10. Kapitel

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"WAS HAT SICH EREIGNET?", fragte Gelbstern Haselstrauch vor seinem  Bau. Diese antwortete mit von Trauer erfüllter Stimme: "Luchsstern wollte euch nicht angreifen. Nachdem ich es ihr erklärt habe, vertraute sie den Streunern nicht mehr. Doch ihr Zweiter Anführer Distelstachel schon, er gab den Befehl euch zu verfolgen, Luchsstern hielt ihn auf. Das machte ihn so wütend, dass er sie mit einigen anderen Kriegern angriff." Gelbstern war verwirrt: "Keiner hat ihr geholfen?" "Nein.", meinte sie, "Irgendwann hat es Distelstachel gereicht und er gab den Befehl, sie fliehen zu lassen. Ich bin ihr gefolgt und habe den NadelClan verlassen." Die letzten Worte blieben ihr fast in der Kehle stecken. Gelbstern fühlte mit ihr. Sie hatte ihren Clan verlassen, dem sie mondelang als Heilerin gedient hatte. Haselstrauch seufzte. Dann entschied sie: "Wir müssen den NadelClan wieder zu dem machen, was er einst war: Ein edler Clan!" Wenn das nur so einfach wäre ... "Das geht nicht so einfach. Die Streuner haben wahrscheinlich schon ihr Lager besetzt.", vermutete Gelbstern. Haselstrauch nickte: "Wahrscheinlich hast du recht." Wieder seufzte sie. Anschließend wagte sie zu fragen: "Denkst du, es geht ihnen gut?" Gelbstern wusste es nicht. "Du weißt es nicht, richtig?", vermutete sie. Gelbstern nickte zögerlich. Er miaute: "Es tut mir wirklich leid." "Schon gut. Ich weiß es selbst nicht.", meinte die Heilerin, "Ich kann mir auch nicht vorstellen, wie das passieren konnte. Distelstachel hat wahrscheinlich einfach überreagiert." Traurig seufzte sie: "Oh, wenn ich ihnen doch bloß helfen könnte." Gelbstern verstand sie. Sie hatte ihren Clan verloren und wusste nicht, ob sie je wieder dort leben konnte. Sie wusste noch nicht einmal, ob es ihn überhaupt noch gab. Plötzlich wirkte der NadelClan wie weit entfernt und unerreichbar. Gelbstern drehte sich um und ging durch die Mooswand in seinen Bau. Haselstrauch fragte: "Was wirst du tun?" Noch einmal drehte er sich zu ihr um und miaute: "Abwarten." "Abwarten!?", rief Haselstrauch entsetzt, "Mehr nicht? Das kann nicht dein Ernst sein! Auf was willst du überhaupt warten?" Gelbstern erwiderte: "Die Clans haben schon viel Schlimmeres überstanden; aber sie wurden immer wieder zu dem, was sie vorher waren. Noch nichts konnte die ewigen Gesetze und Traditionen verändern; und nie wird es passieren." Haselstrauch fauchte: "Wie kannst du das nur so sagen, als ob es dir egal wäre? Was würdest du tun, wenn es um den SchluchtClan gehen würde? Würdest du dann auch so handeln! Ich glaube, du erkennst den Ernst der Situation nicht richtig! Der NadelClan wurde von Streunern besetzt, die die ganzen Clans erobern wollen! Verstehst du daran was nicht?" Wahrscheinlich hat sie recht. "Wie sollen ein paar Streuner den ganzen Wald, den See und die Wiese erobern?", fragte er. "Es sind keine gewöhnlichen Streuner. Wahrscheinlich ist der Kiefernwald schon ihrer.", vermutete sie. Gelbstern meinte: "Der Clan wurde bereits informiert. Wir sind dem Angriff gewappnet. Morgen werden wir kämpfen und gewinnen!" "Wie kannst du dir da so sicher sein? Was ist, wenn der SeeClan mitmacht?", fragte Haselstrauch. "Wahrscheinlich macht er nicht mit. Warten wir einfach ... Naja, bleibe einfach im Heilerbau, verteidige die Kräuter und versorge die Wunden." Gelbstern ging in seinen Bau und ging durch die Mooswand. Morgen wird ein wichtiger Tag. Ich muss ausschlafen. Der ganze Clan muss das - um zu gewinnen! 

"Angriff!", der Ruf ertönte überhalb des Lagers. Gelbstern schrak hoch. Er blickte aus der Mooswand. So früh schon? Die Dämmerung hatte gerade erst angefangen und erste SternenClan-Katzen verschwanden vom Himmel. Katzen schwärmten aus den Bauen und hielten die Angreifer ab, in die Baue der Ältesten und Königinnen zu kommen. Gelbstern stürzte den Steinpfad hinauf. Er prallte gegen Rotbeere, der soeben aus dem Kriegerbau trat. "Entschuldigung.", miaute der Krieger. Gelbstern erwiderte: "Schon gut. Du zuerst." Mit einem Schwanzschnippen bestärkte er seine Worte. Der Krieger eilte den Pfad hinauf. Hinter ihm kamen noch Rennschweif, Kauzruf, Laubfall und Edelwolke aus dem Bau gestürmt. Gelbstern eilte ihnen hinterher. Oben angekommen trat er Krallenschwung, einem dunkelbraunen Kater gegenüber. Er hieb mit seinen Vorderpfoten auf Gelbsterns Flanke ein. Dieser drängte ihn weiter zu den Brombeeren. Plötzlich wurde er zur Seite gestoßen. Von dem Stoß überrascht, taumelte er zur Seite und kippte um. Er erkannte den Angreifer. Es war Rundohr vom SeeClan. SeeClan?! Gelbstern wollte sich erheben, doch beide schlugen nun auf seine Flanken ein. Kräftige Pfotenhiebe prallten auf seinen Pelz und scharfe Krallen durchschnitten seine Haut. Vor Schmerzen schrie er auf. Plötzlich wurden sie nach hinten gedrängt. Ein grauer Kater drängte sie mit kräftigen Schlägen in die Brombeerbüsche. Dachsgesicht? Sollte er nicht in seinem Bau bleiben? Doch das war jetzt egal. Gelbstern half dem Ältesten. Zusammen trieben sie die beiden Eindringlinge in die Dornen und kreischend vor Schmerzen ergriffen sie die Flucht. "Danke.", miaute Gelbstern. Dachsgesicht nickte ihm zu und gemeinsam stürzten sie sich auf einen NadelClan-Krieger und schlugen ihn in die Flucht. Kurz schaute Gelbstern sich um. Er sah und roch die Streuner nicht; auch Distelstachel war nicht am Kampf beteiligt. Wahrscheinlich sitzen er und seine Streuner und seine besten Krieger im Lager und schauen sich den Sonnenaufgang an! Dachsgesicht stieß einen Krieger nun auf Gelbstern zu. Dieser zerkratzte dem Kater die Flanke und biss ihm in die Schulter. Mit Schmerzensschreien befreite er sich und lief durch den Wald. Zwei Kätzinnen wurden noch vertrieben, dann war der Kampf beendet. Zusammen mit einigen Kriegern verfolgte Gelbstern die Flüchtigen und kamen an der NadelClan-Grenze zum Stehen. Die Angreifer rannten besiegt über die Grenze. Windflug wandte sich Gelbstern zu: "Hast du irgendwas von den Streunern oder Distelstachel gesehen?" Dieser schüttelte den Kopf: "Nein, wahrscheinlich lassen sie ihre Krieger kämpfen und sitzen gemütlich in ihrem Lager." "Schätze ich auch!", fauchte Edelwolke und ergänzte: "Diese krähenfraßfressenden Feiglinge!" Sie eilten zum Lager zurück. Dort putzten sich die Krieger die Pelze. Nur wenige Verletzungen waren erkennbar. Fransenfell verkündete: "Kauzruf, Buschenschweif, Nachtschatten und ich begeben uns auf Grenzpatrouille!" Die Krieger nickten und gesellten sich zu der Zweiten Anführerin. Die Heiler Raukenfell und Haselstrauch gingen umher und suchten nach Verletzungen. Sie rief: "Kann jemand Ringelblume und Spinnweben bringen?" Lindenpfote miaute: "Ich!" "Ich komme mit!", meinte Windflug, Lindenpfotes Mentorin. Silberschweif meinte: "Federpfote und ich schließen uns euch an!" "Das sind genug.", meinte Raukenfell. "Komm Federpfote!", rief Silberschweif ihre Schülerin. Zusammen verließen die vier das Lager, gefolgt von der Patrouille. Der Kampf ist zu Ende und wir haben gesiegt; aber es wird ganz bestimmt nicht der letzte Kampf mit dem Befehl der Streuner sein! Gelbstern ging zu den Kriegern und gab ihnen noch ein paar Spinnweben, die im Heilerbau lagen, auf die Verletzungen. Die Klagelaute verklangen langsam und es wurde wieder ruhiger im Lager. Wir sind bereit! Wir haben gewonnen und wir werden es noch einmal, so oft, bis die Streuner endlich wieder vom See verschwinden!  

Geheime VerschwörungWo Geschichten leben. Entdecke jetzt