DIE SCHLUCHTCLAN-KATZEN HATTEN das Lager verlassen. Luchsstern schaute zu ihren Kriegern. Glaube ich wirklich den Streunern mehr, als Gelbstern? Hat Haselstrauch recht? Luchsstern wusste es nicht. Insgeheim schämte sie sich, Gelbstern nicht zu trauen. Die Streuner haben uns Kampftricks gezeigt. Warum sollten sie uns anlügen? Es nützt ihnen doch nichts! Außerdem waren sie immer sehr nett. Distelstachel verkündete: "Wurzelkralle, Blattzweig und ich verfolgen die SchluchtClan-Katzen!" Die drei machten sich auf den Weg in den Nadelwald. "Halt!", rief Luchsstern, "Das bringt uns nichts." "Danke Luchsstern, dass du immerhin dem SchluchtClan vertraust.", miaute Haselstrauch. Doch sie schüttelte den Kopf: "Ich vertraue ihnen nicht; nicht mehr. Morgen werde ich zu Rotstern gehen und mich mit ihm beraten." Haselstrauchs Augen weiteten sich entsetzt: "Nicht auch noch du! Wir dürfen ihnen nicht mehr trauen, als dem SchluchtClan; schließlich sind es Streuner und keine Clan-Katzen!" "Sie waren nett und haben uns so viele Geheimnisse über den SchluchtClan verraten, uns Kampftricks gezeigt, Gelbsterns Taktik und noch vieles mehr! Das kann nicht böse gemeint sein!", miaute Luchsstern beruhigend. Haselstrauch stellte fest: "Das muss ein Hinterhalt sein! Versteht ihr nicht! Wir haben sie in unset Lager gelassen, ihnen alles gezeigt, sie können ubs jederzeit angreifen!" "Sie haben uns ihre Kampftricks gezeigt.", stellte Blattzweig klar. Haselstrauch seufzte: "Woher wissen wir, dass es wirklich ihre Kampftricks sind. Streuner sind schlau." Luchssterns Augen weiteten sich erschrocken: "Du hast recht! Ich war zu verwirrt, um es so zu sehen! Natürlich! Sie wollen unser Territorium!" Haselstrauch nickte: "Genau." Distelstachel fauchte: "Ich glaube diesen SchluchtClan-Katzen kein Wort! Die waren schon immer verlogen und hinterhältig!" Drohend fügte er an Luchsstern gewandt hinzu: "Morgen zu Sonnenaufgang greifen wir an, wenn du uns nicht beistehst, Luchsstern, bist du nicht mehr unsere Anführerin!" Luchsstern wich zurück: "Ich kann das nicht. Ich glaube den Streunern nicht mehr." Distelstachel miaute: "Es ist deine Entscheidung." Mit den meisten der Krieger zog er enger werdende Kreise um die Anführerin. Luchsstern war verzweifelt. Was passiert hier? Dann meinte Distelstachel: "Wenn du zurücktrittst, tun wir dir nichts." Sie meutern! Ich kann meinem Clan das nicht antun, er würde auf der nächsten Versammlung als schwach gelten. Ich tue das nicht für mich! Sie fauchte: "Nein, für euch!" "Für uns?!", höhnte Wurzelkralle, "Wenn du das wirklich ernst meinst, dann musst du unsere Ehre verteidigen!" Luchsstern schüttelte den Kopf: "Merkt ihr es denn nicht? Es geht hier nicht um Ehre, sondern um Überleben!" Distelstachel schnippte mit dem Schwanz: "Auf sie!" Die Krieger fauchten und knurrten und stürzten such auf sie. Sie wurde unter der Last begraben. Mein eigener Clan verrät und tötet mich! Was bin ich bloß für eine Anführerin? Ihr blieb die Luft weg. Mit letzter Kraft versuchte sie, sich zu befreien. Blut rann über ihr Gesicht, tropfte in die Ohren, kam in die Nase, drang in ihre Augen. Verzweifelt schlug sie um sich. Wie aus weiter Ferne hörte sie Distelstachel: "Das reicht! Lasst sie fliehen!" Ein Schnurren drang aus seiner Kehle, als der Zweite Anführer in ihr Ohr miaute: "Renn doch zu deinem SchluchtClan." Luchsstern erhob sich. Sie merkte, wie Blut ihre Beine entlang rann und auf den Boden kam. Haselstrauch stellte sich schützend neben sie. Wütend fauchte sie: "Ihr könnt hier mit euren Streunern verkommen, ich helfe euch Verrätern nicht mehr!" Luchsstern überraschten diese Worte, Haselstrauch bewahrte sonst immer die Fassung. Als sie los gingen, miaute sie: "Ich helfe dir, stütz dich an mich." Als sie hinter Luchssterns Bau waren blinzelte sie, um die Blutstropfen aus ihren Augen zu bekommen. Dann schaute sie ein letztes Mal auf ihr Lager zurück. Die meisten Katzen schauten sie ausdruckslos an, nur einige funkelten sie wütend an. Ganz vorne stand Distelstachel mit vor Stolz vorgestreckter Brust. Freude blitzte in seinen Augen. Nun kannst du das sein, was du immer wolltest: Anführer. Schütze deinen Clan gut. Wut entflammte in ihr. Wäre sie nicht so verletzt, würde sie zurückpreschen und sich auf ihn stürzen. Verräter! Ihr habt mich alle gedemütigt! "Komm.", miaute Haselstrauch sanft. Nur mit Mühe wandte sie den Blick von ihren ehemaligen Clan-Gefährten ab. Sie stapfte mit Haselstrauch aus dem Lager und machten sich auf den Weg durch den Wald. Haselstrauch miaute: "Ich würde sagen, wir gehen zum SchluchtClan-Lager. Wir wissen nicht, ob der BaumClan schon von den Streunern eingenommen wurde." Luchsstern nickte. Die Heilerin hatte recht, - und das wusste sie - aber sie wollte nicht so lange laufen. Alles schmerzte an ihr. Aber ihr größter Schmerz war ihre verletzte Ehre. Ihr ganzer Clan hatte sich gegen sie gewandt, oder jedenfalls nichts gegenteiliges gesagt; nun war sie keine Anführerin mehr. Sie wurde vertrieben, mit ihrer Heilerin, und gehörte nun keinem Clan mehr an. Bitte, lass den SchluchtClan uns aufnehmen! Sie fürchtete, der SchluchtClan würde sie nicht aufnehmen wollen, der Gedanke, die Streuner hätten recht, wollte nicht verschwinden. Sie fürchtete sich davor, sie hätten es.
Unter ihnen sprudelde der Fluss in der Schlucht. Sie hatten eine Pause gemacht, nahe der BaumClan-Grenze. Dort hatte Haselstrauch in einer Baumhöhle eine Menge Spinnweben gefunden und auf Luchssterns Wunden gelegt. Sie hatten anschließend einen großen Bogen um das BaumClan-Lager gemacht, um sicher zu gehen, nicht entdeckt zu werden. Nun waren sie nahe am SchluchtClan-Lager und Blut kam durch die dicke Schicht Spinnweben. Luchsstern konnte sich nur noch mit Mühe auf den Pfoten halten. Alles tat ihr weh, aber am Schlimmsten war eine Wunde am linken Ohr. Blut tropfte in ihren Gehörgang und verstopfte ihn, nur gedämpft nahm sie Geräusche auf der linken Seite wahr. Nur noch wenige Fuchslängen trennten sie vom Lager. Die Brombeerbüsche waren in den letzten Strahlen der Dämmerung zu sehen. Plötzlich knurrte es neben ihnen. Eine Patrouille drang aus den Büschen und Luchsstern erschrak. Ein Kater trat vor und fauchte: "Was habt ihr hier zu suchen, Eindringlinge?" Eine Kätzin stieß ihn in die Seite und meinte freundschaftlich: "Das ist Luchsstern, du Mäusehirn, und sie ist verwundet." "Wir müssen sie ins Lager