18. Dilemma

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Es ist eine Sache, eine Wahl treffen zu müssen, aber eine ganz andere, nie eine Wahl gehabt zu haben. - Allyson Condie


„...atmet noch..."

„...helfen..."

Eine Stimme drang in mein Bewusstsein.

„Er hat viel Wasser geschluckt..."

War das der König oder Sir Henry?

„Er kommt langsam zu Bewusstsein..."

War es ein Traum oder Wirklichkeit?

Jeder Atemzug tat weh. Ich hatte das Gefühl, ein Felsbrocken würde es sich auf meiner Brust gemütlich machen. Hustenreiz quälte mich und ich öffnete den Mund, um ihn herauszulassen. Verflucht, es strengte mich so sehr an und die Schmerzen wurden mit jedem Atmen schlimmer. Tränen traten in meine Augen, doch ich hörte nicht auf damit Luft zu holen.

„Er ist wieder bei sich."

„Niall, um Gottes Willen, bist du in Ordnung?"

Das war eindeutig Liams Stimme. Sollte er nicht am Steuerrad sein? Panik stieg in mir hoch, gleichzeitig riss ich meine Augen auf.

„Was...Wo sind wir?"

„Nur ruhig Blut, Master Niall." Bens Gesicht tauchte vor meiner Nase auf und seltsamerweise fühlte ich mich erleichtert. Wenn ich meinen Maat sah, konnte ich nicht tot sein.

Seine nächsten Worte nahmen mir jedoch jegliche Illusion: „Wir sind noch immer auf See, der Sturm hat aber nachgelassen."

Noch immer auf See. Noch immer nicht in Sicherheit. Noch immer nicht in Port Royal.

Bei dem Versuch mich aufzusetzen wurde mir schwindelig und ich hatte das Gefühl, mich übergeben zu müssen. Vehement pochte mein Magen darauf, sich entleeren zu wollen. Hier und jetzt, ohne Rücksicht darauf, wer sich gerade in meiner Nähe befand. Ich würgte, aber Liam war schneller. Er hatte den Eimer parat und ich umarmte das Holzgefäß wie einen alten Freund.

Was für ein jämmerlicher Käpt'n ich doch war. Kotzte in einen Eimer und alle schauten dabei zu, aber niemand schien es wirklich zu interessieren. Vielmehr war man um mein Wohlergehen besorgt.

„Was macht dein Kopf? Du hast ihn dir mächtig angeschlagen", meinte unser Schiffsarzt.

Nachdem Liam den Holzkübel wieder weggestellt hatte, ertastete ich eine dicke Beule an meiner Stirn. Kein Wunder, dass mein Schädel pochte und sich anfühlte, als würde er jeden Moment platzen.

„Du musst dich schonen, Niall", sprach Ben. „Aber keine Sorge, wir kriegen dich schon wieder auf die Beine. Spätestens wenn wir in Port Royal sind."

„Nein!", widersprach ich mit fester Stimme, bereute dies jedoch sogleich wieder, da mein Kopf mir das sehr übelnahm. „Ich möchte nicht vom Schiff getragen werden", murmelte ich."

Der Schiffsarzt schmunzelte leicht: „Ach, das kriegen wir schon hin."

Die nächsten Tage musste ich in meiner Kabine verbringen. Man verbot mir größtenteils aufzustehen und brachte mir das Essen sogar ans Bett. Es nervte mich unwahrscheinlich, aber wenn ich aufmuckte, stand sofort der Schiffsarzt neben mir.

Ich aß eher mäßig, trank umso mehr und schlief viel zu viel. Die schaukelnden Bewegungen des Schiffes taten ein Übriges, um mich schläfrig werden zu lassen und ab und zu kaute ich auf den Süßholzwurzeln herum.

Auf meine Fragen, wie schlimm der Sturm noch gewesen sei, bekam ich von Liam die Antwort, dass er Diana gut durchgebracht habe und sie keinen Schaden davongetragen hätte.

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