangen hinab. In meinem inneren eine unglaubliche Leere. Vater..war..tot...Für immer. Ich würde ihn nie wieder sehen. Nie wieder mit ihm jagen. Nie wieder. Er war weg. Er war weg! Verdammt! Das durfte doch nicht wahr sein. Der Schmerz saß tief und die Tränen wurden immer mehr. Tiefe Schluchzer wellten durch meinen ganzen Körper. Meine ganze Umgebung war ausgeblendet. Das einzigste Bild vor meinem inneren Auge war das meines Vaters. Wie er als Puma blutend und verletzt auf dem Boden lag.
„Das ist alles meine Schuld! Alles meine Schuld." flüsterte ich, doch wahrscheinlich schrie ich es.
Schrie den ganzen Schmerz aus mir raus. Einfach raus. Doch das Bild von meinem toten Vater verschwand nicht.

......Ähm...Ja...Sorry. NICHT killen. Und jetzt bitte eine schweige Minute für Xamber. *schweigt*

WoWa~Jahre später Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt