Kapitel 6

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Ich trete aus dem Haus in die sich langsam abkühlende Abendluft, ich muss dringend atmen. Was war den das bitte gerade? Warum hab ich das getan? Oh man!
Ich laufe wieder über den mittlerweile fast leeren Hof in Richtung Scheune, als plötzlich eine Hand nach meiner Schulter greift.
„Ava, willst du drüber reden?“, höre ich Luca hinter mir sagen. Ich drehe mich um und seine Augen ziehen mich erneut in ihren Bann. Dieses Blau, das selbst jetzt in der Dämmerung beinahe zu leuchten scheint. „Ich weiß nicht, was ich sagen soll“, bringe ich schließlich heraus. „Ich bin mir irgendwie unsicher, was das gerade war. Verstehst du?“, fahre ich fort. Er schaut mich lange an und beginnt: „Ich verstehe dich.“ Er blickt hinunter auf seine Schuhe. „Es hat sich für mich... irgendwie richtig angefühlt. Ich bin eigentlich nicht so, dass ich mich an Personen ranmache oder mit ihnen in der Küchenkammer rummache. Aber bei dir... bei dir ist das anders.“ Er hebt seinen Blick wieder und sieht mich an, ich bin sprachlos. „Ich habe zwar schon viel Mist gemacht mit Leuten und es bitter bereut. Ich habe mit ihnen rumgemacht und manchmal vielleicht auch ein bisschen mehr... Nicht das du das falsch verstehst also du warst toll.“ Ich schaue beschämt zu Boden und bemerke, dass ich wieder einmal erröte. „Aber dabei hatte ich immer solche Schuldgefühle, doch bei dir, da fühlt es sich so befreit an, verstehst du? Ohne Reue, einfach nur —wie du sagst— richtig.“ Ich lasse meine Augen starr auf den Boden gewendet. „Wenn es sich so richtig angefühlt hat, warum wiederholen wir es dann nicht einfach?“, sagt Luca und man hört das Lächeln in seiner Stimme. Er hebt mein Kinn behutsam mit seinem Zeigefinger an, sodass ich gezwungen bin ihm wieder in seine wunderschönen Augen zu sehen. Mir bleiben meine Worte im Hals stecken und eine halbe Ewigkeit versinken wir im Blick des jeweils anderen und ich weiß nicht mehr wo mir der Kopf steht. Als er sich vorsichtig zu mir herunterbeugt und sich unsere Lippen wieder treffen, möchte ich nirgendwo anders mehr sein, nur in diesem einen Moment, hier und jetzt. Bei ihm.
Nach einiger, für mich viel zu kurzer, Zeit lösen wir uns wieder voneinander. „Und hat sich das genauso „Richtig“ angefühlt?“, raunt er mit einem Lächeln im Gesicht, woraufhin ich auch beginne zu grinsen. „Ja hat es und es war sogar noch viel besser“, antworte ich ihm wahrheitsgemäß.
„Aaava!“ schallt es plötzlich aus der kleinen Tür im Scheunentor und Emma streckt ihren Kopf heraus. „Komm rein, du bischt viel zu nüschtern! Wo warst du eigentlich?“ Warum jetzt? Warum muss sie jetzt auftauchen? Naja, lässt sich nix machen. „Gehen wir rein?“, fragt mich Luca. „Ja, meine erste Schorle ist ja über mein Kleid verschüttet worden, also wäre eine neue gar nicht mal so schlecht“, sage ich gespielt vorwurfsvoll, muss aber anfangen zu lachen. Er schüttelt nur lachend den Kopf und wir gehen in die Scheune.

Es ist verdammt voll hier drin, alle die vorher noch im Hof waren drängen sich jetzt in dem alten Gebäude. Es riecht nach Alkohol, altem Holz, Stroh und leicht nach altem Motorenöl. Ich bahne mir mit Luca einen Weg durch die Menge. An der „Bar“ schüttet er die Reste aus ein paar Rieslingflaschen zusammen und gießt das ganze dann wieder mit Mineralwasser auf. An den Umgang der Leute hier mit Wein muss ich mich erstmal gewöhnen.
Ich nehme mein Getränk entgegen und ziehe Luca hinter mir her wieder aus der Scheune, weil ich diese Musik einfach so nüchtern nicht ertrage.
Wieder im Hof wird die Musik nur noch zu einem dunklen Hintergrundrauschen, ich nehme einen Schluck von meiner Schorle.

„Krieg ich vielleicht auch noch was?“, fragt mich Luca plötzlich gespielt entrüstet. „Oh verdammt. Ich hab dich ja einfach rausgezogen ohne das du dir was nehmen konntest, sorry!“, entschuldige ich mich und muss kurz lachen. „Lässt du mich hier einfach verdursten, unglaublich!“, beschwert er sich weiter und lacht dabei. Ich reiche ihm das Glas und setze mich.
Als es gerade anfängt richtig schön zu werden, höre ich plötzlich Emmas Stimme:" Ava, wir fahren!" In diesem Moment hasse ich sie. Sogleich stolpert sie zusammen mit Leni aus der Scheune. Ich schaue Luca entschuldigend an und zucke mit den Schultern." Da muss ich wohl leider mitgehen, war ein wirklich schöner Abend.", sage ich und wende mich zum Gehen. Ich gebe ihm einen flüchtigen Kuss auf die Wange und laufe zum Tor hinaus, während er mir hinterher schaut. Was ein Abend!!

50 Shades of Schorle Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt