Ich starrte immer noch nur fassungslos zum Nachbargarten hinüber. Der junge Mann hatte mittlerweile aufgehört zu singen und lächelte mich freundlich an. Ich meinte ihn zu kennen, doch zuordnen war in diesem Schock Moment nicht möglich. Ich hatte solch eine Panik. Ich hatte noch nie vor irgendjemandem gesungen und hatte es auch in naher Zukunft nicht vorgehabt. Schon gar nicht beim ersten Treffen mit meinem Nachbarn. Verflixt, woher kannte ich dieses Gesicht nur. Ich merkte, das ich immer noch starrend da stand und nichts tat. Beinahe hätte ich vergessen zu atmen. Ich zuckte zusammen, als er wieder zu sprechen begann:,, Hey, alles gut bei dir?'' Er hatte irgendwie eine beruhigende Stimme und sie klang so freundlich. Ich erwachte aus meiner Starre und begann herum zu stammeln. ,, Ähh...ja, äh h..hi.'', brachte ich schließlich hervor. Er wirkte immer noch freundlich. Oh Gott, warum bin ich nur so. Andere schaffen es doch auch einen vernünftigen Satz zu formulieren. ,,B..Bist du schon lange hier? ‚', fragte ich schließlich mit brüchiger Stimme.,,Hast du ...'', naja singen konnte man das nicht nennen, was ich da von mir gegeben hatte.,,Hast du mich singen gehört?'' Was eine blöde Frage, er war doch mit in meinen Gesang eingestiegen, also musste er ihn ja gehört haben. Er lächelte nur und sagte,, Ja, hab ich und es war wunderschön.'' Ich musste lachen, weil ich nicht glaubte, das er das Ernst gemeint hatte. ,,Hörst du auch die Musik von Wincent Weiss?'' Darauf hin fing er erst richtig an zu lachen. Ich wirkte wohl etwas beleidigt, woraufhin er mich ernst ansah und
dann wieder anfing zu singen.
,, Ey, wir hatten doch Pläne, wir hatten ein Ziel!
Wir haben geträumt und wir wollten so viel
Was nützen die Pläne
Wenn das Wichtigste fehlt?...''
Er traf jeden Ton einfach perfekt und ertappte mich bei dem Gedanken, das es wie das Original klang, nur eben ohne Musik. ,,Moment!'', entfuhr es mir. Und schien es mir wie Schuppen von den Augen zufallen.
Wie konnte man denn soo verdammt blöd sein, wie ich? Ich träumte jahrelang von meinem Idol und wollte ihn unbedingt persönlich kennenlernen und jetzt saß er mir zum Greifen nahe gegenüber und ich voll Deep erkannte ihn nichtmal. Wieder lachte der Mann. Es schien ihn zu amüsieren, wie ich da sprachlos stand. Schließlich schaffte ich es die längst überflüssige Frage zu stellen:,, B..Bist du W..W.Wincent Weiss?'' ,,Das hast du aber schnell herausgefunden, Respekt.'', sagte er lachend. Er war so locker und nett. Er wirkte so auf dem Boden geblieben und überhaupt nicht abgehoben. Ganz anders, als ich mir Promis immer vorgestellt hatte. Na gut, allein,das er in einem Doppelhaus und nicht in einer riesigen Villa wohnte, machte ihn sympathisch. Aber wie zum Hölle kommt es, das Wincent ausgerechnet in MEINEM Doppelhaus wohnte. Es gab so viele Häuser auf dieser Welt. ,,Krass, was ich für ein Glück haben musste.'', dachte ich. Ich sah wieder zu Wincent hinüber. Der hatte sich mittlerweile wieder seinem Kaffee zu gewandt. Ich wusste nicht, was ich nun noch tun sollte. Sollte ich näher kommen, sollte ich verschwinden oder vielleicht einfach wieder wegziehen?! Das wäre vielleicht die einfachste Lösung. Noch bevor ich weiter darüber nachdenken konnte, klang ein durchdringendes Wiehern zu mir. Ich sah mich um und erblickte Klon's und Pony's Köpfe in den Boxenfenstern. ,, Oh Mist, ich musstest noch die Pferde füttern.'', ich schlug mir lachend gegen die Stirn. Immer, wenn das Futter oder die Belohnung nicht rechtzeitig kommt, wiehrt Pony so laut, dass auch ja jeder sie hörte. Klon war eher von der ruhigeren Seite, doch auch er blickte mich Erwartungsvoll an. Auch Wincent hatte hoch geschaut. Das lag aber nicht nur an den Pferden, sondern mit dem Wiehern war ein Hund bellend aus dem Haus geschossen. Er wirkte wild und außer Kontrolle, doch mit einem durchdringendem Pfiff, rannte er zu Wincent zurück und legte sich brav neben ihn. Ich sah zu ihm hinüber und musste automatisch auch lächeln. Ich liebte Hunde. Nicht so sehr wie Pferde, aber sie kamen schon verflixt nah ran. Wincent bemerkte meinen Blick:,, Sorry, er ist manchmal ein bisschen aufgedreht, aber eigentlich ist er ein kleines Engelichen.'' Das ˋkleine Engelchen' war ziemlich groß und hechelte in meine Richtung. Mit Hunden kannte ich mich nicht besonders aus, aber allem Anschein nach war es ein Australian Shepherd. ,, Er heißt übrigens Bailey.'', verriet mir Wincent. ,, Und er ist ein...'' ,, Australian Shepherd.'', ergänzte ich seinen Satz. ,,Du scheinst Ahnung von Hunden zu haben.'' Dagegen beichtete ich nur:,, Eigentlich nicht, ist die einzige Rasse die ich kenne. Aber von Pferden hab ich ein bisschen mehr Ahnung.'', lachte ich. Wincents Blick wanderte zu Klon, der mittlerweile unruhig gegen seine Box trat. ,, Ich glaube du wirst gebraucht.'', meinte nun er lächelnd. Ich lachte auch und ging hinüber zum Stall. Ich sah, das meine Mutter wohl schon das Heu gefüttert hatte. Somit musste ich nur noch das Kraftfutter geben und sie dann auf die Wiese stellen. Nachdem ich denn Pferden das Kraftfutter in ihre Tröge getan hatte und sie wie wild gewordene Raubtiere darüber herfielen, ging ich wieder zur Terrasse rüber, doch Wincent und Bailey waren verschwunden. Ich setzte mich trotzdem wieder auf die Terrasse. Mein Magen knurrte laut. Der eine Apfel hatte wohl nicht gereicht. Ich sah wieder in den Garten hinaus. In unserem Garten standen einige große Bäume, perfekt für Hängematten oder Baumhäuser. Aber bin ich dafür nicht zu alt? Da wanderte mein Blick in unseren Nachbargarten. Auch da standen einige knorrige Bäume und ein... Ich musste lächeln. In einem der Bäume stand tatsächlich so eine Art Baumhaus. ,,Für sowas ist man nie zu alt.'', hörte ich plötzlich eine lachende Stimme hinter mir. Ich drehte mich um und sah ihn fragend an. ,,Für's Baumhaus mein ich.'', grinste er. Auch ich musste lächeln. Erst jetzt viel mir auf, dass er ein Tablett hielt. Auf diesem standen zwei Tassen, ein paar Brötchen, Marmelade und natürlich Nutella. ,,Warum denn zwei Tassen?'', fragte ich verwirrt, ,, wohnt hier noch jemand?'' Er lächelte: ,,Ne, nur ich und Bailey. Die zweite Tasse ist für dich.'' Konnte er etwa Gedanken lesen? ,,Ich hoffe, du hast Hunger.'', fügte er noch hinzu. ,, Klar!'', rief ich. Ich fass es nicht, bis eben fand ich den Umzug noch richtig blöd, aber so langsam, konnte ich mich daran gewöhnen. Ich mein, wer hat schon einen Promi neben sich wohnen?
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Wincent nebenan!
FanfictionWas aber, wenn deine Eltern plötzlich beschließen, dein komplettes, fast perfektes Leben auf den Kopf zustellen? Einfach beschließen weg zuziehen. Neue Schule, neue Freunde, neue Umgebung, einfach alles neu. Nichts ist mehr, wie es war. Eingeschücht...