bringen!", meinte zudem eine Schülerin. "Richtig, Lindenpfote.", miaute die Kätzin. Der Kater senkte den Kopf zu Boden und miaute kleinlaut: "Entschuldigung, Luchsstern." Die Kätzin fragte: "Was macht ihr hier? Und warum bist du verwundet, Luchsstern?" Haselstrauch antwortete: "Die Krieger haben gemeutert. Sie wollen zu Sonnenaufgang gegen euch kämpfen. Sie denken, die Streuner haben recht." "Sie vertrauen den Streunern mehr, als uns? Sind die mäusehirnig geworden?", knurrte der weiße Kater. Die Kätzin beruhigte ihn: "Beruhige dich, Schneebusch." Die Kätzin fügte an Haselstrauch gewandt hinzu: "Wer hat nun die Führung übernommen?" Luchsstern antwortete: "Distelstachel; und er ist fest davon überzeugt, ihr hättet euch gegen die anderen Clans verschworen." Die Schülerin erschauderte. Haselstrauch ergänzte: "Möglicherweise macht der SeeClan mit." Die Kätzin nickte: "Gelbstern hat uns gerade von ihnen berichtet. Wir sollten sie in unserem Territorium suchen. Aber nun bringen wir euch erst einmal zu ihm ins Lager." Sie schnippte mit dem Schwanz. Im Lager fauchte ein Krieger: "Das ist bestimmt eine Falle!" Er hatte wohl mitgehört. Eine Kriegerin zog ihn in den Bau zurück. Sie brachen durch die Mooswand zu Gelbsterns Bau. Dieser miaute überrascht: "Luchsstern? Was willst du hier?" Die Kriegerin antwortete für sie: "Der NadelClan hat gemeutert. Den Rest können sie selbst erzählen." Sie verabschiedete sich mit einem Schwanzschnippen und ließ die NadelClan-Katzen alleine bei Gelbstern. Dieser miaute: "Warum?" Es platzte aus Luchsstern heraus: "Sie glauben den Streunern und wollen zu Sonnenhoch angreifen. Vielleicht macht der SeeClan mit." Gelbstern erhob sich: "Das darf nicht sein! Vor Sonnenaufgang schicke ich eine Patrouille zu Rußstern! Sie wird uns helfen!" "Woher willst du das wissen!", fragte Haselstrauch. "Sie wird bei Vernunft bleiben.", meinte Gelbstern. "Mein Clan ist unvernünftig?", fragte Luchsstern vorwurfsvoll. Gelbstern erwiderte: "So war das doch gar nicht gemeint. Er hat bloß die falsche Entscheidung getroffen, sonst nichts. Und jetzt geh bitte zu Raukenfell in den Heilerbau." Luchsstern nickte. Sie schleppte sich zu Raukenfell und ließ sich in ein frisches und warmes Nest fallen. Der SchluchtClan-Heiler machte neue Spinnweben auf die Wunden, nachdem er die alten entfernt hatte. Dann gab er noch Ringelblumenpaste obendrauf und leckte das Blut aus dem Fell. Haselstrauch gab ihr ein Moos mit Wasser getränkt und hielt es ihr vor das Maul. Langsam leckte sie daran. Erst jetzt merkte sie, wie erschöpft sie war und hörte auf. Sie legte sich hin und ihre Sinne entglitten ihr langsam. Ihr Blick wurde schwarz und die Geräusche verstummten langsam, der rauschende Fluss war kaum noch zu vernehmen. Das letzte, was sie merkte, waren die Zungenstriche von Raukenfell, dann spürte sie auch diese nicht mehr.
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Geheime Verschwörung
FanfictionStreuner tauchen im Wald auf und meinen, der SchluchtClan würde die anderen Clans demnächst angreifen wollen und bekommen Unterstützung von anderen Streunern. Doch, stimmt das überhaupt? Und wer will hier wen angreifen? Aber eines wird schnell klar:...