Kapitel 4

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18:10

Endlich fährt Emmas Bruder vor, zum Glück ist es eine warme Sommernacht, sonst wäre ich schon längst erfrohren. Ich öffne die Autotür und mich trifft der Schlag, Emma und Leni sehen aus, als wenn sie sich nicht einmal die Mühe gemacht hätten neue Sachen anzuziehen, da es fast die gleichen sind, wie heute morgen in der Schule. Die beiden schauen mich belustigt an. " Ich weiß nicht auf welche Veranstaltung Du heute Abend gehen willst, aber wir gehen auf Leon's Geburtstag", sagt Leni und grinst. "Overdressed?", frage ich. " Du weißt schon, dass wir in einer Scheune feiern und nicht in einem Club, oder?" Ich werde dezent rot, setze mich aber trotzdem in das Auto und wir fahren los.

Man kann die laute Musik bereits am Ortseingangsschild hören. Emmas Bruder lässt uns bereits ein paar Meter davor raus und wir gehen  gemeinsam in Richtung des Hofs, aus dem die laute Musik kommt. Als wir durch das Hoftor treten, bietet sich mir ein grauenvoller Anblick, es ist kurz nach 18 Uhr und die meisten Gäste sind jetzt schon komplett voll oder zumindest gut angetrunken. Noch schlimmer wird es, als ich beginne einzelne Stimmen herauszuhören. " Schorsch, hosche mo die do vorne gesie? Die sieht emol heiß aus in dem Kleed do" ( Georg, hast du mal die da vorne gesehen? Die sieht aber heiß aus in dem Kleid). Ich schwöre ich bring irgendwann nochmal jemand wegen diesem Dialekt um ...
Ich würde jetzt gerne einfach wieder gehen doch Emma hält mich fest und sagt:" Jetzt holen wir dir mal ein' Schorle, damit du uns hier nicht verdurstest." Endlich Alkohol zum ersten mal seit Wochen. Man hat mir das gefehlt. Die Schwarzhaarige schleift mich durch eine alte Holztür in die besagte Scheune. Ich atme hörbar aus. Hier bin ich also in der nach Riesling riechenden Schlagerhölle gelandet und ich hoffe, dass es nicht mehr lange dauert bis ich endlich Alkohol bekomme.
Emma bleibt schließlich vor einem Tisch mit Bier-, Wein- und Mineralwasserflaschen stehen, sie greift ein großes Glas, das eher wie eine Blumenvase als wie ein Trinkgefäß aussieht und beginnt großzügig Wein hineinzugießen. In der Stadt hatten wir diese Gläser nicht, die hier sind riesig und haben so eine Art Dellen überall. Mit großer Freude  nehme ich das Glas, doch Emma reißt es mir sofort wieder aus der Hand. " Da fehlt die Hälfte ", sagt sie und schüttet ausgiebig Mineralwasser in den guten Wein. Ich starre sie geschockt an, als sie mir das Glas überreicht. "Guck nicht so blöd und trink!", ruft sie mir durch die laute Musik zu. Ich nehme also einen Schluck und es ist ... gar nicht mal so schlecht.
Emma verschwindet mit ihrer Freundin und lässt mich allein an der "Bar" stehen, na toll! Mit meiner Weinschorle in der Hand flüchte ich aus der Scheune. Ich laufe einmal quer über den Hof, durch eine kleine Tür und stehe auf einmal in einem kleinen aber wunderschönen Garten, hier sind zum Glück weniger Menschen und es ist nicht so laut. Ich setze mein Glas am Mund an und beginne den halben Liter zu exen, doch ich werde unsanft unterbrochen. Irgendjemand rempelt mich an und ich verschütte die gute Schorle über mein ganzes Oberteil. Ich drehe mich wütend um und schreie:" Was soll das?" " Oh sorry, tut mir leid",entschuldigt sich ein Junge bei mir. Verdutzt schaue ich ihn an. " Omg, du sprichst auch normales Deutsch?" "Ähm jaa" antwortet er und schaut mir direkt in die Augen, was mich leicht erröten lässt. " Ich hab dich hier noch nie gesehen, wie heißt du denn?" fragt er mich und fährt sich dabei etwas nervös durch seine kurzen blonden Locken. " Ähh Ava", stammle ich. " Falls es dich interessiert, ich bin Luca", erwiedert er.

50 Shades of Schorle Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt