chapter 1

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chapter 1: lost place

Changbin

„Woah, ich muss mal kurz die andere Taschenlampe rausholen. Es ist so verdammt dunkel hier unten", hallte meine Stimme durch den langen Gang. Vorsichtig stellte ich die Kamera auf einer Erhöhung ab und kramte durch meinen Rucksack.

Was ich hier tat? Nun ja, ich würde es Erkunden nennen, während viele Karens es als Einbruch bezeichnen würden. Ich war ein Abenteurer. Jemand, der immer wieder den Nervenkitzel und das gewisse Etwas suchte. Während es andere als Streich oder Horrortour bezeichnen würden, nannte ich es alten Geschichten auf den Grund gehen. Alte Häuser, Tunnel und Anstalten waren dabei mein Ziel. Ich war jemand, der den dunkelsten Geheimnissen auf den Grund gehen wollte. Die Wahrheit heraus finden und meinen Spaß dabei haben wollte.

Richtig, ich war ein Junge, der Lost Places besuchte. Diese Besuche in den verlassenen Ruinen oder schon längst vergessenen Gebäuden lud ich bei YouTube hoch. Unbekannt war ich nicht. In Korea hatte ich bereits eine kleine Menge an Leuten, die feierten, was ich tat. Was mich so besonders machte? Naja, ich ging alleine in die Tiefen unerforschter Bunker und alleine in die einsturzgefährdeten Häuser aus Kriegszeiten. Leute waren von meinem Mut mitgerissen und genossen es wie ruhig ich war.

Ich hatte vor nichts mehr Angst. Die ersten Erkundungstouren, die ich vor einem Jahr gemacht hatte, waren mit Abstand die Schlimmsten. Besonders, wenn man so etwas komplett alleine durchzog, war man schreckhafter und so hatte ich bei den ersten Touren bei jedem kleinsten Geräusch Panik bekommen. Inzwischen ignorierte ich dies und nichts schien mich mehr aus der Bahn zu werfen. Anstatt mich auf das zu fokussieren, was dort sein könnte, konzentrierte ich mich was wirklich da war.

Das Schlimmste was mir passieren könnte, wäre, dass ich erwischt werden würde. Das man mich bemerkt hatte, ist mir nur einmal im Leben passiert und danach war ich so schnell gerannt, dass dieser jemand mich nie eingeholt hätte. Damals hatte ich echt gedacht, dass man mich der Polizei ausliefert, doch genau dieser Nervenkitzel war der Auslöser gewesen, dass ich es nur noch öfter und an noch gefährlicheren Orte machte. Kein Risiko war mir zu groß.

„Dann lass uns das Ding mal erkunden... Mal sehen, was wir hier für schöne Sachen finden", meinte ich, während ich die Kamera wieder hochnahm und ein kurzes Peace-Zeichen machte. Nervös, was hier unten auf mich lauern könnte? Auf keinen Fall.

Ich war mir bei noch keinem Lost Place so sicher gewesen alleine zu sein, wie diesem. Es handelte sich um ein Tunnelsystem, das zu einem Bunker führte, der damals von Soldaten im Krieg genutzt wurde. Der Eingang lag versteckt mitten im Wald, welcher etwa zwei Stunden mit dem Zug von Seoul entfernt in den Bergen stand. Nicht viele wussten von diesem versteckten Gängen. Umso besser für mich. Hier würde mich garantiert niemand suchen, geschweige denn finden.

Vorsichtig drehte ich die Kamera um, sodass der lange, von dem Taschenlampenlicht beleuchtete Gang besser zu sehen war. Graffiti und verschiedensten Kritzeleien von irgendwelchen Teenagern waren an den Steinmauern zu erkennen. Irgendwie fand ich es blöd, dass man immer alles mit Farbe vollschmieren musste, aber im selben Moment mochte ich es, da es mehr Stimmung lieferte.

Mit schnellen Schritten ging ich den langen Gang entlang, der mich nur tiefer in den Berg führte. Bis jetzt war es eher unspektakulär und wirkte wie ein normaler Tunnel.

„Oh man, das hört ja gar nicht auf.", lachte ich und drehte die Kamera wieder in meine Richtung.

„Hoffentlich wird das hier nicht zu langweilig.", meinte ich und richtete mir das Haar kurz, ehe ich wieder nach vorne sah.

„Oh, ich glaube da ist etwas!", meinte ich sofort und begann zu joggen. Durch diese TouTube Videos hatte ich gelernt, dass man nicht lange zögern sollte und lieber schneller reden sollte, als zu denken, sonst wird es für die Zuschauer langweilig und für einen selbst irgendwie peinlich.

LatibuleWo Geschichten leben. Entdecke jetzt