chapter 6

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 chapter 6: the businessman

Changbin

„Sicher, dass du schon gehen musst?", meinte der Jüngere und schaute zu mir auf, während er mich durch die dunklen Gänge begleitete. Im Gegensatz zu gestern bestand er nun viel mehr darauf, dass ich hier blieb. Ich würde auch, wenn meine Mutter nicht Zuhause warten würde und mich verkloppt, wenn ich nicht pünktlich auf der Matte erscheine.

„Ja, meine Mutter macht sich sonst Sorgen", meinte ich und wuschelte ihm als kleine Entschuldigung einfach kurz durchs Haar. Der Junge schmunzelte kurz, doch sah dann weg. Daraufhin herrschte  Stille in der nur die Schritte auf dem matschigen Boden zu hören waren. Generell liefen wir ohne viel Licht durch die Gänge, da Felix alles hier in und auswendig kannte.

Ich war weiter unsicher und lief so nahe bei Felix wie nur möglich.

Das blieb von dem Jungen nicht unbemerkt, weshalb er nach meiner Hand griff und diese mit seiner verschränkte. Seine Hände waren eisig kalt und mir lief sofort ein Schauer über den Rücken. Jemand muss diesem armen Jungen unbedingt Handschuhe besorgen. Dieser „Jemand" bin wohl ich. Kommt auf die Liste für meinen morgigen Besuch.

„Danke", meinte ich leise und konnte nicht abstreiten, dass ich etwas rot wurde.

„Scheinst wohl doch kein so mutiger Junge zu sein, wie du in deinen Videos immer beschreibst, mhh?", gab er frech von sich und sofort war die schöne und vertraute Stimmung dahin. Dieser Bengel war ein Engel, aber jedes mal musste er mich mobben, wenn es um meine Vlogs ging.

„Doch bin ich. Ich will einfach nicht von dir weichen, weil ich mich nicht verlaufen will. Meine Taschenlampen sind halt leer und du hast angeboten mich zurückzulaufen. Außerdem kennst du meine Videos gar nicht!", meinte ich etwas pisst und war kurz davor meine Hand wieder wegzuziehen. Felix allerdings griff nur stärker zu.

„Jetzt nimm das doch nicht so ernst. Ich meinte es nicht so", lachte er und piekste mit in die Seite. Wie von selbst schreckte ich zurück und quiekte auf. Er lachte erneut laut und streichelte mit seinem Daumen über meinen Handrücken.

„Du kleiner Teufel", meckerte ich und konnte nicht anders, als selbst über dessen Art zu kichern. Er war echt ein Chaot, doch genau das brauchte ich meinem so strukturierten und durchgeplanten Leben.

Felix schien glücklich bis zu dem Zeitpunkt, wo wir unter der roten Stahltür standen. Dort hieß es Abschied nehmen, da der Jüngere sich nicht weiter raus traute. So ungern ich ihn wieder alleine hier unten bleiben lassen wollte, blieb mir nichts anderes. Ich hoffte, dass er sicher zu seinem Platz zurückfand.

„Kommst du morgen wieder?", hörte ich die leise Stimme fragen und schmunzelte.

„Ja, versprochen.", meinte ich warm und umarmte den Jungen vor mir. Er drückte sich fest an mich und versteckte sein Gesicht in meiner Halsbeuge. Am liebsten würde ich ihn entführen und mit nach Hause nehmen. Leider wird das wohl nichts.

„Felix, ich muss jetzt wirklich los, wenn ich den Bus nicht verpassen will", sagte ich nach einiger Zeit und versuchte den Jüngeren von mir wegzudrücken. Dieser blieb aber an Ort und Stelle stehen.

„Kurz noch", meinte er in meine Jacke nuschelnd. So ließ ich ihm noch kurz Zeit und streichelte über seinen Rücken.

„Lix, ich muss jetzt wirklich gehen", meinte ich einige Sekunden später und diesmal löste sich der Jüngere auch.

„Sorry... Ich wollte nur deinen Geruch verinnerlichen", sagte er und ich hörte den peinlichen berührten Ton in seiner Stimme. Das nenne ich mal interessant. Es mag komisch wirken, aber ich wusste was er meinte. Es gab Leute, die wollte man gar nicht loslassen, so sehr mochte man den Geruch dieser Person.

LatibuleWo Geschichten leben. Entdecke jetzt